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Einleitung zur Ausstellung "11 Jahre Flora" ++ Vorgeschichte ++ Staatsgewalt contra Flora ++ Die Verhandlungen 1992 ++ Aufbau F ++ So sehen uns die Anderen ++ Musik und Politik - Konflikte innerhalb der Roten Flora ++ Plenum, VV, ZK ++ eine Organisationsgeschichte der Flora ++ Sexismus in der Flora und der Szene


Aufbau F
Die Flora und die Bauwut

Die Ruine 1989
Da die Arbeit in einer Ruine aufgenommen wurde, war von Anbeginn das Bauen eines der bestimmenden Momente des Lebens in der Flora. Bereits im Winter 1988/89 wurde zur Winterfestmachung aufgerufen, um das Haus zumindest rudimentär zu schützen. Die offizielle Übergabe und die Besetzung schließlich bedeuteten auch, Elektrizität zu verlegen, Fenster abzudichten und was sonst alles noch zur Bestandssicherung eines Hauses gehört. Als eine der ersten Maßnahmen wurde die herausgebrochene Rückwand zumindest provisorisch mit einer Holzkonstruktion versehen.
Handwerkliche Fähigkeiten wurden von eigentlich allen NutzerInnen des Gebäudes verlangt, um nach und nach die Ruine zu sichern. Das bestimmende Problem der Anfangsjahre war zweifellos die fehlende Heizung. Im Winter zogen die meisten Gruppen aus, da es vor Kälte nicht auszuhalten war, auch wenn es dann und wann als Ausweis revolutionärer Gesinnung missverstanden wurde. Geheizt wurde mit einigen Öfen. Es entstand im Laufe der Jahre eine Mischung aus Kohle-, Holz- und Heizölöfen, die mehr schlecht als recht etwas Wärme abgaben.
Zu Werkeln war und ist immer etwas, und es können hier nicht all die kleinen und großen Aktionen aufgezählt werden, die das Haus zu dem machten was es schließlich wurde. Mit der Baugruppe fand sich Anfang der 90er ein Kreis von HandwerkerInnen und anderen interessierten Personen zusammen, die ihr Können in der Flora unter Beweis stellten. Allerdings wurden der Baukombo der Flora nicht alle Aufgaben aufgebürdet. Auch weiterhin mussten und müssen fast alle im Haus sich damit auseinandersetzen, sich irgendwelche handwerkliche Fähigkeiten anzueignen.



Der antiakustische Schutzwall
Die anfangs errichtete rückwändige Holzkonstruktion war kein ausreichender Schutz gegen Kälte, vor allem aber war sie extrem lärmdurchlässig. Da sich immer auch um das Befinden der NachbarInnen gesorgt wurde, wurde 1992 beschlossen, eine feste Rückwand zu mauern. Hierzu waren erhebliche Geldmittel nötig, die über Konzerte und Spenden eingetrieben wurden.
Mit der Hilfe von reisenden GesellInnen wurde schließlich die Wand hochgezogen und sicherte so zumindest etwas die Ohren der AnwohnerInnen. Natürlich war das Lärmproblem dadurch nicht gelöst, und bis Ende der 90er Jahre wurde auch die vorderseitige Wand verstärkt und verdoppelt, ebenso Stahltüren eingezogen. Trotz allem – auch der Einlass über den Seiteneingang hatte anfangs akustische Gründe – gibt es eine Beschränkung von Großveranstaltungen, um die Lärmbelästigung auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.



