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AEG, Klassenkampf und Selbstorganisierung

Zwei ganze Monate streikten die KollegInnen der AEG gegen die Werksschliessung. Zuerst in Eigenregie und ab dem 20. Januar gemeinsam mit der IG Metall. Diese bemühte sich von Anfang an nur um einen Sozialtarifvertrag, auch wenn sie verbalradikal vom Werkserhalt sprach. Die Solidarität der Bevölkerung war enorm. Deutschlandweit wurden Electrolux-Produkte zum Ladenhüter. Jeden Tag kamen andere Belegschaften, erklärten sich solidarisch und spendeten Geld. Nur die Politik hatte ein Problem mit dem Kampf der Belegschaft. Bereits am 31. Januar sah sich Edmund Stoiber genötigt einzugreifen. Denn das war "weit mehr als ein Tarifkonflikt", es ging, "um die Akzeptanz der Wirtschaftsordnung bei den Menschen" *.
Da hat er ganz Recht, der Kampf der Belegschaft war von Anfang an ein politischer Streik, war offener Klassenkampf. Denn im Kapitalismus ist es das wichtigste, dass das Privateigentum an Maschinen und Fabriken, den Produktionsmitteln nicht angetastet wird. Das heißt, dass Unternehmen selbst entscheiden, was, wann, wie, wo und mit wem produziert wird und damit auch, ob sie ein Werk schließen und die Produktion zur Profitsteigerung verlagern. Mit ihrem Streik, haben die KollegInnen an eben diesem Grundpfeiler des Kapitalismus gerüttelt.
Von Anfang an scheute die Gewerkschaft die Auseinandersetzung. Bereits im September wurde deutlich, dass das Werk geschlossen werden soll. Trotzdem ließ sie die ArbeiterInnen das Weihnachtsgeschäft produzieren. Sie bot Mitte November sogar an, dass die Hälfte der KollegInnen geht, damit der Rest eine Beschäftigungsgarantie bis 2010 erhält. Selbst nach Bekanntgabe der Werksschließung setzte sie noch auf Verhandlungen und mobilisierte lediglich zu einer Protestkundgebung.
Aber gegen Werksschließungen und Massenentlassungen helfen kein bitten und betteln. Auch Protest allein genügt nicht. Denn wie die 68er schon wussten: Protest ist, wenn ich sage, das passt mir nicht. Widerstand ist aber, wenn ich gemeinsam mit allen anderen dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht. Für den Widerstand sorgte die Belegschaft mit ihrem wilden Streik vor und nach Weihnachten. Erst dies bewegte die Gewerkschaft, ebenfalls den Streik aufzunehmen. Aber wie die KollegInnen der AEG bitter erfahren, ist es schwierig, erfolgreich Widerstand unter Leitung gewerkschaftlicher CO-ManagerInnen und anderen StellvertreterInnen zu leisten. Die eigenen Interessen müssen selbst vertreten werden!
Solange ein Werk alleine kämpft, wird es sich kaum durchsetzen können. Aber im Falle der AEG standen fast alle Beschäftigten hinter ihnen. Denn jede und jeder weiß mittlerweile, dass auch trotz Lohnverzicht und steigenden Gewinnen ihre Arbeitsplätze nicht sicher sind. Viele sind bereit, für ihre Interessen zu kämpfen. Dies zeigen die Dauer und zunehmende Häufigkeit aktueller Streiks, wie z.B. bei CGN, Gate Gourmet, im öffentlichen Dienst und bei der AEG.
Die KollegInnen der AEG sind sehr weit mit ihrem Kampf gegangen. Jeder Streiktag hat Electrolux 4 Millionen gekostet, der Umsatz ist um 46% eingebrochen. Auch die europaweite Solidarität hat dem Konzern geschadet. Dieses Mal ist es der Gewerkschaft noch mit massivem Druck und Manipulationen bei der Urabstimmung gelungen, den Klassenkampf der KollegInnen abzuwürgen. Aber sie hatte bereits große Mühen. So verzögerte sich die Wiederaufnahme der Arbeit um eine Woche, weil ein Großteil der KollegInnen lieber bis zum Erhalt der Arbeitsplätze gekämpft hätte.
DGB-Vorstand Dietmar Hexel meinte gegenüber der Netzeitung** über den damals noch wilden Streik: "Was da passiert, kann dazu führen, dass sich die Menschen radikalisieren, wenn es bei dieser Politik bleibt" (...) Das könne auch Einfluss auf die Arbeit der Arbeitnehmerorganisationen haben, wenn etwa `bei Betriebsratswahlen radikalere Gruppen gewählt werden und diese die Gewerkschaftsarbeit mitbestimmen". Sorgen wir dafür, dass er Recht behält und in mehr Betrieben Kämpfe ausbrechen, die der Politik und den staatstragenden Gewerkschaften Kopfschmerzen bereiten.

* Stoiber zitiert in SZ 31.Januar 2006 S.33
** www.netzeitung.de/arbeitundberuf/375846.html (Meldung vom 4. Januar 2006)






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