Wir möchten uns zu den aktuellen Geschehnissen rund um Robert Marquart, den Attraktor und den Chaos Computer Club HH äußern, weil wir einerseits Teil der antifaschistischen Bewegung und andererseits auch Teil der Hackerkultur sind. Vorweg: Robert Marquardt ist für uns immer noch ein Nazi und hat deswegen in den Strukturen des CCC/Attraktor nichts zu suchen!

Der Attraktor ist ein Hamburger Hackerspace in der City Nord. Dessen Räume werden u.a. vom CCC-HH, AK Vorrat Hamburg und den Sportsfreunden der Sperrtechnik genutzt (Der AK Vorrat ist mittlerweile dort raus). Im Vorstand jenes Attraktors sitzt Robert Marquardt. Robert Marquardt hat bis ca. 2008 als Admin Naziforen betrieben und für deren Finanzierung sein Konto zur Verfügung gestellt. Auch inhaltlich war er mit mindestens 500 Foren-Beiträgen beteiligt.

Ausserdem betreibt er zusammen mit 2 weiteren Nazis, gegen die in Österreich gerade ein Verfahren wegen Wiederbetätigung läuft, den Anonymisierungsdienst "Perfect Privacy".

2008 will Robert Marquardt ausgestiegen sein. Ungefähr zu der Zeit kreuzte er beim Attraktor auf und integrierte sich in dessen Strukturen. Er ging dort mit seiner "Nazivergangenheit" offen um, mit der er aber abgeschlossen habe.

Trotzdem liefen die Zahlungen an den Provider Dreamhost, auf dessen Rechnern die Naziforen liefen, weiter über Marquardts Konto, bis Dreamhost im April 2011(!) von sich aus das Vertragsverhältnis kündigte. Das FBI hatte angeklopft und Dreamhost nach den Vertragsdaten gefragt, die dann nach Österreich weitergegeben wurden und von dort ihren Weg zur Antifa gefunden haben.

Auch lief das Geschäft mit "Perfect Privacy" weiter und mehr: Robert Marquardt diente diesen Dienst dem CCC für Veranstaltungen an - wohl wissend, dass dort Nazis Administratoren sind und dass auf diesen Veranstaltungen immer mal wieder Naziseiten aufgemacht werden. Uns ist von verschiedenen Leuten des CCC/HH bestätigt worden, dass diese Umstände im Attraktor und dem CCC/HH bekannt waren. Trotzdem wurde mit ihm zusammengearbeitet. Marquardt wurde sogar als Vorstandsmitglied des Attraktor bestätigt, nachdem die Antifa von aussen nochmals auf Marquardts Tätigkeiten hingewiesen hatte.

Uns stellen sich folgende Fragen: Warum behauptet Robert Marquardt, mit der Naziszene nichts mehr zu tun zu haben, arbeitet bis heute aber mit mindestens zwei ihm bekannten Nazis bei Perfect Privacy zusammen? Warum arbeiten die Nazis noch mit jemandem zusammen, der angeblich ausgestiegen ist? Weshalb hat er die von ihm angemeldeten Domains der Naziseiten nicht gekündigt, und warum stellte er weiterhin sein Konto zur Verfügung, um Naziaktivitäten zu unterstützen?

Für uns passt das alles nicht zusammen und wir glauben nicht, dass er ausgestiegen ist. Wir können die Entscheidung des Attraktors nicht nachvollziehen, ihn weiterhin im Vorstand zu behalten.

Davon abgesehen haben wir den Eindruck, dass es im Verlauf zu einigen Missverständnissen gekommen ist. Die Antifa-Freiburg unterrichtete den Attraktor frühzeitig über deren Erkenntnisse bezüglich Robert Marquardt. Der konfrontative Tonfall dürfte zur Abwehrhaltung der Attraktor-Leute beigetragen haben. Vielleicht wäre eine konstruktive Herangehensweise produktiver gewesen. Andererseits geht es hier nicht um Nebensächlichkeiten, und klare Worte helfen manchmal.

Auf Seiten des Attraktors scheint jedenfalls seitdem alles auf "Abwehr" gestellt. Anstatt mit den Beteiligten zu diskutieren, wird Robert Marquardt verteidigt, ohne die eigene Rolle zu hinterfragen. Der Attraktor hat entweder in voller Kenntnis einen Nazi als Vorstand wiedergewählt, oder war so naiv zu glauben, einen Nazi-Ausstieg begleiten zu können.

Viele Attraktor-Mitglieder ziehen sich auf die Position zurück, dass sie sich aufgrund der persönlichen Kontakte sicher sein können, dass Robert Marquardt kein Nazi sei. Sich bei einem so heiklen Thema auf ein Bauchgefühl zu verlassen, ist ignorant und gefährlich. Ein freundlicher Umgangston sagt nichts über eine politische Gesinnung aus. Sich vorzustellen, Nazis wären alles dumme Glatzen, spricht für ein realitätsfernes Weltbild. Fakt ist: Robert Marquardt hat Massenmörder verherrlicht, sich davon nie öffentlich distanziert und sich stattdessen weiter in Nazistrukturen betätigt. Das spricht deutlich gegen einen Bruch mit seiner "früheren" Gesinnung.

Nach den Hinweisen der Antifa wäre es wünschenswert gewesen, eine inhaltliche Auseinandersetzung zu führen, mit dem Ziel, eine gemeinsame Position zu finden zu den Fragen, wie mit Nazis umzugehen ist und ob und wann man Robert Marquart als Aussteiger bezeichnen kann. Dazu wird es voraussichtlich nicht mehr kommen. Schade! So können wir nur davon abraten, sich in den Räumen des Attraktors aufzuhalten oder mit dessen Mitgliedern zu kooperieren.

nadir, Hamburg im August 2012