Zehn Jahre PKK-Verbot und kein Ende ?
Vorwort

Rainer Ahues
Was ist eine kriminelle, was eine terroristische Vereinigung?
Eine kurze Darstellung staatsanwaltlicher und gerichtlicher Feststellungen über "Substrukturen" innerhalb der PKK

Prof. Dr. Andreas Buro
PKK/KADEK-Verbot oder Versöhnungspolitik?

Dr. Rolf Gössner
Migrant(inn)en unter Generalverdacht?
Zu den Auswirkungen des staatlichen "Anti-Terror" - Kampfes

Michael Heim
Die Einbürgerung türkischer Staatsangehöriger und das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung

Mark Holzberger
War da was?
Das PKK-Verbot im Bundestag

Duran Kalkan
Kurden brauchen Anerkennung

Mehmet Demir
Kurdische Freiheit in und über Deutschland

Marei Pelzer
Asylrecht im Wandel
Von der Grundgesetzänderung zum Terrorismusbekämpfungs-gesetz

Dr. Heinz Jürgen Schneider
Der Anti-Terror-Paragraf 129a und seine Praxis

Monika Morres / Günther Böhm
Azadi - Freiheit - Özgürlük: Solidarität gegen Unterdrückung und Freiheitsberaubung

Dokumentation:
Urteil des Bundesgerichtshofs wegen Zuwiderhandelns gegen vereinsrechtliches Betätigungsverbot

Interview mit Engin Sönmez zum Prozess gegen Heyva Sor a Kurdistane

Abkürzungen

Autor(inn)enverzeichnis

Chronologie

erste Seite
 

Chronologie:

August 1986
Faruk Bozkurt wird in Hamburg verhaftet und damit der PKK ein angeblicher versuchter Sprengstoffanschlag auf das türkische Generalkonsulat angelastet.

Januar 1987
Gegen die PKK werden Ermittlungsverfahren nach §129a eröffnet.

22. Februar 1988
Bundesanwaltschaft erlässt Haftbefehl gegen zahlreiche PKK-Mitglieder.

24. Oktober 1989
Beginn des bislang grössten Prozesses wegen Terrorismus-Vorwurfs gegen PKK-Anhänger/innen in Deutschland (Düsseldorf).

26. März 1992
Waffenlieferungsstopp aus der BRD in die Türkei. Newroz-Delegationen belegen Waffeneinsatz gegen die Zivilbevölkerung.

31. März 1992
Bundesverteidigungsminister Stoltenberg tritt wegen illegaler Lieferung von 15 Leopard-I-Panzern Ende 1991 zurück.

1. August 1992
1. Internationales Kurdistan-Festival in Bochum.

23. September 1992
Bundesverteidigungsminister Rühe kündigt Lieferung neuer Flugzeuge, Geschütze und Panzer an die Türkei an.

23. Oktober 1992
Türkei gibt zu, aus Deutschland gelieferte Panzer für die PKK-Bekämpfung genutzt zu haben. Fotos belegen durch diese Panzer zu Tode geschleiften Gefangenen.

29. Mai 1993
Erste kurdische Großdemonstration in Bonn mit 100.000 Teilnehmer/innen für die friedliche Lösung der Kurdenfrage.

24. Juni 1993
Protestaktionen in europäischen Städten gegen türkische Vertretungen und Geschäfte, 14-stündige Besetzung des Konsulats in München.

7. Juli 1993
Bundeswehr-Generalinspekteur Naumann bezeichnet Kampf des türkischen Staates gegen die PKK als "völlig legitim".

4. November 1993
Protestaktionen in europäischen Städten gegen türkische Vertretungen und Geschäfte.

26. November 1993
Bundesinnenminister Kanther (CDU) verfügt das Verbot jeder Betätigung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Nationalen Befreiungsfront (ERNK), die Auflösung des Berxwedan Verlags GmbH, der kurdischen Nachrichtenagentur Kurd-Ha, der "Föderation der patriotischen Arbeiter- und Kulturvereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik e.V. (FEYKA Kurdistan)" sowie von 29 örtlichen kurdischen Vereinen und des "Kurdistan-Komitees e.V." in Köln.
Begründung u.a.: "Die Tätigkeit der PKK sowie ihrer Teilorganisationen ERNK, Berxwedan Verlags GmbH und Kurd-Ha verstößt gegen den Gedanken der Völkerverständigung, gefährdet die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland." Zur Erläuterung wird auf kurdische "Anschlagswellen" in der Bundesrepublik im Jahre 1992 sowie im Juni und im November 1993 verwiesen. Als Verbotsgründe werden weiter genannt "innerparteiliche gewaltsame Auseinandersetzungen" in der BRD 1987 und 1988. Im einzelnen heißt es dann: "Die von Anhängern/Sympathisanten der PKK/ERNK begangenen Straftaten in Deutschland und der Türkei mit dem Ziel, einen Teil des türkischen Staatsgebietes in einen noch zu gründenden kurdischen Staat zu überführen, erfüllen diese Voraussetzungen. Die Straftaten stören das friedliche Zusammenleben zwischen Kurden und Türken sowohl in der Türkei als auch in Deutschland." Zudem würden die kurdischen Aktionen in der BRD "das Verhältnis zum türkischen Staat" "erheblich" "stören". Türkische Stellen (ausdrücklich genannt wird u.a. die Ministerpräsidentin Tansu Ciller) hätten den Vorwurf erhoben, "die Bundesregierung dulde PKK-Aktivitäten auf deutschem Boden und kontrolliere sie nicht oder nur mangelhaft". (...) "Die politische Agitation der PKK und ihr nahestehender Organisationen hat zwischenzeitlich ein außenpolitisch nicht mehr vertretbares Ausmaß erreicht. (...) Diese Aktivitäten schädigen bereits heute Deutschlands Ansehen in der Türkei und die bilateralen Beziehungen erheblich." (...) "Eine weitere Duldung der PKK-Aktivitäten in Deutschland würde diese deutsche Außenpolitik unglaubwürdig machen und das Vertrauen eines wichtigen Bündnispartners, auf das Wert gelegt wird, untergraben." (aus der Verbotsverfügung).
Praktisch zeitgleich mit den Verboten eröffnet die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gegen eine unbekannte Zahl von kurdischen Politiker/innen Ermittlungsverfahren wegen Bildung bzw. Unterstützung einer "terroristischen Vereinigung".

10. Dezember 1993
In der Türkei lässt die Regierung Ciller die Büros der prokurdischen Tageszeitung Özgür Gündem überfallen und alle 210 Mitarbeiter/innen festnehmen.

Januar 1994
Eine kurdische Delegation in der BRD aus Mitgliedern der "Demokratie-Partei" (DEP) und des Menschenrechtsverein IHD, darunter der stellvertretende Vorsitzende der DEP, Remzi Kartal, der Bürgermeister der kurdischen Stadt Hakkari, Necdet Bulgan, der IHD-Vorsitzende Ercan Kanar u.a., kritisiert das PKK-Verbot als "Ermunterung" für den türkischen Staat bei seiner "Unterdrückungs- und Gewaltpolitik".

