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Unistreik in Mexiko

Wie ist der Stand im Widerstand?

Das Recht auf eine kostenfreie Ausbildung steht im Mittelpunkt der Forderungen der seit Jahren bedeutendsten politischen Jugendbewegung in Mexiko-Stadt. Seit über einem Jahr streiken, demonstrieren und protestieren Tausende Studierende der Universidad Nacional Aut—noma de México (Unam). Ihr Widerstand steht mittlerweile symbolisch für die Kämpfe in vielen Ländern gegen eine marktkonforme Zurichtung öffentlicher Bildung. Die mexikanische Regierung setzt auf Repression, um die Bewegung zu brechen. Zeitweise saßen bis zu tausend Mitglieder des Allgemeinen Streikrates (CGH) im Gefängnis. Prügelorgien bei brutalen Polizeieinsätzen, Entführungen von AktivistInnen der Bewegung und eine Hetzkampagne der meisten Medien, die von der seit 71 Jahren regierenden Staatspartei PRI kontrolliert werden, konnten die Studierenden aber nicht mundtot machen.

Entzündet haben sich die Proteste im April letzten Jahres am Vorhaben des Unirektors die Studiengebühren an der Unam von wenigen Pfennig auf 300 DM pro Jahr zu erhöhen. Außerdem sollten Gebühren für die Benutzung von Computern, Laboren und Bibliotheken erhoben werden. Doch die Mehrheit der über 200.000 Studierenden der Unam kann noch nicht einmal das Geld aufbringen, um die notwendigen Unterrichtsmaterialien und Bücher zu kaufen, wie also Studiengebühren zahlen?

In Mexiko leben 40 % der Bevölkerung von einem Einkommen von unter zwei Dollar pro Tag. 15 % haben sogar weniger als ein Dollar zur Verfügung. 57 % der Arbeitenden in Mexiko stehen als fliegende Händler, Fensterputzer oder Tagelöhner in informellen Arbeitsverhältnissen. Das heißt sie müssen jeden Tag neu überlegen, wie sie über die Runden kommen. Für sie gelten keine Rechte. Die Unam ist keine Eliteuniversität, viele der Studierenden kommen aus Familien, die von der Wirtschaftskrise in den finanziellen Ruin getrieben wurden.

Während seit Beginn der neoliberalen Wirtschaftsreformen am Anfang der 80er Jahre breite Schichten der Bevölkerung verarmen, pumpt der Staat Milliarden Dollar Beträge in zweifelhafte Rettungsaktionen für das private Kreditwesen. Für Hunderte Millionen wird gleichzeitig die mexikanische Bundesarmee aufgerüstet, um im Süden des Landes die zapatistischen Aufständischen und andere Guerilla-Organisationen zu bekämpfen.

Bereits kurz nach dem Beginn der Streikbewegung an der Unam erarbeiteten die Studierenden einen 6-Punkte-Katalog, der neben dem Verzicht auf Gebührenerhöhung auch die Rücknahme von Zulassungsbeschränkungen, die Auflösung des repressiven universitätsinternen Polizeiapparates und einen demokratischen und resolutiven Kongress beeinhaltete, der unter Beteiligung von Studierenden, Lehrenden, Unileitung und Uniangestellten eine Reform der Unam erarbeiten sollte. Außerdem stellte sich die Bewegung von Beginn an gegen die befürchtete Privatisierung der Universität und die neoliberale Wirtschaftspolitik der Regierung.

Während die Regierung unter Präsident Zedillo eine breit angelegte Verleumdungskampagne gegen die Streikenden inszenierte, bildete sich um die Streikbewegung eine breite Allianz unterschiedlicher sozialer Bewegungen, die von den Zapatistas aus Chiapas bis zu den Angestellten der von Privatisierung bedrohten Elektrizitätsgesellschaft reichte.

