Entengeschichten
Im Rahmen der Solidaritätsaktionen gegen den bundesweiten Staatsschutz Angriff auf linke Projekte und Zusammenhänge (am 13.6.95) entstand eine Veranstaltung zur 'radikal'.
Wir dokumentieren im folgenden das Manuskript dieser Veranstaltung.

Veranstaltung zur radikal (Teil I)

Teil I Geschichte der Zeitschrift Radikal
Teil II Radikal über Radikal
Teil III Verhältnis der der Linken zur RADIKAL
Gesellschaftliche Situation in der BRD/Situation der Linken
Teil IV Informationen zu den Ermittlungsverfahren
Warum AIZ,KOMMITTEE, RAF und Radikal zusammen?
Teil V Zielgerichtet oder allgemeinpräventiv?
Neue Qualität?
Solidaritätsarbeit

1.) Geschichte einer Zeitschrift: Die Radikal

Die Radikal wurde 1976 als "sozialistische Zeitschrift für Westberlin" gegründet. Sie wurde als zweiwöchentlich erscheinende Zeitung konzipiert. Das Selbstverständnis der "alten" Radikal war: "Radikal ist eine unabhängige Zeitung für Westberlin. Unabhängig in dem Sinne, daß die Zeitung nicht als Sprachrohr einer bestimmten politischen Fraktion der Linken dient. Die Redaktion ist heterogen zusammengesetzt. Die verschiedensten Standpunkte der Linken sind in ihr vertreten. Über ihre praktischen Aufgaben hinaus bemüht sich die Redaktion, durch Diskusssionsprozesse zu wichtigen Fragen einen einheitlichen Standpunkt zu formulieren"(radikal Nr.18)
Diese praktischen Aufgaben sind:
Überblick über die Aktionen der Linken in Westberlin durch Kurzberichte Offenes Diskussionsforum über wichtige politische Probleme Unterstützung von Anstrengungen, Aktionseinheiten der Linken gegen die zunehmende Faschisierung zu erreichen. Unterstützung von Versuchen, alternative Lebensformen zu entwickeln. Angebot von Diensten zu praktischen Problemen: Kleinanzeigen, Beratungen, Tips Zusammenfassung aller Termine der politischen Linken in einem zentralen Veranstaltungskalender. Bei der Realisierung dieser Punkte versteht sich die Zeitung als Mittler, technischer Umsetzer und Multiplikator.
Die Redaktionssitzungen der Zeitung waren angekündigt, um den LeserInnen zu ermöglichen, vorbeizukommen. Es gab also einen theoretisch sehr offenen LeserInnen/MacherInnen-Kontakt. So ein Verhältnis ist natürlich bei der heutigen Radikal undenkbar, aber die Stellung, die die Radi zu ihren Leserinnen formuliert, ist im Prinzip 1976 die gleiche wie heute: "Wir fordern Organisationen und nichtorganisierte Genossinnen auf, aktiv mitzuarbeiten. Schickt Berichte von der Basis oder eure Meinung zu aktuellen b.z.w. theoretischen Problemen."(Nr.18, 1976) Zur aktiven Mitarbeit stellt die Radi im Zuge einer Umfrage fest: Weiter lasen wir in den bisherigen Fragebögen immer wieder bezüglich der Mitarbeit: "würde gerne mitmachen, weiß aber nicht, wie, was soll ich schreiben, kann ich das überhaupt? "Wir meinen, es soll eine Zeitung sein, die von uns für euch ist, und durch euch mit uns ist. Und deshalb finde ich die Zweifel, ob man daß überhaupt kann, nicht richtig, deshalb versuchts doch mal, kommt mal rum, seht euch die "radieschen von innen an".(Radikal Nr.18) Die Redaktion, die radieschen, bestanden aus ca. 10-25 Menschen. Dieses für heutige linke Verhältnisse relativ große Häufchen hat sich die Mühe gemacht, die Gebiete festzuschreiben, zu denen die Zeitung arbeiten will. Es sind: Frauenspezifische Probleme, DDR, Kultur, linke Gruppen, Uni, Justuiz, Prozesse, Soziales, Jugend, Gesundheitswesen, alternative Projekte, Internationales, Schule, Betrieb/Gewerkschaft. Die thematische Palette der Radi war also durchaus sehr breit angelegt und wurde in der Praxis auch einigermaßen so umgesetzt. Großen Raum, insbesondere ab 1977, nahm die Institutionalisierung der alternativen Linken ein, die zu der Zeit in ihrer Argumentation noch eine radikale bis radikaldemokratische war. Die Diskussionen um die Entstehung der Taz und der Berliner Alternativen Liste wurden sehr ausführlich begleitet. Zunehmend in den Mittelpunkt geriet auch das Thema Knast, die Prozesse gegen den 2.Juni und die beginnende Repression gegen die linksradikale Zeitungslandschaft.