Anfang 1994
In der Türkei verkündet Ministerpräsidentin Ciller, 1994 werde man die PKK "auslöschen". Im Vorfeld der für den 27. März angesetzten Kommunalwahlen eskaliert der Terror gegen die DEP-Partei. Während einer Parteisitzung in Ankara explodiert eine Bombe: eine Person kommt ums Leben, 20 Menschen werden verletzt. Anfang März wird die Immunität der sechs Abgeordneten der DEP im türkischen Parlament aufgehoben, die Abgeordneten (darunter Leyla Zana, Hatip Dicle, Orhan Dogan u.a.) wegen "Separatismus" und Mitgliedschaft in bzw. Untersützung einer "bewaffneten Bande" (gemeint PKK) verhaftet.

20. März 1994
In der BRD eskalieren zum kurdischen Neujahrs- und Widerstandsfest "Newroz" die Konfrontationen der Polizei mit Kurd(inn)en. In fast allen Städten werden Newroz-Veranstaltungen verboten und anreisende Busse auf der Autobahn von der Polizei angehalten. Dabei kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen bis hin zu Selbstanzündungen von Kurd(inn)en. Besonders eskalieren die Auseinandersetzungen in Augsburg, wo CSU-Innenminister Beckstein die Stadt abriegeln und jeden Versuch der Kurd(inn)en, ihr Fest zu feiern, brutal angreifen lässt. Ca. 500 Personalienfeststellungen zur Einleitung von Ermittlungsverfahren sind die Folge; mindestens 17 Personen werden festgenommen, viele sollen so rasch wie möglich abgeschoben werden.
In Mannheim zünden sich zwei kurdische Frauen, Nilgün Yildirim und Bedriye Tas, aus Protest gegen die Verbote und die Verfolgung ihres Volkes an und sterben. Zur Verhinderung eines Trauerzugs in Mannheim zur Ehrung der Verstorbenen werden am 27. März bundesweit nach Presseberichten fast 32.000 Polizisten eingesetzt. Der Marsch mit ca. 10 000 Kurd(inn)en findet aber dennoch statt.

26. März 1994
Die BAW gibt die Verhaftung von mutmaßlichen “Gebietsleitern” im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens gegen eine angebliche "terroristische Vereinigung" innerhalb der PKK bekannt.

27. März 1994
Gründung von YEK-KOM (Föderation kurdischer Vereine in Deutschland).

März 1994
Die belgische Regierung erklärt, sie werde trotz Drängens der Türkei kein PKK-Verbot verhängen.

8. April 1994
Waffenlieferungen aus Deutschland an die Türkei werden eingestellt wegen des Vorwurfs, deutsches Kriegsmaterial werde gegen Kurd(inn)en eingesetzt.

12. April 1994
Das "Newroz-Koordinationsbüro" in Frankfurt legt der Öffentlichkeit erneut Berichte über den Einsatz deutscher Waffen gegen die kurdische Bevölkerung vor.

4. Mai 1994
Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel verkündet für die Bundesregierung die Wiederaufnahme der unterbrochenen Waffenlieferungen an die Türkei. Ein vertragswidriger Einsatz der Waffen sei trotz der zahlreichen Fotodokumente der Newroz-Delegationen "nicht bewiesen".

18. Mai 1994
"Internationale Kurdistan-Konferenz" in Brüssel: Kani Yilmaz erklärt für die ERNK-Europavertretung die Bereitschaft der PKK, "jeden von uns zu erwartenden Schritt für eine politische Lösung zu unternehmen". PKK-Vorsitzender Öcalan richtet eine Friedensbotschaft an die Konferenz. Nach einem IHD-Bericht soll die türkische Armee allein in den letzten zwei Wochen 138 kurdische Dörfer zerstört haben, 35.000 Menschen seien auf der Flucht vor der Armee nach Südkurdistan (Nordirak).

16. Juni 1994
In der Türkei wird die Demokratie-Partei (DEP) verboten. Ihre sechs Abgeordneten im türkischen Parlament sind zu diesem Zeitpunkt bereits dreieinhalb Monate in Haft und 24 ihrer Funktionäre in der kurzen Zeit der legalen Existenz von "unbekannten Tätern" ermordet worden.

25. Juni 1994
In Frankfurt demonstrieren ca. 100.000 Kurdinnen und Kurden auf einer Großdemonstration "für eine politische und demokratische Lösung in Kurdistan". Aufgerufen hatten etwa 80 kurdische und deutsche Gruppen.

1. Juli 1994
In Hannover wird der erst kurz zuvor in die BRD geflohene kurdische Jugendliche Halim Dener von einer Zivilstreife (SEK) nachts beim Kleben von Plakaten mit dem Aufdruck der ERNK von hinten erschossen. Die Polizeiversion: "Versehentlich" habe sich ein Schuss gelöst, als der schon verhaftete kurdische Jugendliche zu fliehen versucht habe.

9. Juli 1994
Etwa 30.000 zumeist kurdische Demonstranten beteiligen sich an einem Trauermarsch für den erschossenen Halim Dener. Der Hannoveraner Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) drückt in einer Grußadresse sein tiefes Bedauern über die Erschießung aus.

6. Juli 1994
Das Bayerische Oberste Landesgericht verhängt Urteile gegen die (kurdischen) Besetzer des türkischen Generalkonsulats in München im Sommer 1993. Neun Angeklagte werden zu je viereinhalb Jahren Haft, einer zu zweieinhalb Jahren verurteilt. Drei weitere Angeklagte erhalten je drei Jahre Jugendstrafe. Alle Strafen erfolgen wegen "gemeinschaftlicher Geiselnahme".

19.-21. Juli 1994
Der türkische Generalstabschef Güres ist zu Besuch in der BRD. Das DEP-Exilbüro meldet am ersten Tag des Besuchs, die türkische Armee habe am 18. Juli die kurdische Stadt Lice erneut in Brand gesteckt. Seit dem 1. Januar 1993 habe die Armee 1.274 kurdische Dörfer niedergebrannt, zerstört, entvölkert.

19. Juli 1994
Das Bundesverwaltungsgericht setzt die 1993 verhängten Verbote gegen 21 örtliche kurdische Vereine wieder außer Kraft. Die Argumentation des Bundesinnenministers, diese Vereine seien "Teilorganisationen von Feyka Kurdistan", sei nicht haltbar.

18. August 1994
Eine Fahrradtournee von ca. 150 kurdischen Jugendlichen, die zur Tagung der UN-Menschenrechtskommission nach Genf führen soll, wird bereits bei der Abreise in Bonn u.a. wegen Tragens von Halim-Dener-T-Shirts von der Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas angegriffen. Viele Jugendliche kommen verletzt ins Krankenhaus. Die Aktion wird später dennoch fortgesetzt und kommt - trotz weiterer Angriffe - in Genf an, wo die Jugendlichen ihre Dokumente der UNO übergeben.

2. September 1994
In Heilbronn werden vier kurdische Jugendliche wegen "Autobahnblockaden" im Zusammenhang mit dem kurdischen Newrozfest zu 8 bzw. 6 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Allein in Baden-Württemberg sollen wegen dieser Vorwürfe ca. 40 Kurdinnen und Kurden inhaftiert sein, bundesweit über 260.

12. September 1994
Der Kölner Polizeipräsident teilt dem Vertreter des kurdischen Agri-Verlags mit, dass gegen ihn wegen Verdachts auf Verstoß gegen § 90a StGB (Verunglimpfung der BRD) ermittelt werde. Grund: Der "Kurdistan-Report", der vom Verlag vertrieben werde, beschuldige deutsche Stellen der Beihilfe zum "Völkermord in Kurdistan".

