Für eine linke Strömung!  Archiv
 Home
 Aktuell
 Archiv
 
 Antifa AG
 Intersol AG
 Sozial AG
 Arranca!
 
 Stadtteilladen
 Kontakt
 

Termine der Rundreise
Mailingliste
CGH-Infos
Verschiedene Artikel
Spendenkonto
Links

Uni Streik in Mexiko -
Zwischen Repression und Hoffnung

Neun Monate lang legte eine Streikbewegung die größte Universität Lateinamerikas, die Unam in Mexiko-Stadt lahm. Entzündet hatte sich der Protest im April letzten Jahres an der geplanten Einführung von Studiengebühren. Beendet wurde der Streik durch einen massiven Polizeieinsatz, bei dem am 6. Februar knapp tausend Mitglieder des Allgemeinen Streikrates (CGH) inhaftiert wurden. Der Lehrbetrieb an der Unam wurde wieder aufgenommen, aber auch die Proteste der Studierenden gehen weiter.

An der Unam in Mexiko-Stadt sind über 200.000 Studierende eingeschrieben. Die staatliche Universität in der 22 Millionen Einwohner Metropole ist im zentralistischen Mexiko die mit Abstand wichtigste Institution für Forschung und Lehre. Doch seit Jahren krankt der Lehrbetrieb wie an den staatlichen Hochschulen fast überall an einer chronischen Unterfinanzierung. Gleichzeitig haben sich private Hochschulen etabliert, die hohe Studiengebühren verlangen, welche sich nur eine kleine soziale Elite leisten kann.

Seit Beginn der 80er Jahre sind in Mexiko infolge einer rücksichtslosen neoliberalen Umstrukturierungpolitik die Reallöhne auf weniger als die Hälfte reduziert worden. Heute leben in Mexiko nach Angaben der Weltbank 40 Prozent der Bevölkerung von einem Einkommen von unter zwei Dollar pro Tag. 15 Prozent haben sogar weniger als ein Dollar zur Verfügung. Während breite Schichten der Bevölkerung verarmen, pumpt der Staat Milliarden Dollar Beträge in zweifelhafte Rettungsaktionen für das private Kreditwesen. Für hunderte Millionen wird die mexikanische Bundesarmee aufgerüstet, um im Süden des Landes die zapatistischen Aufständischen zu bekämpfen.

In diesem Kontext brachte die Ankündigung des Unam Rektors Francisco Barnes die Studiengebühren von eher symbolischen wenigen Pfennig auf 300 DM pro Jahr zu erhöhen und außerdem Gebühren für die Benutzung von Bibliotheken, Computer etc. zu verlangen den Geduldsfaden der Studierenden zum reißen. Die geplante Gebührenerhöhung wurde zum Symbol einer Politik, welche den Jugendlichen in Mexiko seit Jahren die sozialen Chancen nimmt.

Ausgehend vom Protest gegen die geplanten Gebührenerhöhungen formulierten die Streikenden bald weitere Forderungen. Sie verlangten nun die Rücknahme von Zulassungsbeschränkungen und eine grundlegende Demokratisierung der Universitätsstrukturen. Dazu sollte ein Kongress einberufen werden, auf dem unter Beteiligung von Studierenden, Lehrenden, Angestellten der Uni und der Unileitung über die zukünftige Struktur der Unam beschlossen werden sollte. Doch die Forderungen blieben nicht auf Universitätsinterna beschränkt. Mit der von den Studierenden vehement vorgetragenen Forderung nach einem Verzicht auf die befürchtete Privatisierung der Unam stellte sich der CGH in einen breiteren Zusammenhang von sozialen Bewegungen, welche sich gegen die Auswirkungen der neoliberalen Reformen wenden. Nach den Protesten gegen die WTO-Tagung in Seattle mobilisierte der CGH zu einer Demonstration zur US-Botschaft in Mexiko-Stadt.