1977 war auch das Jahr, in dem die Kriminalisierung der Radikal ihren Anfang nahm. Der Nachdruck des "Mescalero" Nachrufs auf den Generalbundesanwalt Buback zog im Jahr 1978 ein Verfahren wegen "Verunglimpfung des Ansehens Verstorbener" nach sich. Ergebnis: 875 DM Geldstrafe gegen den presserechtlich Verantwortlichen. Der große gesellschaftliche Druck auf die Linke, der im "Deutschen Herbst" eskalierte, hat sich auch auf die Zeitung ausgewirkt. Die RADIKAL dazu: "ganz offensichtlich hat sich der Charakter der Zeitung im Laufe des Jahres 1977 verändert. Eindeutig haben die sogenannten kopflastigen Artikel zugenommen, die Berichte von der "Basis", also von arbeitenden Gruppen, Initiativen u.s.w. abgenommen. Vorsichtig kann man dazu sagen, daß dies Ausdruck der veränderten politischen Situation, des immer größer werdenden Drucks ist, der den Öffentlichkeitsdrang vieler Genossen lähmt. Zumindest wurde dieser Eindruck auf dem letzten natinalen Treff der westdeutschen Alternativzeitungen von vielen geteilt........ Ein weiterer Aspekt ist, daß nach den Aktionen Buback/Ponto//Schleyer die Diskussion um die Frage der Gewalt und nach dem angedrohten K-Gruppen Verbot, die Diskussion um Aktionseinheit, linke Bündnisse u.s.w. zugenommen hat, was sich natürlich auch in der Radikal wiederspiegelt........ Der forcierte Diskussionsprozess hat sich nicht unbedingt positiv auf die Radikal ausgewirkt. War es in der Anfangszeit noch so, daß zu wichtigen politischen Fragen innerhalb des Kollektivs gemeinsame Standpunkte erarbeitet wurden, so drohte an der Frage Linke und Gewalt oder Aktionseinheit offensichtliche Spaltung der Redaktion. Die Gründe können nur angedeutet werden: Die angespannte Arbeitssituation und die Dominanz einiger politischer "Großköpfe" schufen ein total angespanntes Diskussionsklima: Die rasche Abfolge der Ereignisse, die Hilflosigkeit und die Ohnmacht gegenüber dem verschärften Druck des Staates ließ die einzelnen Radikalen mit ihren unterschiedlichen politischen Standpunkten mit potenzierter Kraft aufeinander prallen"(15.12-12.1.1978).
Hier, Anfang 1978, deuteten sich die Fragestellungen und Auseinandersetzungen an, die nach der Entwicklung der HausbesetzerInnenbewegung und damit den Ursprüngen der Autonomen einen Bruch in der Radikal erzeugen. In der Nr.84 vom November 1980 veröffentlichte die Radikal einen Artikel, in dem klargestellt wird, was sich aus der Zeitung schon allein dadurch ablesen ließ, daß die Unterzeile sich verändert hatte. Sie hieß jetzt: Zeitung für unkontrollierte Bewegungen in Amsterdam und Westberlin. Das Wie und Warum ließt sich dann so: "Es geht mal wieder um die Radikal, aber diesmal wollen wir euch nicht erzählen, daß wir kein Geld haben, daß kein Echo kommt, e.t.c....sondern die Radikal als Szeneblatt problematisieren und in Frage stellen. Der Bruch "sozialistische Zeitung für Westberlin" zu "Zeitung für unkontrollierte Bewegungen" deuten wir auch als Bruch mit großen Teilen der Szene und Linken. Diese Trennung schmerzt uns nicht, im Gegenteil, sie kommt reichlich spät! Wir stellen in Schlagworten fest: die Alternativbewegung ist gescheitert, sie funktioniert als ein Nebenzyklus des Kapitalismus und ist damit keinerlei Gefahr für das System. Eher schafft sie die Ideen und Konzepte, um das System über die anstehenden Krisen zu bringen. Doch genau mit diesen Krisen und Klassenkämpfen wird eine radikale Infragestellung von Staat, Gesellschaft und Produktion einhergehen. Die jetzige Linke und die Alternativbewegung werden in diesen Kämpfen eine unbedeutende Rolle spielen. Solchen Problematiken müssen wir uns in der Radikal stellen, oder anders: Ist es sinnvoll, eine Zeitung wie die Radikal zu produzieren, um sie dann wie saures Bier in den Alternativkneipen verkaufen zu müssen.........Heißt das nicht, daß die Szene nicht einmal mehr traditionelle sozialistische Ansätze interessiert, geschweige denn, die neue Stoßrichtung der Radikal, für eine autonome anarchistische Bewegung...... versuchen wir da nicht, die Zeitung bei den falschen Leuten an den Mann/Frau zu bringen?........ Wir wissen zwar "weg von der Szene", aber nicht mehr weiter. Wir wollen nicht eine Zeitung für, sondern von Schülern, Punks, Siemensarbeitern, Jobbern, Hausfrauen, Rockern, Massenarbeitern, Arbeitsemigranten - nen paar alternativen Nichtstuern, Arbeitsscheuen, Aussteigern, Kiffern, Träumern, Stadtguerilleros, wir wollen keine Avantgarde sein, sondern nur vermitteln, was wir denken und für richtig/wichtig erachten; die Zeitung nicht für jemand machen, sondern als Ausdruck von Bewegungen; wollen Multiplikator von Ansätzen zu Aufstandsbewegungen sein, ein Faktor eines Aufstandes, unkontrollierte Bewegungen, auf das es brodelt und kocht..... warum Aufstände, das zu erklären ersparen wir uns.... Kein Blatt für Leute, die dabei sind, sich einzurichten; den Kreis der Szene sprengen. Raus aus unserem gemütlichen angstvollen Ghetto; anders gesagt: Sabotage und Subversion sind überall, die Szene ist nur ein Teil davon: Schule schwänzen, krank feiern, wilde Streiks, Ladendiebstahl, Häuserkampf, Schwarzfahren....."(radikal Nr.84)
Seit dieser Zeit entwickelt sich die Radikal zu dem Sprachrohr der Autonomen Szene, zu Anfang noch hauptsächlich Westberlins und im Laufe der Ausgaben auch der ganzen BRD. Daß die Radikal diese Bedeutung erlangt hat, liegt daran, daß die Zeitung als autonomes Organ nicht nur im Inhalt der Texte, sondern auch in Sprache und Lay-Out dem Namen alle Ehre gemacht hat. Keine andere Zeitung hat die Unklarheiten der Metropolenbewegungsmilitanten so klar und präzise auf den Punkt gebracht. Die Radikal hat bedingungslos die Gedankenwelt der Autonomen in die Öffentlichkeit getragen, durch Rubriken wie die Herzschläge regionale oder lokale Aktionen und Initiativen bundesweit bekannt gemacht. Die gewachsene Bedeutung der Zeitung, bedingt unter anderem durch den Wandel von einer eher berichterstattenden Zeitung zu dem Sprachrohr einer ganzen Bewegung, rief auch den Staatsschutz auf den Plan. Die Bemühungen, die Radikal aus dem bundesdeutschen Blätterwald zu entfernen, wurden intensiver. Im Februar 1982 erhob die Staatsanwaltschaft erstmals Anklage gegen die Radikal nach §129a, "Werbung für eine terroristische Vereinigung". Ausgangspunkt ist der Abdruck von Texten der Bewegung 2.Juni. Der Kriminalisierungsversuch scheiterte, weil es den Schergen nicht gelingt, die Vereinigung 2.Juni nachzuweisen. Es kam nicht einmal zu einer Hauptverhandlung, die Klage wurde abgewiesen. Trotz dieser juristischen Schlappe für den Staatsschutz wurde das primäre Ziel, die Radikal zu zerschlagen, nicht aus den Augen verloren. Die HandverkäuferInnen der Radikal waren einer Reihe von Bespitzelungen bis hin zur offenen Observation ausgesetzt, die die Vorbereitungen für den nächsten großen Schlag bildeten. Am 1.12.82 wurden 14 Wohnungen, 2 besetzte Häuser, 3 Druckereien, 1 Verlag, 2 Buchläden, 1 Fotosetzerei sowie 1 Buchvertrieb durchsucht. Einige abgedruckte Texte der Revolutionären Zellen sollten den Tatbestand der Werbung nach §129a erfüllen. Im Juni 1983 wurden dann Benny Härlin und Michael Klöckner stellvertretend für die schon namenlose Redaktion verhaftet und nach §129a angeklagt. Damals entbrannte ein wahrer Proteststurm, getragen auch von Seiten einer linksliberalen Öffentlichkeit. Die beiden Verhafteten waren als Journalisten nicht ganz unbekannt, und so mußten sie nach 2 monatiger Isolationshaft gegen eine Kaution von 30000 DM freigelassen werden. Trotzdem wurden beide im März 1984 zu je 2 1/2 Jahren Haft verurteilt, obwohl ihnen keine Beteiligung an der kriminalisierten Ausgabe nachgewiesen werden konnte. Aufgrund des unbedingten Verurteilungswillens seitens des Staates hielt es der Richter Pahlhoff für ausreichend, daß Klöckner das Konto führte und Härlin in früheren