24. September 1994
Ein in Hannover geplantes kurdisches Kulturfestival wird verboten. Es findet daraufhin in der niederländischen Stadt Maastricht statt. Trotz erheblicher Schikanen durch deutsche Behörden bei der Anreise nehmen über 100 000 Kurdinnen und Kurden teil.

26. September - 3. Oktober 1994
Kurdische Frauen führen einen "langen Marsch gegen den Völkermord in Kurdistan" von Mannheim nach Straßburg zum Europaparlament durch. Auch dieser Marsch wird mehrfach von der deutschen Polizei angegriffen.

26. Oktober 1994
Der ERNK-Europasprecher Kani Yilmaz wird in London auf dem Weg zu einem Gespräch mit britischen Abgeordneten und Mitgliedern des Oberhauses über eine mögliche politische Lösung des Kurdistankonflikts von der Polizei verhaftet.

3. Dezember 1994
Auf Befehl der Ministerpräsidentin Tansu Ciller explodieren in den Büros der kurdischen Tageszeitung "Özgür Ülke" mehrere Bomben, ein Redaktionsmitglied stirbt, fünf weitere werden schwer verletzt.

8. Dezember 1994
Das Staatssicherheitsgericht in Ankara verurteilt die DEP-Abgeordneten Leyla Zana, Orhan Dogan, Ahmet Turk und Selim Sadak wegen "Bildung und Zugehörigkeit zu einer bewaffneten Gruppe" zu 15 Jahren Haft, den Abgeordneten Surhat Yurttas zu siebeneinhalb Jahren und die Abgeordneten Sirri Sakik und Mahmut Alinak zu je dreieinhalb Jahren.

12. Dezember 1994
Bundesweiter genereller Abschiebestopp von Kurd(inn)en als Reaktion auf die Verurteilung der DEP-Abgeordneten

16. Februar 1995
In Baden-Württemberg finden erneut bei 21 Vorstandsmitgliedern kurdischer Vereine Razzien der Polizei statt. Vorwurf: "Verdacht auf verbotene Propagandatätigkeit" zugunsten der PKK.

2. März 1995
Bundesinnenminister Kanther verbietet das "Kurdistan-Informationsbüro" in Köln. Vorwurf: Das Büro sei Nachfolgeorganisation des 1993 verbotenen "Kurdistan-Komitees" in Köln. In fünf Bundesländern werden in Zusammenhang mit dem Verbot die Wohnungen von 9 Vereinsmitgliedern durchsucht. Am gleichen Tag verbietet in Bayern CSU-Innenminister Beckstein erneut 5 kurdische bzw. deutsch-kurdische Vereine.

10. März 1995
Bundesinnenminister Kanther und sein türkischer "Kollege" Mentese tauschen einen Briefwechsel aus. Darin versichert der türkische Innenminister, aus der BRD abgeschobene Kurd(inn)en würden in der Türkei rechtsstaatlich einwandfrei behandelt. Der Bundesregierung ist dieser Briefwechsel seitdem Vorwand für die bedenkenlose Abschiebung von Kurd(inn)en, trotz aller Foltervorwürfe von amnesty international, türkischen und kurdischen Menschenrechtsvereinen gegen die türkische Polizei.

15. März 1995
Abschiebestopp ausgelaufen, nach türkischer Zusicherung vor Abschiebungen über eine zu erwartende Strafverfolgung Auskunft zu erteilen.

29. März 1995
Rüstungshilfe für die Türkei wird ausgesetzt wegen Benutzung deutschen Kriegsgeräts bei türkischer Großoffensive in Südkurdistan (Nordirak).

12. April 1995
In Den Haag gründet sich das "Kurdische Exilparlament".

4. Mai 1995
Der PKK-Vorsitzende Öcalan wendet sich erneut in einem Aufruf an die deutsche Öffentlichkeit. Er fordert die Aufhebung des PKK-Verbots und Verhandlungen über eine politische Lösung der kurdischen Frage und erklärt:"Wir wollen nicht, dass es (in der BRD, d. Red.) zu Zwischenfällen kommt".

14. Mai 1995
Beamte von SEK und GSG-9 stürmen eine Veranstaltung kurdischer Studierender in Mainz und verhaften 111 Personen, von denen 70 bereits am gleichen Abend, weitere 40 am nächsten Tag wieder freigelassen werden. Eine Person bleibt in Haft. Sie soll angeblich der "Europäischen Führungszentrale" der PKK angehört haben und für Anschläge verantwortlich gewesen sein.

1. Juni 1995
In Köln wird der kurdische Agri-Verlag verboten und geschlossen, 15 Tonnen kurdischer Literatur werden beschlagnahmt.

12. Juni 1995
Die letzten Abschiebestopps deutscher Bundesländer für türkische Kurden laufen aus.

13. Juni 1995
Ein 6-monatiger Abschiebestopp wird in Hessen wegen Menschenrechtsverletzungen verhängt

17. Juni 1995
In Bonn demonstrieren etwa 100 000 Kurdinnen und Kurden "für eine politische Lösung in Kurdistan".

4. Juli 1995
In vielen Städten beginnen Kurd(inn)en mit Hungerstreiks gegen das PKK-Verbot, deutsche Waffenlieferungen an die Türkei und für eine politische Lösung der kurdischen Frage.

13.-16. Juli 1995
Deutsche und türkische Sicherheitsbehörden vereinbaren nach einem Besuch des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Dr. Kurt Schelter, in Ankara eine engere Zusammenarbeit. U.a. will die BRD bei der "Modernisierung" der türkischen Polizei durch "Aus- und Fortbildung" helfen.

26. Juli 1995
Kani Yilmaz, seit 1994 in Großbritannien inhaftierter ERNK-Europasprecher, wird an Deutschland ausgeliefert.

27. Juli 1995
In Frankfurt wird ein Hungerstreik durch einen brutalen Polizeiangriff gewaltsam beendet. Die IG Medien in Frankfurt wirft der Polizei darauf "Methoden türkischer Militärs" vor. Gegen die Teilnehmer/innen des Hungerstreiks werden in der Folge 300 Ermittlungsverfahren eingeleitet, einer der Teilnehmer wird ein Jahr später zu 3 Jahren Haft verurteilt, weil er eine "gefährliche und schwere Körperverletzung" versucht habe. Er hatte zum Zeitpunkt des Polizeiüberfalls ein Feuerzeug und den Gaskocher (für Tee!) der Hungerstreikenden in Händen gehalten. Auch in anderen Städten kommt es zu Polizeiangriffen auf Hungerstreikende.
In Berlin stirbt die Kurdin Gülnaz Baghistani nach einem Polizeieinsatz. An einem Trauermarsch zu ihren Ehren beteiligen sich am 1. August 1995 etwa 10.000 Kurd(inn)en in Berlin.

Ende Juli 1995
In der deutschen Presse tauchen erstmals Meldungen auf, die PKK werde als nächstes "Scharfschützen" gegen deutsche Polizisten einsetzen. Quelle: Das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz.

Ende Oktober 1995
CDU-MdB Heinrich Lummer trifft in Damaskus Abdullah Öcalan. Er bietet sich als Vermittler an und leitet im März 1996 ein Schreiben der PKK an die türkische Regierung weiter.

