Aussageverweigerung
Tausend Augen (Teil III)

Observation - und was du dagegen tun kannst

Teil I Observationsmethoden
Teil II Was kannst du konkret tun - 1. Allgemeine Vorsicht
Teil IV Was kannst du konkret tun - 3. Was tue ich, wenn ich eine Observation bemerkt habe

2. Wie stelle ich eine Observation fest

Angenommen, du hast etwas vor und siehst dich deswegen in der Gegend um. Oder du hast gerade nichts zu tun und gehst aufmerksam spazieren. Wie kannst du bemerken, ob eine Observation in der Ecke läuft:
Am auffälligsten sind die Autos. In diesem einen Fall können wir mal über die Auto-Gesellschaft froh sein, in der wir leben. Autos sind gut zu identifizieren und lassen sich unmißverständlich beschreiben durch das Modell, die Farbe und das Kennzeichen. Fast alle Observationen laufen mit Autos, die Zivis, die zu Fuß unterwegs sind, sind meist ausgestiegene Beifahrerinnen. Das Auto hat für die Bullen diverse Vorteile: Sie können ihre Funkgeräte und sonstiges Material (Fotoapparat, Wechselklamotten) gut verstecken. Sie können laut sprechen und Funksprüche hören, ohne daß es Außenstehenden auffällt. Sie können schnell mal den Ort wechseln. Sie sitzen bequem, können vielleicht sogar mal ein Nickerchen machen, wenn eine Observation sich hinzieht, ohne daß viel passiert. Natürlich gibt es auch Observationen zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Motorrädern, die sind dann auch meistens schwerer zu erkennen.
In der Regel sind die Observationsfahrzeuge sauber und gepflegt. Es sind alle möglichen Automodelle in allen möglichen Farben. meist PS-starke Versionen, aber keine aufgemotzten oder sonstwie auffälligen Typen. Rechne nicht damit, daß du irgendwelche technischen besonderheiten siehst, wie Funkgerät, Funkantenne oder so etwas. Die Zeiten, in denen so etwas die Zivi-Autos verraten hat, sind vorbei. Selbst bei "Derrick" haben heutzutage die Autos "Freisprech"-Anlagen, bei denen die Meldung von einem versteckten Raummikrofon aufgenommen wird und das Funkgerät z. B. im Handschuhfach versteckt ist.
Wenn du nun also spazierengehst, kommst du vielleicht an einem Auto vorbei, das dir auffällt. Du guckst aus dem Augenwinkel genauer hin und siehst: Der Wagen ist sauber, er hat eine Antenne, es sitzt jemand drin und liest ein Buch. Ansonsten sieht der Wagen ganz normal aus.
Oder es sitzen zwei Leute drin, haben die Sitzlehnen halb heruntergekurbelt und dösen vielleicht vor sich hin. Oder es sitzt jemand drin und blickt konzentriert in eine bestimmte Richtung.
Vieileicht siehst du aber auch nur einen Mann oder eine Frau mit Walkman-Kopfhörern, der/die unmotiviert an einer Ecke steht.
Kurz darauf rollt langsam ein Auto an dir vorbei, in dem zwei junge Typen sitzen und interessiert aus dem Fenster sehen.
Dann, zwei Ecken weiter, stehen zwei Autos nebeneinander, daneben stehen' zwei Pärchen, rauchen und quatschen. Wahrscheinlich haben sie normale, sportliche Freizeitklamotten an, ebensolche Schuhe. Weder haben sie "Bullengesichter", noch sehen sie besonders kräftig aus. Aber vielleicht piepst es gerade aus dem einem Auto, wenn du vorbeigehst.
Jetzt hast du möglicherweise schon die zwei wesentlichen Punkte der Observation gesehen: Zum einen die Beobachtungsposition für den Zielort bzw. die Zielperson, zum anderen die Observationskräfte, die sich für eine Verfolgung der Zielperson bereithalten.
Die Beobachtungsposition ist von Centraler Wichtigkeit für die Observation. Deswegen muß diese auch besonders unauffällig sein. Wird diese Position von Leuten in einem Auto besetzt, werden die Insassen vielleicht die Sitzlehnen herunterkurbeln, damit sie bequemer sitzen und von weitem nicht so gut gesehen werden können. Oder sie beschäftigen sich zur Tarnung mit etwas, z. B. lesen Zeitung. Die Beobachtungsposition kann auch zu Fuß gemacht werden. Dann sitzt vielleicht jemand in einem Café mit Blick auf die Haustür der Zielperson und meldet nur kurz, wenn die betreffende Person das Haus verläßt.
Wenn du ein Auto siehst, in dem ein oder zwei Leute sitzen, die konzentriert in eine Richtung gucken, kannst du schon relativ sicher sein, die Beobachtungsposition gefunden zu haben. Diese Position wird, wenn sie nicht gut getarnt ist, normalerweise in einer Entfernung von ihrem Ziel stehen, von der aus sie selbst das Ziel ganz gut im Blick hat, aber selbst außerhalb des unmittelbaren Blickfeldes der Zielperson ist. Das sind i.d.R. ca. 40 bis 80 Meter.
In gewisser Entfernung halten sich die anderen Observantinnen auf. Sie müssen aber doch noch so nah dran sein, dag sie schnell am Start sind, wenn es notwendig wird. Sie werden also darauf achten, daß sie verkehrstechnisch gut angebunden sind und mögliche Fahrtwege der Zielperson schnell erreicht werden können. Vermutlich stehen sie um ein, zwei Ecken, etwa 200 bis 400 Meter entfernt. Wenn sie die Sache lockerer angehen, versammeln sie sich auch mal mit mehreren Autos, steigen aus, quatschen. Es kann aber auch sein, daß sie sich getrennt voneinander aufstellen und einen Ring um das Ziel bilden. Wichtig sind auch Plätze, wo sie sich ungestört treffen und besprechen können, z. B. Sackgassen oder Parkplätze.
Von Zeit zu Zeit werden die Autos ihre Positionen ändern. Dann fährt das Auto, das zuerst die Beobachtungsposition hatte, zu den anderen in Bereitschaft stehenden Wagen und ein anderes Auto nimmt die erste Position ein. Ist die Parkplatzsuche schwierig, wartet das erste Auto, bis das es ablösende Auto kommt und überläßt ihm dann den Parkplatz.

