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JANUAR 2004


Repression - Klassenjustiz - Solidarität




Freiheit für Marco und Daniel!

Unter diesem Motto fanden am Abend des 16. Dezember 2003 fast zeitgleich spontane Solidaritäts-Demonstrationen in Halle, Dessau, Göttingen, Marburg, Dresden und Nürnberg statt. Der Grund: Einige Stunden zuvor wurde in Halle das Urteil gegen 3 Magdeburger Linke verkündet. Marco und Daniel, 2 linke Aktivisten und Mitglieder des „Autonomen Zusammenschlusz Mageburg“ erhielten wegen „gemeinschaftlicher Brandstiftung in 4 Fällen“ eine Freiheitsstrafe von 2 bzw. 2,5 Jahren. Der Dritte, Carsten, musste aufgrund mangelnder Beweise freigesprochen werden. Bereits über ein Jahr zuvor, Ende November 2002 wurden Marco und Daniel festgenommen und ein Ermittlungsverfahren wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ nach § 129a StGB eingeleitet, in das die gesamte Magdeburger Linke einbezogen wurde. Zwischen August 2001 und März 2002 hatten Unbekannte u.a. Brandanschläge auf Fahrzeuge von Daimler Chrysler, der Telekom, des BGS sowie auf das LKA-Gebäude in Magdeburg verübt. In einem fast zweimonatigen lupenreinen Indizienprozess zerfiel das aufgebaute Terroristenkonstrukt der Bundesanwaltschaft von Tag zu Tag immer mehr, schließlich musste das Gericht die 3 Angeklagten am 21. November 2003 während des Prozesses aus der Untersuchungshaft entlassen, da, so das zuständige Oberlandesgericht Naumburg, nicht mit einer Verurteilung nach §129a StGB zu rechnen sei. Um so überraschender war für viele dann das Urteil, das sich u.a. auf unterstrichene Textstellen in Büchern, die politische Gesinnung der Angeklagten und aufgefundene Kabel, Fahrradlampen und Batterien in der Wohnung eines Angeklagten stützt. Skandalträchtig waren auch die Begründungen des zuständigen Richters zum Urteil. Er scheute dabei nicht einmal den Vergleich mit Bücherverbrennungen und Pogromen im Nationalsozialismus und meinte allen ernstes hier den „Anfängen wehren zu müssen“! Im Gegensatz zu den sonderbaren Begründungen des Richters dürfte die Rote Hilfe in ihrer Einschätzung schon richtiger liegen, in dem sie von einem klassischen Gesinnungsurteil gegen Linke spricht. Im Verfahren ging es von Anfang an um die Zerschlagung und Kriminalisierung öffentlicher linker Strukturen in Magdeburg und die Einschüchterung von linken AktivistInnen durch massive staatliche Repression. Im Prozess konnten keinerlei Beweise gegen die Angeklagten vorgebracht werden, sondern lediglich Konstruktionen, Indizien und Unterstellungen, gepaart mit dem politischen Willen, zu einer Verurteilung zu kommen.

Sowohl Verteidigung als auch die Bundesstaatsanwaltschaft sind nach der Urteilsverkündung in Revision gegangen, dies bedeutet, dass die Angeklagten bis zur Rechtskräftigkeit des Urteils auf freiem Fuß bleiben, aber eventuell auch mit neuen Repressionen zu rechnen ist, da es weitere Beschuldigte gibt und die BAW sicherlich an einer Verurteilung nach §129a StGB festhalten will. Solidarität ist also weiterhin gefragt. (Infos unter www.soligruppe.de)




Für die Freiheit der baskischen politischen Gefangenen

Vom 5. bis 10. Januar 2004 finden in zahlreichen europäischen Großstädten zeitgleich europaweite Hungerstreik-Aktionstage von Angehörigen der Gefangenen aus dem Baskenland statt. Alleine in Berlin werden über 40 Angehörige erwartet, um hierzulande auf die Lage der baskischen politischen Gefangenen hinzuweisen und als eine Reaktion auf den Ausnahmezustand, den der spanische und französische Staat über das Baskenland verhängt hat. Denn heute gibt es mehr baskische politische Gefangene als während der Franco-Diktatur (derzeit über 700), seit dem Ende der Diktatur waren die Haftbedingungen niemals so extrem wie heute. Immer häufiger wird in den Gefängnissen gefoltert und mit der Höchststrafe von 40 Jahren wurde faktisch die lebenslange Haft eingeführt. Zur Verdeutlichung: Das Baskenland hat weniger EinwohnerInnen als Berlin. Nirgends in Europa ist der Anteil der politischen Gefangenen an der Gesamtbevölkerung so hoch wie im Baskenland und weltweit wohl nur in wenigen Fällen. Anlaufstelle für die Hungerstreik-Aktionstage in Berlin ist das Thomas-Weißbecker-Haus (Wilhelmstr. 9), nähere Infos zu Begleit-Veranstaltungen und Kundgebungen am Luxemburg-Liebknecht-Wochenende gibt´s unter www.rote-hilfe.de/berlin

Bereits Mitte Dezember reisten mehrere AktivistInnen der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung durch Europa, um auf Veranstaltungen über die aktuelle Lage im Baskenland zu informieren und auf die Hungerstreik-Aktionstage aufmerksam zu machen. Bei einem nichtangekündigten und spontanen Kurzbesuch in Nürnberg diskutierten über 30 Menschen im Metroproletan in Gostenhof mit den baskischen Aktivisten über die aktuelle Lage und die Ausrichtung ihres Befreiungskampfes. Unabhängigkeit und Sozialismus lautet weiterhin ihr hochgestecktes Ziel und der gemeinsame Kampf für ein Europa der Menschen und nicht des Kapitals.

P.S.: Im Stadtteilladen Schwarze Katze gibt es seit kurzem eine 16seitige deutschsprachige Broschüre des Kollektivs der baskischen politischen Gefangenen, kurz EPPK, die detailliert über die Situation der politischen Gefangenen informiert.

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