10. November 1995
Eine für den 18. November in Köln geplante Demonstration für eine politische Lösung in Kurdistan und gegen die Verbote kurdischer Vereine wird verboten. Begründung: Die Anmelderin, die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke, sowie die Veranstalter (u.a. BUKO, ASTEN, Antifa-Gruppen, PDS NRW, Dritte Welt- und Kurdistan-Solidaritätsgruppen) seien "Strohleute" für die PKK.

15. November 1995
Der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein Hevalti in Bremen wird von Innensenator Bortscheller (CDU) verboten: Der Verein sei eine " Volkstanzgruppe zur Förderung der PKK".

21. November 1995
Der bayerische Innenminister Beckstein verbietet den "Kurdischen Elternverein" in München. Bei der polizeilichen Schließung des Vereins kommt es zu heftigen Protesten der anwesenden Kurdinnen und Kurden, die sich zeitweise in den Vereinsräumen verbarrikadieren. 16 "Besetzer" werden daraufhin verhaftet.

14. Dezember 1995
Der PKK-Vorsitzende Öcalan verkündet erneut einen einseitigen Waffenstillstand.

13. Januar 1996
Eine Veranstaltung des AStA der Uni Hannover und des Frauenreferats beim AStA unter Mitwirkung des "Freien Frauenverbands Kurdistan" (YAJK) über "Auswirkungen des Krieges und der Flucht auf das Leben von Frauen. Vergewaltigung und Folter als psychologische Kriegsführung. Frauenorganisierung in Kurdistan, den türkischen Metropolen und Europa", auf der u.a. die SPD-Landtagsabgeordnete Hulle Hartwig, die Grüne Landtagsabgeordnete Heidi Lippmann-Kasten und die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke sprechen sollten, wird wegen unerträglicher Polizeipräsenz in den Veranstaltungsräumen kurz nach Eröffnung abgebrochen.

19. Januar 1996
Das EU-Parlament verabschiedet eine Entschließung "Zur Lage in der Türkei und zum Waffenstillstandsangebot der PKK". Darin wird gegen Menschenrechtsverletzungen und terroristische Taten in der Türkei protestiert. Das Parlament "begrüßt" den einseitigen Waffenstillstand der PKK und fordert die türkische Regierung auf, auf dieses Angebot einzugehen, "Mittel und Wege zur Einleitung eines nationalen Dialogs zu prüfen" und die inhaftierten DEP-Abgeordneten sofort freizulassen.

20. Januar 1996
Eine kurdische Demonstration in Dortmund aus Anlass des 50. Jahrestages der kurdischen Republik Mahabad wird von der Polizei verboten. Weil 60 000 Teilnehmer angekündigt seien, könne die Veranstaltung von der PKK "umfunktioniert" werden, heißt es in der Begründung.

Anfang Februar 1996
Der "Appell von Hannover" wird veröffentlicht, in dem unter Mitwirkung des Kurdistan-Informationszentrums in Köln zahlreiche deutsche Personen des öffentlichen Lebens für einen Dialog und eine politische Lösung der Kurdistan-Frage aufrufen sowie die Aufhebung der in der BRD verhängten Verbote gegen kurdische Vereine verlangen. In den folgenden Monaten steigt die Zahl der Unterzeichner/innen auf über 500 Personen an.

11./12. Februar 1996
In Stuttgart kommt es im Zusammenhang mit einer angeblich geplanten und verbotenen Demonstration des kurdischen Jugendverbandes zu einer breitflächigen "Kurdenjagd" in der Stadt. Alle irgendwie kurdisch aussehende Personen werden von Greifkommandos der Polizei überprüft, 98 Personen festgenommen.

12. Februar 1996
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt verbreiten Warnungen vor angeblich drohenden neuen "Gewalttaten" der PKK gegen deutsche und türkische Einrichtungen in der BRD. Das Kurdistan-Informationszentrum in Köln protestiert, dies sei eine "Täuschung der Öffentlichkeit".

9. März 1996
Bei einer Demonstration von etwa 1500 kurdischen und deutschen Frauen in Bonn aus Anlass des Internationalen Frauentages kommt es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei.

12. März 1996
Eine für den 16. März angemeldete große kurdische Demonstration in Dortmund wird verboten, u.a., weil sich die Demonstration unter der Losung "Politische und demokratische Lösung in Kurdistan" auf den einseitigen Waffenstillstand der PKK positiv beziehe. Deshalb sei eine Steuerung durch die PKK erkennbar. In der Folge kommt es zu einer polizeilichen Abriegelung des Landes NRW. An allen größeren Straßen, Bahnhöfen, Grenzübergängen und, Autobahnen werden einreisende Kurdinnen und Kurden festgenommen, zurückgeschickt oder an der Einreise gehindert. Dabei kommt es zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Kurd(inn)en und der Polizei. In der Folge überschlägt sich die Presse gegen kurdische "Gewalttäter" in der BRD. Außenminister Klaus Kinkel spricht von kurdischen "Mordkommandos", durch die er sich persönlich bedroht fühle. Der kurdische Dachverband YEK-KOM appelliert an die deutschen Behörden, zu einem "Dialog" zurückzukehren. Grüne, Flüchtlingsorganisationen, PDS, Gewerkschaften u.a. kritisieren die Eskalationspolitik und das PKK-Verbot. CDU/CSU und FDP dagegen kündigen eine Verschärfung der Strafgesetze und Abschiebungsregelungen gegen kurdische Straftäter und Verdächtige an.

23./24. März 1996
Der 20. Strafverteidigertag in Essen verurteilt das "PKK-Verbot". Die Bundesrepublik habe damit die "politische Auseinandersetzung mit dem kurdischen Unabhängigkeitskampf zugunsten einer polizeilich/polizeistaatlichen Unterdrückung aufgegeben." Das Verbot verstoße gegen das Völkerrecht und nehme der kurdischen Bevölkerung in der BRD ihre "Grund- und Freiheitsrechte".

3. April 1996
Bundesinnenminister Manfred Kanther teilt mit, dass er die Verbote von 20 örtlichen kurdischen Vereinen nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts "aus formalen Gründen" aufgehoben habe. Er halte die Vereine jedoch weiterhin für "verbotsbedürftig". Betroffen seien Vereine in NRW, Berlin, Bremen, Hessen, Baden-Württemberg, Hamburg, Schleswig-Holstein, Saarland.

4. April 1996
Der britische Sender BBC strahlt ein Interview mit dem PKK-Vorsitzenden Öcalan aus, in dem er diesen nach den in Deutschland in der Presse kursierenden angeblichen Drohungen der PKK gegen deutsche Politiker befragt. Öcalan nennt diese Drohungen frei erfunden. Gewaltaktionen in Deutschland seien "sinnlos und naiv" und würden von ihm abgelehnt.

10. April 1996
In Stuttgart beginnt ein §129a-Prozess wegen angeblicher Mitgliedschaft und/oder Unterstützung einer "terroristischen Vereinigung in der PKK", diesmal gegen drei kurdische und einen türkischen Angeklagten.

26. April 1996
SPD-Innenminister Birzele von Baden-Württemberg verbietet den Deutsch-Kurdischen Freundschaftsverein in Stuttgart. Dieser fördere und ermögliche in den von ihm gemieteten Vereinsräumen und auf seinen Veranstaltungen systematisch die Fortsetzung der Tätigkeit der verbotenen PKK.

