Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
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Pressegruppe des Grenzcamps
[03.08.2000]

Aktion Freier Eintritt

Jänschwalde, den 3. August 2000

Blockade der Grenzschutzstelle "Grüne Grenze" des BGS-Stützpunkts Forst

AktivistInnen aus dem Antirassistischen Grenzcamp 2000 bei Forst/Lausitz haben heute um 13.30 Uhr mit einer Blockade der Zufahrten der "Grünen Grenzstelle" des Bundesgrenzschutzes in Jänschwalde-Ost begonnen. Für eine begrenzte Zeit soll damit der Betrieb dieser Abteilung des BGS-Stützpunktes Forst gestört werden.
Mit dieser symbolischen Maßnahme wollen wir folgendes klarstellen:

"Alle gegen rechts" reicht uns nicht

Wie die Presseberichterstattung um das Grenzcamp 2000 und auch das völlig neue "kooperative" Verhalten von Polizei und BGS dem Camp gegenüber zeigen, sollen die Aktivitäten rund um das Grenzcamp für das bisher weitgehend wirkungslos gebliebene Konzept "Tolerantes Brandenburg" vereinnahmt werden. "Alle gemeinsam gegen rechts" scheint das Gebot der Stunde zu sein, obwohl Brandenburg schon lange als das Bundesland bekannt ist, in dem es die meisten und brutalsten Angriffe gegen ausländische und "andersaussehende" Menschen gibt. Verstärkt wird dieses Bild medienwirksam durch aktuelle Kampagnen "gegen rechte Gewalt" von SPD und Bündnis90/Die Grünen nach den Anschlägen von Ludwigshafen und Düsseldorf. Wir halten das für Heuchelei. Es geht dabei wieder einmal nur um den in Verruf geratenen "Wirtschaftsstandort Deutschland". Denn welcher potentielle "Greencard"-Besitzer will schon das Risiko eingehen, gleich nach Ankunft zusammengeschlagen oder gar Opfer eines Anschlags zu werden.

Rassismus zeigt sich nicht nur im Anpöbeln, Jagen und Erschlagen von ausländischen und anders lebenden Menschen, sondern auch in der weit verbeiteten Meinung, daß nach Deutschland und Westeuropa geflohene Menschen von Arbeit, menschenwürdigen Wohnungen und sozialen Leistungen ausgeschlossen werden dürfen. Andere, die versuchen, die Grenzen der "Festung Europa" zu überwinden, sollen nicht mehr hereingelassen werden. Wenn sie es dann doch versuchen, werden sie als "Illegale" abgestempelt, von Bundesgrenzschutz und Polizei sowie Teilen der Bevölkerung gejagt. Die Abschottung der Grenzen wird von der deutschen Regierung, auch der jetzigen rot-grünen, gefordert und vorangetrieben. Hierfür werden Gesetze erlassen und verschärft, welche das Leben der hier lebenden Flüchtlinge unerträglich machen sollen. Viel mehr, als daß damit Menschen von der Flucht abgehalten werden, werden große Teile der deutschen Bevölkerung in ihren rassistischen Ansichten bestärkt. Und Nazis und andere Rassisten fühlen sich umsomehr ermutigt, zuzuschlagen.

Europaweit wird unter Führung der Bundesrepublik an einer "Harmonisierung" der Gesetze gearbeitet, welche z.B. Menschen, die Flüchtlingen dabei helfen, die Grenzen zu überwinden und sich in Sicherheit zu bringen, mit immer härteren Strafen bedroht. Ohne diese - meist sehr aufwendige und teure - Fluchthilfe ist es so gut wie unmöglich, nach Deutschland und Europa zu kommen, um z.B. einen Asylantrag zu stellen.