†ber beinahe zehn Monaten hinweg konnten die Streikenden den zentralen Campus der Unam sowie dutzende angegliederte Schulen besetzt halten. Fast ein Jahr lang wohnten, arbeiteten und kämpften die BesetzerInnen zusammen in den Instituten. Zu Demonstrationen konnte die Bewegung mehrere Zehntausend Menschen mobilisieren. Mit dem Allgemeinen Streikrat (CGH) schufen sich die Streikenden eine Delegiertenversammlung der bestreikten und besetzten Institute, die sich wöchentlich zu Marathonsitzungen von oft über 20 Stunden Dauer traf. An den CGH Versammlungen nahmen über zehn Monate hinweg etwa tausend Delegierte teil, die jede Woche die Beschlüsse ihrer Vollversammlungen in den CGH und die Beschlüsse des CGH an ihre Institute trugen.

Die Regierung reagierte mit einer Strategie des Aushungerns der Bewegung. Mit einem Wechsel zwischen propagandistischen Dialogangeboten und Repression versuchte sie die Streikenden zu spalten und den Streik in die Länge zu ziehen. Unter dem stetig wachsenden äußeren Druck bildeten sich innerhalb der Bewegungen verschiedene Strömungen, welche die Regierung versuchte gegeneinander auszuspielen.

Am 6. Februar setzte die Regierung 2.000 Spezialpolizisten der PFP-Einheit, die sich aus Armeesoldaten rekrutiert, gegen den CGH ein. Im Morgengrauen überfielen sie die noch tagende Sitzung und nahmen fast tausend Mitglieder des CGH fest. Die meisten wurden mittlerweile gegen hohe Kautionen wieder freigelassen. Vielen drohen jetzt kostspielige und langwierige Gerichtsprozesse, bei denen sie sich gegen absurde Anklagen wegen "Sabotage", "Sachbeschädigung" und sogar "Terrorismus" verteidigen werden müssen.

Trotz der Repressionswelle geht der Widerstand weiter. Bereits wenige Tage nach der Räumung demonstrierten in Mexiko-Stadt 150.000 Menschen für die Freiheit der politischen Gefangenen. Der CGH führt seitdem immer wieder Demonstrationen und kurzfristige Besetzungsaktionen von Unigebäuden durch. Ende April wurde der Unicampus wieder von 5.000 PFP-Polizisten belagert. Die Gewerkschaft der Universitätsangestellten STUNAM, welche die streikenden Studierenden während der letzten Monate unterstützte, hat nun ihrerseits einen Streik für Lohnerhöhungen und gegen die Polizeipräsenz an der Unam angekündigt.

Der Kampf gegen die marktkonforme Zurichtung von Bildung, Studiengebühren, Elitebildung und Ausschluss von der Universität durch Zulassungsbeschränkungen ist international. Die Studierenden der Unam haben deshalb an Ostern einen Internationalen Studierendenkongress in Mexiko-Stadt durchgeführt. Auch in europäischen Ländern und Deutschland wird über eine Umstrukturierung der Hochschulen diskutiert, die unter anderem die Erhebung von Studiengebühren beinhalten soll. Die Bewegung der Studierenden in Mexiko ist für uns daher ein Ansatzpunkt, um über internationale Entwicklungen im Bildungsbereich zu diskutieren und Solidarität aufzubauen.

Die Forderungen der Studis in Mexiko sind keine anderen als bei uns oder an anderen Orten der Welt. Ihr Widerstand ist der Teil des Kampfes für eine gerechte Gesellschaft und gegen Ausbeutung. Deshalb haben wir zwei Mitglieder des CGH eingeladen. Sie werden einen Videofilm über den Streik zeigen und wollen mit uns über die Bedeutung des Streikes in Mexiko und die Situation hier diskutieren.

Hasta la vista amig@s - Soliparty
Samstag,
13. Mai ab 21.00 Uhr im EX,
Gneisenaustr. 2a,
Cocktails & Hip-Hop, Ragga, Drum'n Bass

Veranstaltung
Mittwoch, 17. Mai 19.00 Uhr
Kinosaal, Hauptgebäude Humboldt Uni
danach ab 21.30 Uhr Solikonzert
mit Ebola und minus1

 
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