Ausgaben als V.I.S.D.P. auftauchte. Beide konnten allerdings vor dem Absitzen der Knaststrafe geschützt werden, indem sie über die Liste der Grünen in das Europaparlament gewählt wurden. Die Zeitung erscheint weiter, wenn auch unregelmäßig, aber auch die Repression geht weiter und zeigt deutlich, daß es dem Staatsschutz um die Zerschlagung der RADIKAL geht. Im April 1984 werden erneut Druckereien durchsucht, das Bankkonto gesperrt, Post beschagnahmt und eine Person beim Abhohlen der Post aus dem Postfach, das permanent bewacht wird, verhaftet. Vorübergehend stellte die taz ihre Postadresse zur Verfügung, aber auch hier folgt im Mai die Durchsuchung. Wenige Tage später stellt die RADIKAL mit der NR. 126/7 ihr erscheinen sang- und klanglos ein, ohne das die alten Redakteure dazu eine Erklärung abgeben. Aber schon einige Monate später erschien die Zeitung das erste mal aus dem "Untergrund". Im Vorwort zur Nr.128 heißt es: "So Leute, habt ihr also gedacht es wäre zu Ende mit der radikal...Habt ihr sie schon auf der Liste der von "Verfassungsorganen" totgeprügelten linken Initiativen angekreuzt und archiviert...Und jetzt zu uns: Diese Zeitung kann nur versteckt geschrieben und produziert werden..." Der Bruch von der "legalen" zur "illegalen" Radi fand auf allen Ebenen statt, nur eben nicht im Vertrieb. " Hier lag eine Struktur ungenutzt rum, du mußtest nur zugreifen." Klar war inzwischen auch, daß die RADIKAL schon längst eine bundesweite Zeitung war und daß autonome Inhalte und die Diskussion um militante Praxis sich nicht in der taz oder anderen Zeitungen wiederfinden. "Gerade in relativ stillen Zeiten, die oft zur Besinnung auf neue Werte und Strategien benutzt werden finden wir ein politisches Diskussionsforum wichtig." Mit "stillen Zeiten" ist hier die sich auflösende militante HausbesetzerInnenbewegung gemeint. "Die Zeiten in denen alles möglich schien, wenn wir nur viele sind, waren vorbei und der Glaube daran, mit Massenmilitanz auf der Straße dieses System zum kippen bringen zu können hatte sich nicht erfüllt." So ging es im wesentlichen darum, radikale Inhalte überhaupt noch öffentlich zur Diskussion zu stellen, aber auch um eine Auseinandersetzung mit bisheriger Politik und dem Suchen nach neuen Perspektiven. Der schon verbuchte Zensurerfolg des Staatsschutztes zerann und die Ermittlungen konzentrierten sich in dieser Zeit auf den Vertrieb der Zeitung, da der verdeckt organisierten Redaktion nicht beizukommen war. 1986/7 wurden dann in zwei großangelegten Durchsuchungsaktionen insgesamt über 100 Buch-, Infoläden, Zentren und Privatwohnungen durchsucht und die Nr.132 beschlagnahmt. Eine wahre Ermittlungswelle ging los, allerdings bleieen von insgesammt 192 Ermittlungsverfahren nur 38 Anklagen übrig, wobei nur überhaupt 12 zur Verhandlung kammen und lediglich 5 mit geringen Bewährungsstrafen endten. Sicher lag es aber auch nicht im Interesse des Staatsschutzes , die BRD mit einer Prozeßlawine zu überziehen, die die Gefahr einer breiteren Solidarisierung beinhaltete, ihre Absicht ist aber auch so aufgegangen: Einschüchterung und Abschreckung mittels des §129a, hier vor allem gegen die Buchläden und öffentlichen Verkaufsstellen gerichtet, mit dem Ergebnis, daß linksradikale Inhalte aus dem öffentlichen Raum verschwanden. Diese Strategie ist auch weitgehend aufgegangen, viele Läden erlagen auch aus ökonomischen Gründen der Selbstzensur oder distanzierten sich öffentlich. Trotzdem, die Zeitung erscheint weiter und neben der Redaktion wird jetzt auch das Vertriebssystem verdeckter organisiert. Obwohl die Nr.132 nach Meinung des Redaktionskollektivs die wohl am wenigsten gelesene Ausgabe ist, nicht zuletzt aufgrund ihrer Beschlagnahmung, aber auch des Zerfalls der Bewegung, des unregelmäßigen Erscheinens und all zu platter Analysen, hat die RADIKAL auch weiterhin Bedeutung innerhalb der Widerstandspresse in der autonomen Szene.