30. April 1996
Das BVG Bundesverwaltungsgericht stellt fest, Kurd(inn)en aus Türkei hätten keinen generellen Anspruch auf Asyl.

Mai 1996
In mehreren deutschen Rundfunk- und Zeitungsinterviews bestreitet Öcalan Morddrohungen gegen deutsche Politiker, räumt fehlerhaftes Verhalten der PKK in der Vergangenheit beim Auftreten in Deutschland ein und versichert künftig Gewaltverzicht der PKK in Deutschland.

8. Mai 1996
Vor dem Landgericht Hannover beginnt der Prozess gegen den SEK-Beamten Klaus T. wegen der Tötung des kurdischen Jugendlichen Halim Dener. Das Verfahren platzt nach wenigen Verhandlungstagen wegen schwerer Formfehler der Kammer.

13. Mai 1996
Der verantwortliche Redakteur des Infoblattes "Biji - Informationen aus Kurdistan und der BRD" wird wegen 10 Verstößen gegen das "PKK-Verbot" durch Abdruck von PKK-, ERNK- oder ARGK-Dokumenten verurteilt.

27. Mai 1996
Prof. Gottstein (IPPNW), Prof. U. Albrecht (Berlin), Prof. Norman Paech (Hamburg) und Hans Branscheidt (medico international) bringen von einem Besuch beim PKK-Vorsitzenden Öcalan einen Brief mit. In ihm weist er auf den anhaltenden Waffenstillstand hin und unterstreicht sein Interesse an einer politischen Lösung des Kurdistan-Konflikts. Er fordert die PKK-Anhänger in der BRD auf, "die Rechtsordnung ihrer demokratischen Gastländer zu befolgen".

15. Juni 1996
In Hamburg demonstrieren unter der Losung "Frieden jetzt" mehrere zehntausend Kurdinnen und Kurden. Der Innensenator und der Regierende Bürgermeister senden Grußbotschaften und bedanken sich für den friedlichen Ablauf.

18. September 1996
Polizisten durchsuchen in Stuttgart, Tübingen und Reutlingen Privatwohnungen und Büros. Betroffen sind Mitglieder des "Stuttgarter Komitees zur Unterstützung der politischen Gefangenen" und des "Kurdischen Kultur- und Sportvereins Tübingen". Anlass ist u.a. ein Flugblatt, in dem das Vorgehen der Polizei gegen Kurdinnen und Kurden als "immer brutaler" eingestuft wird. Das weckt den Verdacht einer Straftat nach § 90a StGB ("Verunglimpfung der BRD") und der Zuwiderhandlung gegen das PKK-Verbot.

21. September 1996
In Köln findet im Müngersdorfer (Fußball)Stadion das 4. "Friedensfestival Kurdistan" statt. Bundesinnenminister Kanther hatte in Briefen an den NRW-Innenminister bis zuletzt vergeblich versucht, diesen zu einem Verbot zu bewegen,weil das Festival "von der PKK gesteuert" sei. Zwischen 60000 und 70000 Kurdinnen und Kurden nehmen teil.

Oktober 1996
Es wird bekannt, dass die BRD zwei Fregatten an die Türkei liefern wird. Die Bundesregierung finanziert dies mit einem 150 Millionen DM Zuschuss.

22. Oktober 1996
Im gesamten Bundesgebiet werden über 100 Durchsuchungen durchgeführt. Vorwürfe sind u.a. Spendengelderpressung, Fortsetzung einer verbotenen Vereinigung usw. Beweise: ein "Zeuge vom Hörensagen" (Spitzel). Die Freilassung von zwei inhaftierten Kurden am gleichen Tag war vom Gericht angeordnet worden. Zugleich wurde das §129a-Verfahren gegen sie einstellt. Begründung: Die Beweismittel stammten aus illegalen Lauschangriffen der Polizei.

Anfang November 1996
Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz veröffentlicht eine Übersicht über § 129a-Verfahren gegen Kurdinnen und Kurden in der BRD. Danach sind zu der Zeit 3 rechtskräftig verurteilte kurdische Personen aus früheren Prozessen in Haft. 24 weitere befinden sich in U-Haft; gegen 15 von ihnen ist der Prozess eröffnet. Die BAW habe gegen 50 weitere Gesuchte fertige Haftbefehle.

Mitte November 1996
Der Bundestag beschließt eine drastische Verschärfung der Abschiebungsbestimmungen. So sollen künftig Personen beim bloßen Verdacht einer Straftat abgeschoben werden können; eine gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Beschuldigung ist nicht mehr nötig.

13. Dezember 1996
Die Bundesregierung beantwortet zwei Anfragen der PDS-Bundestagsfraktion. Sowohl die Fragen nach rechtskräftigen Urteilen gegen angebliche "PKK-Anhänger" wegen Rauschgifthandels (Drucksache 13/6580) wie auch wegen angeblicher "Spendengelderpressungen" (Drucksache 13/6579) kann die Bundesregierung nicht beantworten, weil sie darüber keine Statistik führe. Was den Vorwurf des Drogenhandels betrifft, kann die Bundesregierung nur bestätigen, dass türkische Stellen die PKK beschuldigen.

18. Januar 1997
Die Polizei stürmt kurdische Vereinsräume in Kassel. 40 Personen werden durchsucht, darunter Frauen, alte Leute und Kinder. Ihr persönliches Geld wird unter dem Vorwand, es handele sich um "Spendengeld für die PKK", beschlagnahmt. Kinderbücher und Musikkassetten werden konfisziert und alle Anwesenden festgenommen.

21. Januar 1997
Ein Frankfurter Richter stellt in einem Verfahren gegen Drogenhändler in seiner mündlichen Urteilsbegründung fest, dass die frühere türkische Ministerpräsidentin Tansu Ciller tief in den Heroinhandel verstrickt sei. Die beiden Drogenhändler verfügten über "exzellente Verbindungen zur türkischen Regierung". Diese reagiert empört. Eine Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion nach "möglichen kriminellen Verstrickungen von türkischen Amtsträgerinnen und Amtsträgern und deren Verbindungen in die Bundesrepublik Deutschland", in der auch nach den Kenntnissen der Bundesregierung über den "Susurluk"-Skandal und mögliche Einreisen des Mafiosi Catli in die BRD trotz internationalen Haftbefehls gefragt wird, beantwortet die Bundesregierung ausweichend. (Drucksache 13/7183)

9. April 1997
Der Bundesgerichtshof bestätigt ein Urteil gegen den presserechtlich Verantwortlichen des Infoblatts "Biji - Informationen aus Kurdistan" und hebt den Freispruch des Redakteurs des "Kurdistan-Rundbriefs" aus der ersten Instanz auf. Tenor beider Urteile: Die Veröffentlichung von Dokumenten von PKK und ERNK sei nach dem von Kanther verhängten PKK-Verbot strafbar, die Pressefreiheit eingeschränkt.

