IV. Die Wende

Die Vorgeschichte des Rückzugs
Treffen des Plenums des Zentralkomitees der PKK
Rückzug der Guerilla und Beendigung des bewaffneten Kampfes
Präsidialrat der PKK zum Rückzug der Truppen
"Der Rückzug muss still und ohne Gefechte erfolgen"
"Eine unbenannte Revolution"
Stellvertretender US-Außenminister für mehr Rechte
Auch die Türkei muss ihre Aufgaben erledigen
Rückzug der Einheiten der PKK beginnt
"Reuegesetz" - Amnestie light - Förderung des Verrats
Amnestie, Teilamnestie, Generalamnestie?
Türkische Armee erschwert den Rückzug
Trotz Operationen eine mildere Atmosphäre
Der höchste General meldet sich zu Wort
"PKK wird Geschichte"
Öcalan lädt eine Gruppe seiner Partei als Friedensbotschafter ins Land ein
Einige Steine wurden doch ins Rollen gebracht

Drei Beispiele für zivilgesellschaftliche Einmischung

Erstes Beispiel: Deklaration zu Demokratie und Frieden
Zweites Beispiel: Rede des obersten Richters
Drittes Beispiel: Intellektuelle mischen sich ein
Der Ton der Stimme wird schärfer


"Reuegesetz" - Amnestie light - Förderung des Verrats

Der türkische Staat, der seit 15 Jahren hartnäckig auf dem Kriegskurs rudert, reagierte auf mehrere einseitige Schritte der PKK zu einer friedlichen Lösung der Kurdenfrage, auf die Beendigung des Krieges und den Rückzug der Guerilla-Einheiten mit einem von der Tageszeitung Özgür Politika zu Recht als "Gesetz zum Verrat" bezeichneten "Reuegesetz".
Dies zeigt auch, dass die Türkei noch nicht gewillt ist, sich mit Kurden und mit der PKK zu versöhnen. Die Völker und deren Staaten, die immer auf das Schwert gesetzt haben und allem mit Krieg, Verwüstung und Zerstörung begegneten, kennen in ihren Wörterbüchern und Lexika keine Wörter wie 'Versöhnung' oder 'Aussöhnung'.
So verabschiedete das türkische Parlament am 26. August 1999 im Schatten des Erdbebens, das nicht nur das Marmaragebiet erschütterte, sondern auch die Menschen mit einem Schlag aus einem jahrzehntelangen Schlaf erweckte, das sogenannte "Reuegesetz", das für die nächsten 6 Monate Gültigkeit hat. Berechtigt, davon Gebrauch zu machen, sind nur jene Mitglieder der PKK, die die Waffen niederlegen, sich den Behörden stellen, nicht an Kampfhandlungen beteiligt waren und Information über die PKK preisgeben. Verantwortliche, leitende Funktionäre, aktive Mitglieder und Kämpfer sind von der Maßnahme ausgeschlossen. (100)
Obwohl die türkischen Regierungen seit 1985 fünf Mal (101) solche Gesetze verabschiedeten und diese Gesetze jedes Mal fast "wirkungslos" blieben, hat man dort anscheinend nichts dazu gelernt. Nach einer Meldung von Milli Gazete wollten in den vergangenen 14 Jahren insgesamt 3.509 Personen von "Reuegesetzen" Gebrauch machen und stellten Anträge. Nur 775 Personen wurden begünstigt, die anderen 2.734 Menschen haben sich selber verraten, dennoch wollte der Staat ihnen nicht "verzeihen". (102)


(100)FR, 28.8.99; taz, 28.8.99; ÖP, 29.8.99; Hürriyet, 30.8.99

(101)"Reuegesetze" wurde in den Jahren 1985, 1988, 1992, 1995 und zuletzt 1999 erlassen.

(102) Milli Gazete, 27.9.99