Keine Toleranz für den BGS

Zwischen dem Status als "Illegaler" und dem des Asylbewerbers oder Flüchtlings stehen der Bundesgrenzschutz und seine Helfershelfer. Der BGS wird ständig mit mehr Personal und teurem Gerät aufgerüstet. Seine Machtbefugnisse wurden erweitert, vor allem an der ostdeutschen Grenze, aber auch auf Bahnhöfen und Flugplätzen. So ist der Bundesgrenzschutz ermächtigt, innerhalb von 30 km entlang der Grenzen Wohnungen und Häuser zu betreten, in denen Flüchtlinge oder ihre Helfer versteckt sein könnten. Jeder ausländisch aussehende oder nicht deutsch sprechende Mensch, der sich innerhalb dieses Grenzbereichs aufhält, darf "verdachts- und ereignisunabhängig" festgenommen werden. "BGS-Inspektionen" wie in Forst und Guben sollen bestimmte Grenzabschnitte überwachen. Dabei wird dem einzelnen Beamten mehr Spielraum für eigenmächtiges Handeln übergeben. Was dies für festgenommene Flüchtlinge bedeutet, ist uns aus Berichten von Betroffenen und Zeugen bekannt. Auf Formularen, welche angeblich der "Ermittlung des Einreisezwecks" dienen, kommt das Wort "Asyl" nicht vor. Üblich bei den Verhören sind Beleidigungen und Bedrohungen, nicht selten auch Mißhandlungen. Generell werden die Festgenommenen fast sämtlichen Bargeldes beraubt und mittellos zurückgeschoben. Moderne Wegelagerei von Staats wegen - die Täter: BGS-Beamte.

Unser Gegner ist das Grenzregime

Die Propaganda der Politiker und Medien vom Strom der "Illegalen", von den "gefährlichen Schlepperbanden" und "Menschenhändlern" begleitet und verstärkt diese Macht des BGS. Unterstützung findet der BGS bei "ganz normalen" Bürgern, die sich an der Jagd auf Flüchtlinge und fremd aussehenden Menschen beteiligen. Stichworte dafür sind: "Bürgertelefone" des BGS, "Sicherheitspartnerschaften" und Bügerwehren, wie vor zwei Jahren in Forst bekannt geworden. Erzeugt wird ein Klima gegenseitiger Bespitzelung; jeder ausländisch aussehende Mensch wird so zum potentiellen Kriminellen. Die Folge ist, daß es für Flüchtlinge immer schwieriger und gefährlicher wird, die Grenzen zu überschreiten. Mehr als 60 Menschen sind bereits an den deutschen Ostgrenzen zu Tode gekommen. Viele ertranken in Oder und Neiße. Ihre Leichen wurden u.a. in Guben, Forst, Eisenhüttenstadt und Bad Muskau gefunden. Bei seinen Einsätzen veranstaltet der BGS regelrechte Hetzjagden mit Hubschrauber und Nachtsichtgeräten. Vor zwei Jahren, bei Freiberg in Sachsen, provozierte der BGS mit einer wilden Verfolgungsjagd den schweren Unfall eines mit Kosovo-Flüchtlingen besetzten Kleinbusses, bei dem mehrere der Insassen starben. Fast alle der z.T. schwer verletzten Überlebenden wurden schnellstmöglich nach Tschechien zurück geschoben.

Das reibungslose Zusammenspiel aus Menschenjagd durch den BGS, rassistischer Denunziation und Pogrombereitschaft durch Teile der deutschen Bevölkerung sowie die soziale Ausgrenzung von Flüchtlingen und MigrantInnen nennen wir das Grenzregime.

Mit der heutigen "unangemessenen" Aktion wollen wir folgenden Wünschen Ausdruck verleihen:

Ersatzlose Auflösung des BGS!
(Sucht Euch endlich einen anständigen Job! Oder werdet rechtschaffen arbeitslos von unseren Steuergeldern.)

Grenzen auf und ein herzliches Willkommen allen, die herein wollen!

"Denn die Möglichkeit,
sich frei zu bewegen,
ist ein Glück,
welches es zu teilen gilt!"

(Motto des Grenzcamps 2000)


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