13. April 1997
Auf dem 21. Strafverteidigertag in Kassel verabschieden 500 Anwältinnen und Anwälte bei wenigen Gegenstimmen eine Resolution, mit der die Aufhebung des PKK-Betätigungsverbots gefordert wird. Das Verbot habe zu "Hunderten von Verfahren bei den Staatsschutzkammern der Landgerichte" geführt sowie zu noch mehr Verfahren wegen angeblicher "Nötigung" (Straßenblockaden). Es habe sich "als Mittel der Eskalation mit der zwangsläufigen Folge immer weiterer polizeilicher Maßnahmen und Strafverfolgung" erwiesen und müsse aufgehoben werden. Nötig sei "Deeskalation und offene politische Auseinandersetzung auch unter Anerkennung der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechtes des kurdischen Volkes".

17.-20. April 1997
Eine Delegation aus Vertretern von Pro Asyl, dem früheren NRW-Innenminister Schnoor (SPD), des Landeskirchenrats Rheinland u.a. reist in die Türkei. In ihrem Abschlussbericht stellt die Delegation u.a. fest: Systematische Folter, vom Staat gedeckt, zunehmende Rechtsunsicherheit und Unberechenbarkeit durch die Aushöhlung und Zerstörung demokratischer Institutionen, Behinderung und Zerstörung der kurdischen Kultur und der kurdischen Sprache und eine akute Rückkehrgefährdung abgeschobener Asylbewerber/innen aus Deutschland.

26. April 1997
In Düsseldorf beteiligen sich etwa 65 000 Kurd(inn)en an einer Demonstration "Zeit für Frieden in Kurdistan".

29. Mai 1997
Im zweiten Anlauf beginnt der Prozess gegen den SEK-Beamten Klaus T. wegen Erschießung des kurdischen Jugendlichen Halim Dener beim Plakate kleben im Sommer 1995 in Hannover. Das Verfahren endet am 27.6. mit dem Freispruch des SEKlers.

6. Juli 1997
In München werden die Räume des "Vereins für interkulturelle Zusammenarbeit - Mesopotamia" von SEK und Bereitschaftspolizei durchsucht. Vorwand ist ein geplanter Hungerstreik, in dem alewitische Vereine an das Massaker von Sivas (Türkei) erinnern wollen, bei dem 1993 35 alewitische Intellektuelle und Künstler von islamischen Fundamentalisten ermordet wurden. Die Münchner Polizei vermutet in dem Hungerstreik einen "Verstoß gegen das PKK-Verbot".

8. August 1997
Das Bundesjustizministerium bestätigt in einer Rechtsauskunft im Rahmen eines Asylverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Gießen einen beständigen Datenaustausch zwischen deutschen und türkischen Justizbehörden, Polizei usw. Grundlage sind mehrere Abkommen, so das "Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen" von 1959 plus Zusatzprotokollen, sowie das "Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus" von 1997. Danach werden den türkischen Stellen regelmäßig alle Strafnachrichten übersandt sowie auf Ersuchen auch Daten von nicht rechtskräftig abgeschlossenen Ermittlungsverfahren.

19. August 1997
Der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan sagt in einem ZDF-Interview bedingungslosen Gewaltverzicht der PKK in Deutschland zu.

20. August 1997
400 Polizeibeamte durchsuchen 18 Wohnungen von Kurdinnen und Kurden und sechs Vereine. Sechs Personen werden festgenommen und nach sieben weiteren wird gefahndet. Vorwurf: Spendengelderpressung. Beweis: 2 verletzte Personen sowie 10 weitere Zeugen, die angeblich "wie Spitzenpolitiker rund um die Uhr" geschützt werden müssten.

August 1997
Der "Friedenszug Musa Anter", der am 26. August von Brüssel nach Diyarbakir aufbrechen sollte, um für ein Ende des Krieges und eine politische Lösung der Kurdenfrage zu werben, kann nach türkischer diplomatischer Intervention nicht fahren. Bundesinnenminister Kanther weist kurz vor Abfahrt des Zuges den Bundesgrenzschutz an, nicht-deutsche Mitreisende des Zuges an der Einreise nach Deutschland zu hindern, da der Verdacht bestehe, sie würden auf dem Boden der BRD gegen Strafgesetze verstoßen wollen. Daraufhin kündigt die Bundesbahn den Vertrag mit den Organisatoren. Die Teilnehmer müssen per Flugzeug nach Istanbul reisen. Ihr Versuch, von dort mit dem Bus nach Diyarbakir zu gelangen, scheitert kurz vor der Stadt an einer türkischen Militärsperre, die definitiv erklärt, bei Weiterfahrt werde geschossen.

3. September 1997
Im Hinblick auf PKK-Prozesse in der BRD zeichnet sich die Möglichkeit für einen Kompromiss ab: Die BAW lässt Vorwurf der Rädelsführerschaft in terroristischer Vereinigung fallen. Als Gegenleistung gestehen Angeklagte Verantwortung innerhalb der PKK. Nach Einschätzung der "tageszeitung" handelt es sich um einen Deal zwischen Öcalan und BAW, um nach vielen Deeskalationsschritten den Boden für eine Aufhebung des PKK-Verbots zu bereiten.

7. September 1997
Etwa 70 000 Kurdinnen und Kurden beteiligen sich im Müngersdorfer Stadion in Köln am 5. kurdischen Kulturfestival.

24. September 1997
Es wird bekannt, dass die Bundesregierung die Lieferung von "Beobachtungs- und Aufklärungsgeräten zur mobilen Grenzüberwachung einschließlich Satellitentelefonen" an die Türeki im Wert von 61,5 Mio. DM genehmigt. Empfänger: der Distriktgouverneur von Diyarbakir. Die Grünen im Bundestag beantragen die Rücknahme dieser Genehmigung (Drucksache 13/8564).

13. Oktober 1997
In Frankfurt endet der §129a-Prozess gegen drei kurdische Angeklagte. Sie werden zu Haftstrafen von zweieinviertel, sechseinhalb und elf Jahren verurteilt wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung". Damit werden sie für zahlreiche Taten in Hessen, bei denen es 1993 in Wiesbaden einen Toten gab, politisch und strafrechtlich verantwortlich gemacht, obwohl das Verfahren wegen des Wiesbadener Anschlags gegen kurdische Beschuldigte schon vor Jahren eingestellt worden war. Das zuständige Gericht hielt seinerzeits eine Steuerung des Wiesbadener Brandanschlags auf ein türkisches Vereinslokal durch die PKK für nicht erwiesen.

3.-26. November 1997
Mit einer Rundreise unter der Losung "Dialog statt Verbot", durch Infoveranstaltungen und Gespräche in Landtagen, versucht die YEK-KOM auf eine Aufhebung des PKK-Verbots hinzuwirken. In mehreren Städten wird die Delegation freundlich empfangen. In Niedersachsen und vor allem in Bayern kommt es dagegen zu erheblichen Behinderungen bis hin zu direkten Verboten von Informationsständen und Kundgebungen. Am Ende übergeben die Teilnehmer/innen der Innenministerkonferenz in Schwerin ihre Forderungen. Diese lehnt jedoch eine Aufhebung des PKK-Verbots ab. Im Zusammenhang mit der Rundreise veröffentlichen grüne Politiker aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Berlin eine "Norddeutsche Erklärung gegen das PKK-Verbot".

9. Dezember 1997
Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin bestätigt das von Kanther verhängte Verbot des "Kurdistan-Komitees" in Köln, weil sich dieses in die Strukturen der PKK eingefügt und innerhalb dieser Strukturen "arbeitsteilig" mitgewirkt und sich von den "Anschlagswellen" von 1993 nicht distanziert habe.

