Aussageverweigerung
Aussageverweigerung und Verhörmethoden (Teil I)

eine Dokumentation der Roten Hilfe e.V. Erstausgabe 1991

Einleitung
I. Rechtliches
II. Einzelfragen
III. Aussageverweigerung und Knast/Beugehaft
IV. Diskussionsbeitrag
Anhang - Verhörmethoden
Anhang - Literatur

Einleitung

Die Position der konsequenten Aussageverweigerung, die wenigstens inhaltlich auf einen breiten Konsens innerhalb der Linken zu stoßen schien, wird heute zunehmend in Frage gestellt. Die praktischen Erfahrungen mit der Aussageverweigerung, etwa im Startbahn-Verfahren, weisen daraufhin, daß das so klare "Keine Aussagen!" so klar nicht war und auch nicht ist. Das typische der jetzigen Situation ist durch den Satz "Aussageverweigerung ja, ...aber..." gekennzeichnet. Ein Grund für diese, Unklarheiten mag sein, daß Kampagnen zur Aussageverweigerung in der letzten Zeit wenig (Frankfurt: "Anna und Arthur haltens Maul" ), relativ erfolglos und hauptsächlich regional beschränkt liefen. Es gibt aus unserer Sicht aber noch weitere Gründe, die wir benennen wollen, um dann darzustellen, warum wir die Position der konsequenten Aussageverweigerung mit der Forderung Keine Aussagen bei Bullen und Staatsanwalt! Nicht als BeschuldigteR, Nicht als ZeugIn ihre Formulierung finden könnte, nach wie vor für richtig halten. Desweiteren werden wir versuchen, einige Bedingungen für eine konsequente und erfolgreiche Aussageverweigerung zu nennen.
Wir werden in einem Diskussionsbeitrag zum Schluß thesenartig die Verbindung zwischen Aussageverweigerung und Organisierung, die u.E. den Kern des Problems ausdrückt, darstellen. Im ersten Teil werden wir auf rechtliche Fragen und Probleme eingehen, ein zweiter Teil über Einzelfragen und ein dritter über Beugehaft und Knast schließen sich an.

Den zweiten Schwerpunkt dieser Broschüre haben wir sodann auf Verhöre und Verhörmethoden gelegt, dieser Teil unterstützt notwendigerweise das zur Aussageverweigerung Gesagte.
Wir haben uns zu einer ausführlichen Darstellung der Methoden von Staatsschützern aus ihren Schriften heraus entschieden. Damit wollen wir zwei zentrale Punkte klarmachen: nämlich erstens, daß alles, was die Bullen/Staatsanwaltschaft abziehen, nur einem dient: daß geredet wird, Informationen preisgegeben werden. Als zweites wird u.E. klar, daß jedes Verhör. auch wenn mensch keine Aussagen macht, eine kommunikative Situation ist, eine künstlich geschaffene, in der bestimmte Verhaltensweisen provoziert werden sollen. Es ist eben nicht so "einfach" , daß Mensch einfach dasitzen und das Maul halten kann! Die Darstellung dieser kommunikativen Atmosphäre, die die Gegenseite versucht zu schaffen, soll helfen, die Methodik bei Verhören zu durchschauen.

Erwischt!
Es gibt vielfältige Situationen. in denen mensch in Gefahr geraten kann zu reden. Neben den üblichen Verhörsituationen nach einer Festnahme und nach einer Vorladung, fassen wir hier auch Anquatschversuche in einem weiten Sinne darunter. JedeR kennt sie wohl, die "Deeskalationsbullen" , die mittlerweile bei fast jeder größeren Demo aufkreuzen und nette Flugis verteilen. Und während die einen in echter Arbeitsteilung prügeln, labern die anderen einen voll: Demo und Zweck seien ja gerechtfertigt aber bitte keine Gewalt usw. usf. ... und dann mischen sich Fragen ein: "von welcher Schule seid ihr denn?" - "Wieviele seid ihr denn?" ... Immer noch fallen viele auf diese Masche herein. aber mensch mache sich nichts vor: es handelt sich hier um speziell geschulte Psycho- Bullen. die Rede und Antworten gleich Missionaren auswendig lernen. Und sie wollen nur eins: Informationen. Gib sie ihnen nicht. Nichts spricht dagegen, sich ein Flugi zu sichern, bevor ein Argloser darauf hereinfällt. aber rede nichts mit ihnen!
Nach einer Verhaftung kann es sein, daß die Bullen gleich in der Wanne einen vollsülzen - womöglich mit der Versicherung, es sei ja noch kein Verhör. Daß dabei die Bullen immer auf der anderen Seite stehen, wird schnell übersehen.
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Festnahme und Vorladung. EinE BeschuldigteR kann sich einer Vorladung sowohl von Bullen als auch vom Staatsanwalt entziehen: Mensch muß nicht erscheinen. Hingegen herrscht Erscheinungspflicht vor Gericht. Aber auch hier ist eine BeschuldigteR nicht zur Aussage verpflichtet.
Einem Verhörversuch nach einer Festnahme kann mensch sich nicht entziehen, er gerät in eine Situation und muß sich in ihr verhalten. Das Wissen um die Rechte (Keine Aussagepflicht!) wird überlagert und beeinflußt von der Behandlung/Verhalten der Bullen. So werden die Bullen, z.B. während einer Hausdurchsuchung in der ersten Aufregung vielleicht fragen: "Wer wohnt denn noch hier?" und in der beschissenen Situation im Gefühl des Ausgeliefertseins entsteht das verständliche Bedürfnis nach einem Gespräch - genau darauf warten die Bullen. Oder mensch sitzt alleine mit ihnen in der Wanne, ist vielleicht geschlagen worden ... und die Bullen fragen: "Du warst es doch, oder?"
Demgegenüber muß mensch unbedingt versuchen. klaren Kopf zu bewahren und genau um seine Rechte wissen. Ruhig bleiben, auf Provokationen" und Beleidigungen nicht reagieren Jeden nötigen Kontakt auf eine formale Ebene ziehen:
Verlange den Durchsuchungsbeschluß, verlange, den Anwalt anzurufen, auch wenn dieses Recht oft verweigert wird.

Rechte nach einer Festnahme:
Du hast das Recht:

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kombo(p) | kombo@riffraff.ohz.north.de | 27.6.1997