Was macht nun eigentlich inhaltlich die RADIKAL seit ihrem Erscheinen aus dem Untergrund im Jahr 1984 aus? Menschen aus dem RADIKAL-Kollektiv selbst sagen dazu: die "vermittlung und verbreitung radikaler inhalte im verhältnis zwischen theorie und praxis." Natürlich gehören dazu dann auch die "berühmten" Bau- und Bastelanleitungen mit dem Ziel, praktisches Wissen möglichst vielen zugänglich zu machen. Dabei geht es nicht nur, aber auch, um den Bereich Zeitzünder etc., sondern darüberhinaus um Klautaschen oder Piratensender. In diese Rubrik gehören ebenfalls die Informationen über das Vorgehen von Staatsschutz und Bullen, wie Tips und Tricks sich gegen Spione und Spitzel zu schützen oder Texte zur Aussageverweigerung. Es werden Anschlagserklärungen der unterschiedlichsten Gruppen dokumentiert, die sonst vielen Menschen nicht unbedingt zugänglich wären. Eine Zeitlang nutzten viele Gruppen beispielsweise ihre Anschlagserklärungen, indem sie nicht nur über den inhaltlichen Hintergrund, sondern auch ihre technische Vorgehensweise berichteten, leider ist das weitgehend aus der Mode gekommen. Zu diesem Bereich gehört auch die Rubrik OLGA alias Piefke alias Herzschläge, wo sich Kurzberichte, Erklärungen etc. aus der ganzen BRD finden und mensch sich zumindest einen Überblick verschaffen kann, was grad so los ist, weil ja eben doch nicht jedes Flugblatt aus Hintertupfingen in Büddelsdorf ankommt. Die RADIKAL selbst sagt dazu: "welche voneinander lernen und Strukturen aufbauen wollen, sollten zumindest über Papier mitkriegen, daß in einiger Entfernung evtl. dieselben Ansätze, Probleme usw. auch existieren...Sich gegenseitig wahrnehmen sollte auch eine praktische Entwicklung nach sich ziehen, wo über gemeinsame Sachen dann auch geredet wird und im besten Fall Strukturen entstehen. Damit hätte die radi natürlich herzlich wenig zu tun, es wäre allein eure Sache..." Vor allem gefüllt wird die Zeitung aber mit den Diskussionen, die innerhalb der radikalen Linken geführt werden/wurden: Auseinandersetzungen mit Sexismus und Patriarchat eben auch innerhalb der Scene, Diskussionen um Bündnispolitik und autonome Organisierung, Beiträge zu dem Verhältnis der Linken zur RAF/RZ und immer wieder die Auseinandersetzung um Strategien der Militanz als politisches Mittel. Die RADIKAL kann sicher nicht in kurzfristige Mobilisierungen eingreifen, an langfristigen Kampagnen, wie beispielsweise IWF oder WWG, hat sie aber ihren Anteil und wichtiger noch als die Mobilisierung sind die Auswertungen die innerhalb der Zeitung gemacht werden, beispielsweise zum 1.Mai in Kreuzberg. Eigentlich finden sich alle aktuellen Brennpunkte an der die autonome Bewegung beteiligt war/ist in der RADIKAL wieder ( Shell, Startbahn, Antifa...). Lange Zeit gab es in der Zeitung keine kontinuierlich nach außen sichtbare Redaktionsarbeit in Bezug auf das Veröffentlichen eigener Diskussionsbeiträge/Texte. Seit 1989 gibt es aber in der RADIKAL die Rubrik "Gegen das Vergessen". Hier wird der Versuch gemacht, sich Geschichte aus linker Position anzueignen, eine nützliche Ergänzung zu jedem Geschichtsbuch.

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kombo(p) | kombo@riffraff.ohz.north.de | 28.6.1997