13. Januar 1998
Generalbundesanwalt Kay Nehm: Die PKK werde künftig nicht mehr als eine"terroristische", sondern als "kriminelle" Vereinigung eingestuft (mit Auswirkungen auf das Strafmaß angeklagter PKK'ler).

15. Januar 1998
Das Europaparlament verabschiedet eine Resolution, in der eine internationale Konferenz zur Lösung des "Kurdenproblems" vorgeschlagen wird.

11. Februar 1998
Das Oberlandesgericht Celle verkündet das Urteil gegen den ERNK-Europasprecher Kani Yilmaz: siebeneinhalb Jahre Haft. Da der Vollzug der Strafe zugleich mit dem Urteil nach der halben Haftzeit beendet werden soll ("Halbstrafenregelung"), wird er gleich nach der Urteilsverkündung freigelassen.

9. Oktober 1998
Der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan verlässt Syrien nach Drohungen der Türkei und Truppenaufmarsch im Grenzgebiet.

20. November 1998
Am 12. November 1998 erreicht Abdullah Öcalan Italien. Trotz eines bestehenden Haftbefehls gegen Öcalan verzichtet Deutschland auf einen Auslieferungsantrag an Italien. BRD und Italien verkünden eine Woche später gemeinsam, Öcalan vor Gericht stellen zu lassen und eine europäische Initiative zur friedlichen politischen Lösung der Kurdenfrage einleiten zu wollen.

15. Februar 1999
Verschleppung Öcalans aus Nairobi in die Türkei, anschließend weltweite Proteste gegen Entführung und internationale geheimdienstliche Zusammenarbeit.

17. Februar 1999
Vor dem israelischen Generalkonsulat in Berlin werden durch israel. Sicherheitskräfte 4 Kurd(inn)en erschossen und 13 weitere teils lebensgefährlich verletzt. Die Schützen werden sofort nach Israel ausgeflogen und genießen diplomatische Immunität, während die Opfer der Schüsse teilweise noch mehr als drei Jahre später vor Gericht stehen

25. Februar 1999
GBA Kay Nehm: "Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte für zentral gesteuerte Straftaten durch PKK" (FR 25.2.99, anlässlich der Proteste wg. Öcalan-Entführung)

21. Juli 1999
Besuch von Bundesaußenminister Fischer in der Türkei. Gleichzeitig wird Cevat Soysal, seit 1995 anerkannter politischer Flüchtling in Deutschland, aus Moldawien in die Türkei verschleppt und schwer gefoltert. Er wird am 25.2.2002 wegen Separatismus zu 18 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.

2. August 1999
Öcalan ruft PKK zur Beendigung des bewaffneten Kampfes auf. Dies wird am 5. und 6.8. von PKK und ARGK beschlossen.

10. Dezember 1999
Türkei erhält auf EU-Gipfel in Helsinki Kandidatenstatus für EU-Beitritt.

12. Januar 2000
In Deutschland werden 3 Büros und Journalistenwohnungen der Zeitung Özgür Politika durchsucht, weil sie Öcalan- und PKK-Verlautbarungen veröffentlichen. Analog hierzu auch Warnung des türkischen Justizministeriums an Medien in der Türkei, Erklärungen von Öcalan zu verbreiten.

23. Januar 2000
Außerordentlicher 7. PKK-Parteikongress beschließt "demokratisch-politischen Kampf als grundlegende Auseinandersetzungsform der neuen Parteistrategie".

Frühjahr 2000
Erklärung der Bundesregierung: Aufhebung des PKK-Verbots aus innenpolitischen Gründen nicht vor nächster Bundestagswahl.

2. September 2000
Hohe Beteiligung beim Kölner Internationalen Kurdischen Kulturfestival widerlegt Erwartungen auf Schwächung der PKK nach der Gefangennahme Öcalans und bestätigt Friedenskurs der PKK.

Oktober 1999 - Oktober 2000
AZADI: 11 Verhaftungen, 71 Festnahmen, 175 Razzien in Vereinen und Wohnungen, Gesamthaftstrafen 59 Jahre u. 9 Monate, Gesamtbewährungsstrafen 10 Jahre u. 4 Monate, 45 kurdische polititische Gefangene in Deutschland.

31. Mai 2001
Beginn der Identitätskampagne in Europa und der Türkei als Einleitung der “zweiten Phase” der PKK-Friedensoffensive.

13. Juni 2001
Die ersten 1 470 Selbsterklärungen der europaweiten Identitätskampagne wurden dem Oberlandesgericht in Düsseldorf übergeben, wo zu diesem Zeitpunkt das Strafverfahren gegen den kurdischen Politiker Sait Hasso verhandelt wurde. In den folgenden Monaten haben Zehntausende Kurd(inn)en die Selbstbezichtigungen unterschrieben, die von Delegationen in zahlreichen Städten der Bundesrepublik an verschiedene politische Institutionen überreicht wurden. In der Erklärung wurde auf die neue friedenspolitische Entwicklung der PKK hingewiesen, auf die Rolle und Verantwortung Europas im vergangenen Jahrhundert bei der Festlegung der Grenzen des Mittleren Ostens und auf das Fehlen einer tatsächlichen Lösungsperspektive. Die Kurd(inn)en forderten die Einhaltung der Kopenhagener Kriterien nicht nur von der Türkei, sondern auch von Europa. Ferner betonten sie die Notwendigkeit der Aufhebung sämtlicher Verbote, die gegenüber der PKK angewandt werden und die Freilassung des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan.
Bis zum Jahresende unterstützen etwa 120 000 Kurd(inn)en die Selbstanzeigen-Kampagne in Europa. Allein in der BRD unterzeichnen 40 000.

29. Oktober 2001
Festnahme des kurdischen Politikers Sahin Engizek wegen Mitgliedschaft in einer krimineller Vereinigung. Seine Kontakte zu staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen und Personen seien nur die Erfüllung von PKK-Vorgaben für die neue Friedensstrategie. Nachdem der Haftbefehl gegen Engizek wenige Wochen später mit Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde, konnte er am 25. Januar 2002 aus der U-Haft entlassen werden.

5. Februar 2002
Beschluss der PKK veröffentlicht, alle Arbeiten unter diesem Namen einzustellen. Die Bundesanwaltschaft erklärt daraufhin, dass dies keine Auswirkungen auf anhängige Strafverfahren gegen PKK-Funktionäre in Deutschland habe.

16. April 2002
Die Gründung des Kongresses für Frieden und Demokratie Kurdistans, KADEK, wird bekanntgegeben.
Der bayerische Innenminister behauptet Übereinstimmung von Satzung und Führungspersonal von PKK und KADEK. Bundesinnenminister Schily erinnert an das im PKK-Verbot von 1993 festgeschriebene Verbot der Gründung von Ersatzorganisationen. Dies sei bei der KADEK der Fall.

22. April 2002
In Kiel wurden 6 Wohnungen wegen angeblicher Unterstützung der PKK durchsucht. Die Polizei beschlagnahmte hierbei Bücher, Zeitungen und Broschüren. Einer der Betroffenen wurde zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf eine Polizeistation mitgenommen. Da bei ihm nichts gefunden wurde, sei er aufgefordert worden, Aussagen hinsichtlich des Vorwurfs der Unterstützungstätigkeit zu machen. Nach seiner Weigerung, sich dazu zu äußern, habe die Polizei ihm Angebote zur Spitzeltätigkeit unterbreitet.