Von Beginn an war die öffentliche Reaktion auf den Streik geteilt. Während zahlreiche soziale Bewegungen und ein erheblicher Teil der Bevölkerung mit dem Streik sympathisierten setzte die seit 71 Jahren ununterbrochen regierenden Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) eine vor allem vom Fernsehen getragene mediale Verleumdungskampagne in Gang, welche die Streikenden als drogenabhängige, gewaltbereite Guerillaunterstützer diffamierte. Zunehmend in die Ecke gedrängt, tauchten innerhalb der Streikbewegung Spaltungstendenzen auf, welche die Proteste schwächten. Dennoch hielten tausende Jugendliche über fast neun Monate den Campus der Unam und zahlreiche Schulen besetzt. Immer wieder konnte der CGH zehntausende auf Demonstrationen mobilisieren.

Nach geschickt inzenierten Manövern zur Delegitimierung des CGH durch den mittlerweile ausgewechselten Uni Rektors Juan Ramón de la Fuente, setzte die Regierung Anfang Februar auf Repression. Fast tausend Mitglieder des CGH wurden im Morgengrauen des 6. Februar aus einer noch laufenden Sitzung des Streikrates in der Unam verhaftet. Ihnen wurde von "Sachbeschädigung" bis "Terrorismus" fast alles vorgeworfen, was das Gesetzbuch zu bieten hat.

Dank der breiten Mobilisierung gegen die Repression - nur wenige Tage nach dem polizeilichen Überfall demonstrierten 150.000 Menschen durch die Innenstadt - kamen fast alle der Gefangenen mittlerweile auf Kaution wieder frei. Doch damit ist die Repression nicht beendet. Sie erwarten nun langwierige und kostspielige Prozesse.

Gleichzeitig versucht sich die Protestbewegung wieder zu sammeln. Während der Lehrbetrieb an der Unam wieder aufgenommen wurde, gehen auch die Protestaktionen weiter, allerdings unter sehr widrigen Bedingungen.

Noch ist es zu früh ein Resümee des Streikes zu ziehen, aber es wird in jedem Fall widersprüchlich ausfallen. Einerseits zeigt der Streik in Mexiko, dass Widerstand möglich ist. Andererseits macht er deutlich, dass wer viel wagt auch viel verlieren kann. Aber wie ein inhaftierter Streikender in einem Brief kürzlich meinte: "Für mich sind wir mit der ersten sozialen Bewegung in diesem Land konfrontiert, welche die politischen Vorschläge des Zapatismus aufgreift. Mit Fehlern und Verunstaltungen, aber mit der Hoffnung, etwas Neues aufzubauen, und schon allein deshalb lohnt es sich."

Von Mitte Mai bis Ende Juni werden zwei Mitglieder eine Rundreise durch verschiedene deutsche Städte unternehmen. Auf den Veranstaltungen werden sie ein Video vom Streik zeigen und möchten mit Studierenden in Deutschland ins Gespräch kommen.

• Flugblatt zur Rundreise
Terminliste für die Rundreise mit genauen Angaben über die Veranstaltungstermine.

Druck weiter notwendig

Ihr wollt protestieren und wisst nicht wie? Eigentlich geht es ganz einfach:
Hier sind einige AnsprechpartnerInnen

Die Betroffenen brauchen jetzt Eure Solidarität und vor allem Geld:
Spenden könnt Ihr unter dem Stichwort "Stadtteilladen/Unam" auf das folgende Konto überweisen:
Empfänger Netzwerk e.V., Konto-Nr.: 477773100,
Postbank Berlin, BLZ: 100 100 10,
Stichwort: Stadtteilladen/Unam

 
Kosovo-Krieg
Diskussionstexte zur Existenzgeld-Debatte
UNAM-Streik
Selbstdarstellung
deutsch
spanisch
englisch
schwedisch
Seminare
Ökonomische und soziale Situation in Berlin
   
 
 

FelS - Für eine linke Strömung, c/o Schwarze Risse, Gneisenaustraße 2a, 10967 Berlin