Was bauen die da?
Natürlich waren die Verhandlungen 1992 auch Anlass, sich über den Umbau des Hauses Gedanken zu machen. Eine Realisierung fand ja glücklicherweise nicht statt. Aber in Eigeninitiative wurde 1994 mit dem Bau von neuen Klos am Seiteneingang begonnen. Die Baugruppe hatte neben Klos auch Duschen konzipiert, und es entstand ein komplett neuer Anbau, in dem zuerst die Frauenklos fertig waren. Allerdings zieht sich die Fertigstellung der gesamten Anlage bis heute hin, 1998 wurden immerhin auch die Männerklos fertig, und die unerträglichen Siffklos hinter der Vokü konnten endlich geschlossen werden.
Diese Bauaktivität führte sogar zu einer Kleinen Anfrage eines SPD-Abgeordneten, der sich um die fehlende Baugenehmigung sorgte. Listigerweise war der Anbau jedoch von einem Architekten statisch perfekt durchgerechnet worden, und unter der Hand wurde der Anbau von der Baubehörde legalisiert, immerhin sollte auch ein Behindertenklo errichtet werden, von denen es im Schanzenviertel nur wenige gibt. (Aber bis heute ist das Behindertenklo nicht fertig!!) Diese kleine Episode wirft ein bezeichnendes Licht auf den Besetzungsstatus der Flora: immer wieder changiert es zwischen Duldung und heimlicher Anerkennung durch die Behörden.

28. November 1995: das scheinbare Ende
Den schwersten Einbruch in der Geschichte der Flora war sicher der Brand vom 28. November 1995. Im Archiv der Sozialen Bewegungen war ein Feuer ausgebrochen, das das Dach vernichtete und den ersten Stock unbrauchbar machte. Der Grund ist bis heute nicht bekannt; die Bullen schrieben zwar im Abschlußbericht, dass es wohl ein technischer Defekt gewesen sei, konnten aber auch nicht sagen, worin der bestanden haben soll. Dass auch ein Anschlag denkbar ist, belegen ein Loch in der Archivwand und eine aufgebrochene Vokü-Tür. Allerdings fehlt ein Brandbeschleuniger.
Als in der Nacht viele NutzerInnen vor dem Gebäude standen und fassungslos der Feuerwehr bei ihren Löscharbeiten zuschauten, schien das Ende unvermeidlich. Aber mit einer überraschenden Energie wurde sich noch am nächsten Abend dem Wiederaufbau gewidmet. Das Gebäude wurde gleich wieder in Beschlag genommen, im Keller wurde eine Not-Vokü eingerichtet und erste Aufräumarbeiten begonnen. Hierbei half eine unvorstellbare Unterstützungswelle aus der ganzen Republik. Es wurden an die hunderttausend Mark Spenden gesammelt, handwerklich geschickte Leute kamen zum Wiederaufbau, die ersten Arbeiten erfolgten teilweise mit mehreren hundert Personen.
Am zügigsten war die Erstellung des Daches: Noch im Dezember 1995 wurde ein zwar als Notdach bezeichnetes, jedoch sogleich auf Dauer angelegtes Dach gezogen, der erste Stock vom Brandschutt entrümpelt und ein neuer Fußboden gelegt. Die Stimmung, wie so oft bei Bedrohungen von außen, war besser als in vielen Frustmomenten vorher.
Aber eine solch hohe Mobilisierung lässt sich nur begrenzte Zeit halten. Nach den Weihnachtsferien 1995 blieb die kontinuierliche Arbeit an immer weniger Leuten hängen; 1996 fertiggestellte Räume – wie die Vokü – ermöglichten eine fast normale Nutzung, während der Erste Stock vor sich hinschimmelte.
Die Jahre danach waren eigentlich ständig von irgendwelchen Baumaßnahmen begleitet. Baumaßnahmen im ersten Stock wurden durch die Besetzungsaktion von IZI 1997 beflügelt, aber erst seit Ende 1998, mit der Rückkehr der Archive in die Flora, wurde der erste Stock wieder im alten Maßstab genutzt.
Bauen in der Flora ist ein work in progress. Viele Arbeiten – so die Galerie im Archivraum – wurden dabei von befreundeten HandwerkerInnen vorgenommen, da trotz der Verpflichtung der NutzerInnen zur Bautätigkeit viele Arbeiten nur von Fachleuten erledigt werden können. Dazu gehört auch der größte Schritt nach dem Brand: es wurde eine Gasheizung installiert, die inzwischen das gesamte Gebäude fast schon mollig warm hält.