III. Das Jahr 2000-1 beginnt

Kriegsdrohungen gegen Syrien / Öcalan in Rom
Die Europäisierung der Kurdenfrage
Die Reise von Rom ins "Ungewisse"
Öcalans Auslieferung an die Türkei
Einige Reaktionen aus Deutschland und Europa
Schily zu den Aktionen aus Anlass der Verschleppung Öcalans
Kay Nehm: "PKK keine Terrororganisation"
Der Vorfall in Berlin - die Tatsachen widerlegen Schily
Der Europäische Rat der EU zu den Demonstrationen und zum Öcalan-Prozess"
ERNK: "Aktivitäten im Rahmen der demokratischen Regeln und mit Vernunft entfalten"
Erklärung der deutschen Friedensbewegung
Wie sah es in Kurdistan aus?
Öcalan auf Imrali
Ein weiteres Beispiel der Zusammenarbeit: Schließung von MED-TV
Nach den Parlaments- und Kommunalwahlen: Trotz Repressalien viele Kommunen in den Händen der HADEP
Tribunal gegen Öcalan

Geteiltes Echo
Internationale Reaktionen auf das Urteil
Reaktionen der türkischen und kurdischen Seite
"Diplomatie und Piraterie"


Reaktionen der türkischen und kurdischen Seite

Der türkische Staatspräsident Süleyman Demirel stellte fest, dass das erwartete Urteil gegen den PKK-Vorsitzenden nicht das Ende des juristischen Verfahrens sein wird. Nach dem Richterspruch gebe es die Revisionsinstanzen, sagte er laut einem Bericht der türkischen Zeitung Radikal. Demirel verwies auch auf die Bedeutung des türkischen Parlaments und des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg. (71)
"Ich wünsche unserer Nation, dass sich das auf Imrali gefällte Gerichtsurteil als segensreich erweist", sagte Ministerpräsident Bülent Ecevit nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Anadolu. Demirel wollte nicht mehr zu dem Urteil sagen als: "Das Gericht hat seines Amtes gewaltet." Auf Nachfrage, wie es nach dem Urteil weitergehen werde, fügte Demirel lediglich hinzu: "Was die Justiz entscheidet, das wird geschehen".
(72)
Noch am Tag der Urteilsverkündung, am 29. Juni 1999, nahm der Präsidialrat der Arbeiterpartei Kurdistans PKK mit einer Erklärung zum Todesurteil Stellung:
"Dieses Urteil, das in keiner Weise, weder von unserer Partei noch von unserem Volk, Anerkennung findet, wird sowohl zur historischen Verantwortung der internationalen Kräfte führen als auch als schwarzer Fleck die Geschichte des türkischen Volkes negativ beeinträchtigen. Aus der Sicht der menschlichen Gerechtigkeit stellt dieses Urteil eine unverzeihliche Schuld dar und bedeutet das Verharren auf der Leugnung und Vernichtung des kurdischen Volkes. Es ist offensichtlich, dass in Imrali versucht wird, nicht nur eine Person, sondern eine Nation zu verurteilen, und dass das Todesurteil über ein Volk gefällt worden ist".
(73)
Wie der überwiegende Teil der Kurden, so war auch die Führung der PKK wegen der Verschleppung Öcalans und der Verurteilung zum Tode sehr besorgt. Tag und Nacht fanden, wie an vielen Orten der Welt, auch in Deutschland friedliche Aktionen statt, die weder von der Politik noch von der Öffentlichkeit registriert wurden.
Am 6. Juli 1999 nahm der Präsidialrat der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erneut Stellung: "Das, was den Diskussionen in der türkischen Öffentlichkeit, die dem Urteil folgten, seinen Stempel aufdrückte, war nicht die Lösung, sondern das genaue Gegenteil. Verschiedene Kreise, die behaupten, die Interessen der türkischen Nation und Republik zu vertreten, taten nichts, als darüber zu philosophieren, auf welche Weise das Urteil vollstreckt werden soll. Sie stellten ein Verhalten zur Schau, das unseren Vorsitzenden, unsere Partei und unser Volk beleidigt. Sie ziehen es vor, die Größe des Türken dadurch zu beweisen, dass sie den Kurden erniedrigen. Dies war in der Vergangenheit so, und sie können sich auch heute nicht davon frei machen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedeutet Größe nicht, auf Krieg zu beharren, sondern mit einer friedlichen, demokratischen Lösung eine Geschwisterlichkeit zwischen den Völkern zu entwickeln.
Auf der internationalen Ebene zeigte sich eine Haltung gegen das in Imrali gefällte Urteil. Was immer für eine Absicht hinter solch einer Haltung stehen mag: Sie ist bedeutsam in dem Sinne, dass Türen aufgestoßen werden nicht für Vernichtung, sondern für eine Lösung. Unsere Partei betont die Notwendigkeit, dass alle Kräfte, die sich gegen die Vernichtung gewandt haben, hinter ihren Erklärungen stehen und sie in die Praxis umsetzen. Das Problem ist derartig ernst, dass man darüber nicht leichtfertig reden sollte. Das, was gesagt wird, muss unbedingt umgesetzt werden. Es ist unser Recht und unsere Pflicht, jeden einzuladen, sich ernsthaft zu verhalten."
(74)

(71)AFP, 24.6.99
(72)AFP, 29.6.99

(73)KIZ, 29.6.99

(74)KIZ, 6.7.99