Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
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anonym
[31.07.2000]

BGS gleich Menschenjäger!

Am Donnerstag den 30.07.98 verunglückte ein Transporter mit 27 Flüchtlingen aus dem Kosovo bei Freiberg in Sachsen. Sieben Menschen starben bei dem Versuch, die bestbewachte Außengrenze der europäischen Union zu überwinden. Alle anderen wurden verletzt, die meisten schwer. Die Umstände, die zu dem schrecklichen Unfall führten, sind Ausdruck der Erprobung menschenverachtender Praktiken, die angeblich "nur" der Optimierung der Grenzsicherung dienen. So wird nach dem Konzept des Grenzschleiers mit sogenannten Auffanglinien experimentiert, an denen Menschen bzw. ihre Fahrzeuge nach festgelegten Kriterien sortiert, und durch Kontrollen ausgesondert werden sollen. Diese orientieren sich an rassistischen Schemata wie Hautfarbe oder Sprache und sind um Merkmale erweitert, die sich aus den Fluchtumständen ergeben: verschmutzte Kleidung, Reisetaschen, Autos mit von der Kleinfamilien-Norm abweichender Besetzung, Transporter, die sich zur Mitnahme von Flüchtlingen eignen usw. In jener Nacht lag die Auffanglinie etwa 10 km von der deutsch-tschechischen Grenze entfernt. Weißenborn liegt 26 km hinter der Grenze. Das heißt der BGS hat über eine etwa 16 km lange Strecke das ihnen verdächtig erscheinende Fahrzeug verfolgt. Aussagen der Verletzten KososvoalbanerInnen sprechen dafür, dass es sich um eine regelrechte Verfolgungsjagd gehandelt hat. Außerdem fanden sich an der Unfallstelle in Weißenborn Bremsspuren von zwei Fahrzeugen.

Der Grenzschutz versuchte alles, um den allzu berechtigten Vorwurf der Menschenjagd gar nicht erst öffentlich werden zu lassen: Für die im Kreiskrankenhaus Freiberg befindlichen Flüchtlinge wurde Besuchsverbot erlassen. Selbst Angehörige, Ausländerbeauftragte und Anwälte erhielten keinen Zugang. Auch das Herausfinden von Namen und des Zustands der anderen Flüchtlinge wurde vom BGS zunächst weitgehend unterbunden. Nach etwa zwei Wochen ging der BGS dazu über, Verletzte, deren Gesundheitszustand es zuließ, in Haftkrankenhäuser zu verlegen. Der Versuch die Flüchtlinge verschwinden lassen zu wollen, ging so weit, dass der BGS schon am Tag nach dem Unfall drei der Verletzten abschieben wollte. Zwei von ihnen waren noch so stark verletzt dass die tschechischen Beamten sich weigerten, die Männer aufzunehmen. Die tschechischen Behörden weigerten sich aus humanitären Gründen Verletzte des Unfalls zurückzunehmen. Trotz dieser Tatsachen und zahlreicher Proteste gelang es dem BGS leicht, die zwei Kosovoalbaner über die Grenze nach Tschechien zu bringen. In den offiziellen Rückübernahmelisten der tschechischen Seite tauchten die beiden nicht auf.

Da zur gleichen Zeit das erste Aktionscamp der Kampagne "kein Mensch ist illegal" bei Görlitz stattfand, konnten die dort Anwesenden sofort reagieren und führten eine Demonstration in Freiberg durch. Zum einjährigen Gedenken wurde von Freiberger Jugendlichen ein Holzkreuz aufgestellt und eine Mahnwache an der Unfallstelle abgehalten. Am selben Tag weihte der Freiberger Bürgermeister ein Bismarckdenkmal zusammen mit der rechtsextremen Burschenschaft "Glück Auf" ein, anstatt sich an der Mahnwache zu beteiligen. Das Holzkreuz wurde am nächsten Tag von Faschos zerstört. Es wurde ein neues Kreuz aufgestellt, welches bis zum heutigen Tag nicht seine nötige Beachtung findet und an dem regelmäßig Müll abgestellt wird. Das verdeutlicht wieder einmal den rassistischen Konsens.

Wir trauern um sieben Flüchtlinge

Isuf Kosumi
Shaban Shalaku
Arton Dauti
Lumni Brahimi
Valdet Rezita
Sali Emini
Zaim Dauti

die bei dem Versuch, dem Krieg in ihrer Heimat zu entrinnen und in unserem Land vorübergehend Sicherheit zu finden, ums Leben gekommen sind. Sie stehen stellvertretend für alle Menschen, die aus der Not heraus Aufnahme bei uns suchen, die ihnen verwehrt wird.


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