Aussageverweigerung
Tausend Augen (Teil IV)

Observation - und was du dagegen tun kannst

Teil I Observationsmethoden
Teil II Was kannst du konkret tun - 1. Allgemeine Vorsicht
Teil III Was kannst du konkret tun - 2. Wie stelle ich eine Observation fest

3. Was tun, wenn ich eine Observation bemerkt habe

Wenn du dir sicher bist, eine Observation bemerkt zu haben, willst du natürlich wissen, ob sie etwas mit dir zu tun hat. Gibt es dafür weder Anhaltspunkte noch Gegenbeweise, kannst du mit einer Gegenobservation versuchen, Genaueres herauszubekommen. Dazu brauchst du ein paar Leute, denen du vertraust und die über eine gute Beobachtungsgabe verfügen. Dann arbeitest du einen Weg aus, den du zu einer bestimmten Zeit zurücklegen wirst. Dieser Weg sollte so gestaltet sein, daß er sich gut in deinen Alltag einfügt, damit etwaige Observantinnen nicht merken, wie der Hase läuft. Der Weg sollte außerdem ein paar Biegen haben, damit ausgeschlossen werden kann, daß z. B. ein Auto nur zufällig hinter dir dieselbe Strecke fährt. Die Strecke muß nicht besonders lang sein. Sie sollte nicht dauernd Hauptverkehrsrouten folgen, aber auch nicht zu sehr um sich selbst kreiseln, da es sonst passieren kann, daß die Observationsgruppe einfach einen Ring drumherum bildet. Es können kurze Stopps eingebaut werden, durch die dann auch plötzliche Richtungswechsel plausibel werden. Z. B. bewegst du dich zuerst zu einem Copy-Shop und kopierst dort etwas, dann biegst du ab quer zur bisherigen Richtung und fährst zu einem Briefkasten, in den du etwas einwirfst. Dann kannst du wieder die Richtung wechseln und kaufst in einem Laden eine Zeitung. Am besten ist es, die Strecke in einem Auto zurückzulegen, denn dann wirst du auch von Fahrzeugen verfolgt und nicht zu Fuß. Die Fahrzeuge sind leichter und genauer zu beschreiben als Personen. Da du ja herausbekommen willst, ob jemand hinter dir her ist, macht es natürlich keinen Sinn zu versuchen, mögliche Verfolgerinnen abzuhängen. Auch solltest du vermeiden, selbst zu checken, das machen ja andere für dich. Deine Verfolgerinnen sollen sich möglichst sicher fühlen.
Die festgelegte Route hast du deinen Genossinnen vorher mitgeteilt. Wenn es dir zu gefährlich erscheint, dich direkt mit ihnen zu treffen, mußt du einen anderen Weg der Übermittlung finden. Am einfachsten ist es aber, den Weg mit Leuten abzuklären, mit denen du problemlos und unverdächtig zusammenkommen kannst und die mit großer Wahrscheinlichkeit selbst nicht observiert werden. Deine Freundinnen postieren sich dann möglichst unauffällig zum angegebenen Zeitpunkt entlang der von dir zurückzulegenden Strecke. Sie notieren genau, wann du vorbeikommst und was sich hinter dir alles bewegt: Autos, mit Uhrzeit, Kennzeichen, Farbe, Modell. Hinterher werden die Beobachtungen zusammengetragen. Wirst du wirklich observiert, müßte sich das daran zeigen, daß an den verschiedenen Stellen die gleichen Personen oder Autos gesehen worden sind. Wahrscheinlicher ist aber, daß deine Genossinnen die Observantinnen unmittelbar erkannt haben, denn um an dir dranzubleiben, müssen sie manchmal mit hohem Tempo und unter Mißachtung der Straßenverkehrsordnung durch die Straßen jagen. Für sie ist das wichtigste, an dir dranzubleiben, dabei aber nicht von dir gesehen zu werden. Da bleibt dann wenig Raum für Rücksichtsnahme auf andere VerkehrsteilneimerInnen.
Natürlich bleibt immer eine Restunsicherheit. Es könnte sein, daß du einen Peilsender am Auto hast und die Observierenden deswegen einen größeren Abstand gehalten haben (aber hinterherkommen tun sie trotzdem!). Oder aber sie waren erst an dir dran, haben dich dann aber verloren. Oder sie haben wenige Minigen bevor du die Route abgefahren bist, Feierabend oder Mittagspause gemacht. Deswegen kannst du über eine Gegenobservation immer nur darüber Gewißheit erlagen, ob sie an dem speziellen Zeitpunkt an dir drangehangen haben. Trotzdem hast du gute Chancen, wenn du Zeit und Ort gut wählst, dadurch eine ausreichende Gewißheit für deine unmittelbaren aktuellen Vorhaben bekommen.
Du kannst auch wenn du alleine bist versuchen, etwas herauszubekommen. Dann fahre mit dem Auto oder mit dem Fahrrad eine vorher überlegte Route, die dir folgende Möglichkeiten bieten sollte: Du solltest überraschende Wendemanöver machen können - möglichst mit einer plausiblen Erklärung, z. B. eine fehlende Linksabbiegemöglichkeit. Oder du wählst eine lange, gerade Strecke ohne Abbiegemöglichkeit aus, auf der du dann plötzlich am Straßlenrand anhältst. In beiden Fällen sind deine Verfolgerinnen gezwungen, an dir vorbeizufahren, wenn sie dir nicht auffallen wollen. Du kannst dir dann Autos, Kennzeichen, Gesichter versuchen einzuprägen und den ganzen Vorgang an anderer Stelle noch einmal wiederholen, um zu sehen, ob es irgendwelche Übereinstimmungen bei den vorbeifahrenden Fahrzeugen gibt. Um diese Form der Gegenobservation durchzuführen, mußt du allerdings schon in der Lage sein, dich so zu verhalten, daß die Bullen nicht merken, was du gerade mit ihnen machst. Das erfordert vor allem die Fähigkeit, auch in einer für dich angespannten Situation ruhig zu bleiben. Außerdem mußt du schon einen "Riecher" für Bullenautos haben, denn du kannst dir meist unmöglich die Kennzeichen aller vorbeifahrende Fahrzeuge merken.

Wenn du herausgefunden hast, daß die Observation tatsächlich dir gilt, mußt du deine nächsten Schritte in Ruhe überlegen. Das solltest du nicht alleine tun, sondern mit einigen wenigen, dir vertrauten Menschen.

Wenn du observiert wirst
ist es sinnvoll, sich an folgende Grundregeln zu halten:
Der schlimmste Fall für die Oberservantinnen ist die Zielperson, die den Spieß umgedreht hat und ihrerseits die Observierenden unter Kontrolle hat!
Der schlimmste Fall für dich ist Leichtsinn und Kopf-in-den-Sand-stecken! Aber der zweitschlimmste Fall ist Panik und Lähmung!

Setzen wir Wissen gegen Paranoia!

All denen, die gesucht oder observiert werden, wünschen wir alle nötige Kraft - laßt euch nicht verhärten in dieser harten Zeit!

(Quelle: radikal nr. 153, Nowmber 1995)

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kombo(p) | kombo@riffraff.ohz.north.de | 27.6.1997