2. Mai 2002
Die PKK wird auf die EU-"Terrorliste" gesetzt.

28. Juni 2002
Der erste Prozess im Zusammenhang mit der im letzten Jahr begonnenen Identitätskampagne wird eröffnet. Er findet statt vor der Großen Strafkammer 22 des Landgerichts in Hamburg. Angeklagt ist Hamide S. Sie hat am 20. Juni 2001 gemeinsam mit kurdischen Frauen einen Ordner mit mehreren hundert Selbstbezichtigungen "Auch ich bin PKKler/in" der persönlichen Referentin der Hamburger Bürgerschaftspräsidentin übergeben. Weil sie dort angeblich als Wortführerin aufgetreten sei, habe sie nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Hamburg dem PKK-Verbot zuwider gehandelt, indem sie durch diese Aktion die Ziele der PKK unterstützt, die Vereinstätigkeit im Inland gefördert und für die PKK eine vorteilhafte Wirkung hervorgerufen hätte.

16. Juli 2002
In Lüneburg findet eine Hausdurchsuchung bei einem Mitglied der Antifaschistischen Aktion Lüneburg / Uelzen und der Kurdistan Solidarität Uelzen, statt. Als Grund für die Durchsuchung wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des angeblichen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz (PKK-Verbot) genannt. Die Polizei war auf der Suche nach einem Transparent, auf dem das Symbol der verbotenen kurdischen Befreiungsfront abgebildet gewesen sein soll.

Oktober 2002
Auch die neue Bundesregierung hält an ihrer repressiven Politik gegenüber der kurdischen Bewegung und ihrer Vertreter/innen fest. Der Mitteilung des Generalbundesanwalts zufolge wurde der kurdische Politiker Ali K. an der deutsch-tschechischen Grenze in Sachsen wegen Mitgliedschaft in einer "kriminellen" Vereinigung (§ 129 StGB) festgenommen. Bundesregierung und Strafverfolgungsbehörden haben offenbar entschieden, den von der PKK im April diesen Jahres eingeleiteten fundamentalen Umwandlungsprozess zu ignorieren bzw. zu torpedieren. Die politisch Verantwortlichen wollen sich scheinbar einem friedlichen und demokratischen Verhältnis zur kurdischen Bewegung entziehen und weiterhin auf Verbote und politische Verfolgung setzen.

14. November 2002
In einer großangelegten Durchsuchungsaktion hat der Münchner Staatsschutz den kurdischen Kulturverein Med-Kulturhaus sowie über 30 Privatwohnungen von Vereinsmitgliedern durchsucht. Dabei wurde eine Vielzahl von Computern, Mobiltelefonen, Faxgeräten und Zeitschriften beschlagnahmt. An der Razzia waren nach Schätzungen der Betroffenen mindestens 150 Beamte beteiligt.

28. Januar 2003
Das Landgericht Hamburg hat den Rechtsanwalt Dr. Jürgen Schneider wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz zu einer "Verwarnung mit Strafvorbehalt" verurteilt. In diesem Fall bedeutet das konkret die Zahlung einer Geldbuße von 1000 Euro auf zwei Jahre Bewährung. Schneider hat bereits in der Verhandlung angekündigt, Revision gegen dieses Urteil einzulegen. Das Gericht begründete das Urteil einerseits mit der Weigerung Schneiders, den Namen des Kurden zu nennen, der ihn beauftragt habe, die Delegation als Anwalt zu begleiten. Die Argumentation des Anwaltes, dass er sich an die Schweigepflicht gebunden fühle und besagte Person nicht ebenfalls der Strafverfolgung aussetzen wolle, hat das Gericht offenbar nicht überzeugt. Andererseits unterstellte das Gericht dem Angeklagten, als Verteidiger in zahlreichen Prozessen gegen Kurd(inn)en über geplante Kampagnen und Aktivitäten der kurdischen Bewegung informiert gewesen zu sein.

28. März 2003
Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass die Teilnehmer/innen an der Ende Mai 2001 begonnenen Identitätskampagne "Auch ich bin PKKler/in" bestraft werden können. Mit dieser Entscheidung bestätigten die Richter das Landgericht Düsseldorf, das eine Kurdin wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt hatte. Nach Auffassung des Gerichts sowie nunmehr des BGH sei die Forderung nach Aufhebung des PKK-Verbots vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Weil die Gerichte jedoch von einer "PKK-gesteuerten" Aktion ausgehen, verstoße diese Unterschriftenkampagne gegen das Vereinsgesetz und müsse somit bestraft werden. (siehe auch Dokumentation)

März 2003
Abkommenen zwischen der "Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Türkei über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung, insbesondere des Terrorismus und der Organisierten Kriminalität". Um das Abkommen umzusetzen, sind auf deutscher Seite folgende Behörden zuständig: Bundesinnenministerium, Bundesgesundheitsministerium, Bundeskriminalamt, Grenzschutzdirektion und Zollkriminalamt. Auf türkischer Seite: Innen- und Gesundheitsministerium und Staatssekretariat für Zoll des Ministerpräsidiums. Dieses Abkommen wurde am 3.3.2003 ratifiziert, trat einen Monat später in Kraft und wurde "auf unbestimmte Zeit geschlossen".

8. Juli 2003
Ohne einen Durchsuchungsbefehl wurden in den Räumlichkeiten des Mala Kurda-Vereins in Köln Personalien von Anwesenden kontrolliert.

11. Juli 2003
Prozessbeginn vor dem Landgericht Koblenz gegen die als gemeinnützig anerkannte humanitäre Hilfsorganisation "Kurdischer Roter Halbmond" (Heyva Sor a Kurdistane). Ihr wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem PKK-Verbot gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben. Aufgrund von Aussagen des von der Anklage eingeführten Kronzeugen Engin Sönmez soll Heyva Sor in die PKK-Strukturen eingebunden sein und Millionenbeträge an die PKK weitergeleitet zu haben. Am zweiten Vernehmungstag vor Gericht jedoch widerrief Sönmez seine Aussagen und erklärte, von den Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft) bedroht, unter Druck gesetzt und für deren Zwecke instrumentalisiert worden zu sein. (siehe auch Dokumentation)

2. August 2003
Der KADEK Exekutivrat stellt der Öffentlichkeit eine "Roadmap" für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage in der Türkei vor.

13. August 2003
Der Gesundheitszustand Öcalans verschlechtert sich zunehmend. Seit seiner illegalen Verschleppung im Februar 1999 befindet sich Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali als alleiniger Gefangener in einer Zelle von 13 qm. Die außerordentlichen klimatischen Verhältnisse und die schweren Isolationshaftbedingungen haben seinen Gesundheitszustand stark angegriffen. In einem Statement des Istanbuler Rechtsanwaltbüros, das Abdullah Öcalan betreut, fordern die Anwälte eine sofortige Verbesserung der Haftbedingungen. U.a. werden die Einsetzung einer unabhängigen Ärztekommission, die Verlängerung der Besuchszeiten von Familienangehörigen (momentan 15 Min. pro Monat) und die Verlegung an einen anderen Ort gefordert. Darunter verstehen die Anwälte die Überführung ihres Mandanten in den Hausarrest.