Durch die Hintertür
Göttingen. Wer nicht bereits im Kopf mit der Schere ansetzt, dem droht Zensur durch die Staatsgewalt. Linke Medien, die versuchen Gegenöffentlichkeit zu schaffen, sind immer wieder Kriminalisierungsversuchen ausgesetzt. So auch die wöchentlich erscheinende Göttinger Drucksache (göDru). Sie dient vor allem der Verbreitung von Informationen und Terminen innerhalb der linken Szene, d.h. die meisten Texte stammen nicht von einer Redaktion, sondern werden zugeschickt. Nun versucht seit Dezember ’96 die Göttinger Polizei, allen voran der Chef der politischen Polizei Frey, RedakteurInnen der göDru ausfindig zu machen. Als Vorwand dient die angebliche Suche nach den AutorInnen des Anti-Castor-Artikels „Ideen für farbenfrohe Aktionen im Wendland", der u.a. in der göDru Nr. 252 abgedruckt war. Nach einer Razzia bei der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben e.V. im April ’97 wurden gegen insgesamt acht Personen Verfahren wegen „öffentlicher Aufforderung zu Straftaten", „Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen" und „Verstoß gegen das Pressegesetz" eröffnet. Die Ermittlungen wurden von Staatsanwalt Heimgärtner geleitet, der sich mit seinem Vorgehen gegen Linke bereits einen Namen gemacht hat. Die acht Beschuldigten erhielten polizeiliche Vorladungen, Mitarbeiter von Arbeit und Leben wurden befragt, einer von ihnen wurde staatsanwaltschaftlich als Zeuge vorgeladen. Anfang September ’97 wurde schließlich eine Druckerei durchsucht.Trotz dieses Ermittlungsaufwandes fand die Polizei keine Beweise. Das vorläufige Ergebnis: Alle Verfahren bis auf den „Verstoß gegen das Pressegesetz" mußten eingestellt werden. Die acht Betroffenen sollen 236 DM Bußgeld bezahlen, wogegen sie Widerspruch eingelegt haben. Sollten die Betroffenen während des Prozesses vor dem Amtsgericht verurteilt werden, ist damit zu rechnen, daß sie für jeden kritischen Artikel zur Verantwortung gezogen werden sollen.Nachdem die Kriminalisierungsversuche vorerst gescheitert sind, soll so durchs Hintertürchen das eigentliche Ziel erreicht werden: unliebsame Gegenöffentlichkeit auszuschalten!
Spenden an:
Antifa AK, Schilling; Kontonr. 557 367 200 , BLZ 260 900 50 Volksbank Göttingen; Stichwort „Prozeß".
![]() | ![]() |
![]() |