Folgende Punkte sind ein Hinweis, daß eine Observation am laufen sein kann:

Wenn du davon ausgehst, eine Observation entdeckt zu haben, ist der zweite Schritt, herauszufinden, wo das Zielobjekt der Observation ist. Um die Beobachtungsposition herauszubekommen, kannst du sie entweder direkt suchen, also nach jemandem Ausschau halten, der/die konzentriert einen Ort ansieht, oder du überlegst, welche Orte sich in der Umgebung befinden, die observiert werden könnten und suchst in der Nähe dieser Orte. Wenn du das Objekt der Begierde nicht herausfindest, kannst du nicht viel mehr machen, als in der folgenden Zeit aufmerksam durch die Gegend zu laufen. Ohne Identifizierung des Zieles ist eine Observation ein unkalkulierbares Ereignis für dich. Dementsprechend solltest du dich darauf beschränken sicherzustellen, daß es nicht um dich oder dir bekannte mögliche Zielpersonen/-objekte geht.
Kannst du die Beobachtungsposition ausfindig machen, versuche als nächstes, die Blickrichtung zu erkennen. Zwar weißt du, daß das Ziel sich in einer gewissen Entfernung befinden muß, du weißt aber nicht, ob es sich um ein Haus, ein Auto oder noch etwas anderes handelt. So kann es sich z. B. auch um eine Auto handeln, daß 100 Meter weit entfernt geparkt ist, aber auch noch auf die Entfernung gut gesehen werden kann, wenn es losfährt. Du kannst zuerst versuchen, mögliche Ziele auszuschließen. Dazu gehören alle Objekte in unmittelbarer Nähe der Beobachtungsposition, also die zwei bis drei Hauseingänge, Kneipen oder Läden direkt bei der Beobachtungsposition. Bedenke aber dabei, daß von einem Auto aus auch über Rück- und Außenspiegel gearbeitet werden kann. Trotz dieser Anhaltspunkte ist die Chance, das genaue Zielobjekt herauszufinden, sehr gering. Zumindest kannst du es aber örtlich einigermaßen eingrenzen und vor allem kannst du einschätzen, ob deine eigene Haustür, dein Auto oder Fahrrad oder das deiner Genossinnen betroffen sein könnten.
Kommst du zu der Einschätzung, daß dein eigener Hauseingang im Bereich des Blickfeldes liegt, wird dein Adrenalinspiegel wahrscheinlich erst einmal nach oben jagen. Trotzdem: bleib ruhig. Bisher sind es nur Vermutungen. Es gibt viele andere Möglichkeiten neben der, daß es um dich persönlich geht. Allerdings ist es sinnvoll, wenn eine Observation deiner Haustür nicht auszuschließen ist, gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Z. B.: gibt es Leute. die beim Betreten des Hauses besser nicht von Zivis gesehen werden sollten? lagern Sachen bei dir zu Hause, die dir in so einer Situation unangenehm werden? möchtest du selber lieber nicht als Anwohnerin des Hauses identifiziert werden? Du muß also anfangen zu überlegen, wie du dich weiter verhalten sollst: Die Gefahr ignorieren, Leute warnen, Gegenmaßnahmen ergreifen? Darum geht es im dritten Teil.

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