bordercamp
grenzcamp
campamento al borde
 Tarifa Spanien 02.-10.0Tarifa Spanien 02.-8.07.2001 
| zurück |
Situation in Südspanien
Spanische Flüchtlingspolitik
Europäische Flüchtlingspolitik
Deutsche Flüchtlingspolitik
| start | tarifa 2001 | hintergrund | camps | links | kontakt |
 
 

Polen kritisiert Bonner Asylpolitik
Folgen wären für Warschau fatal
 

Der deutsche Parteienkom-
promiß zum künftigen Asyl-
recht überschattet gegenwär-
tig die Beziehungen zum
Nachbarland Polen. Das zeig-
te sich auch beim gestern be-
endeten Besuch des sächsi-
schen   Ministerpräsidenten
Kurt Biedenkopf in Warschau.
Im Mittelpunkt der meisten
Gespräche, die er hier führte,
stand die Flüchtlingsproble-
matik. Biedenkopf mußte ein-
räumen, daß man sich bei der
Verabschiedung des Kompro-
misses nicht in genügendem
Maße bewußt gewesen war,
welche Lasten auf die Nach-
barn zukommen würden. Er
zog aus seinem Polen-Aufent-
halt für sich den Schluß, daß
die Bundesrepublik mit den
schon im Lande lebenden
Asylbewerbern aus eigener
Kraft fertig werden müsse.

Die Probleme eines
„sicheren Drittstaats"

Hinsichtlich der zukünfti-
gen Regelung des Flüchtlings-
zuzugs sprach sich Bieden-
kopf zusammen mit dem pol-
nischen    Außenminister
Krzysztof Skubiszewski für
eine einvernehmliche Lösung
aus. Die Beziehungen zwi-
schen Deutschland und Polen
sollten dadurch nicht belastet
werden.

Doch tatsächlich ist das bi-
laterale Verhältnis erstmals
seit der Unterzeichnung des
„Vertrages über Freundschaft
und gute Nachbarschaft" im
Juni 1991 wieder gespannt.
Die Asyldiskussion in Bonn
hat in Polen zum Teil herbe
Kritik an der deutschen Seite
hervorgerufen. Selbst ausge-
sprochen     „Deutschland-
freundliche" Politiker wie der
Minister für EG-Angelegen-
heiten, Jan Krzysztof Bielecki,
schlagen inzwischen schärfere
Töne an; Er bezeichnete das
deutsche Auftreten in dieser
Woche, als, „Großmachtpoli-
tik" und warnte vor den Fol-
gen dieser Entwicklung.

Im Parteienkompromiß war
Polen als „sicherer Drittstaat"
eingestuft worden. Demnach
müßte Warschau all jene Asyl-
bewerber zurücknehmen, die
über Oder und Neiße in die
Bundesrepublik   gekommen
sind. Außerdem sollten nach
dieser Regelung neu ankom-
mende Flüchtlinge gleich an
den    schwarz-weiß-roten
Schlagbäumen zurückgewie-
sen werden.

Vize-Innenminister   Jerzy
Zimowski, Chef der polni-
schen  Verhandlungsdelega-
tion bei den Asylgesprächen
Anfang dieser Woche in Bonn,
bekräftige nach seiner Rück-
kehr, daß Polen sich die Auf-
nahme Tausender abgescho-
bener Flüchtlinge einfach
nicht leisten könne. Die Asyl-
bewerber, die in den vergan-
genen Jahren nach Deutsch-
land gekommen sind, seien
„ein inneres Problem" der
Bundesrepublik.   Die  von
Bonn angestrebte rückwir-
kende Gültigkeit der Abschie-
beregelung wies Zimowski aus
diesem Grunde zurück. Ein
künftiger deutsch-polnischer
Vertrag solle nach Warschau-
er Ansicht nur zusammen mit
dem neuen deutschen Asyl-
recht rechtskräftig werden.

Ansonsten wären die Folgen
für Polen nämlich fatal: War-
schau hätte sich um mehrere
zehntausend Menschen zu
kümmern, ohne administrativ
und finanziell darauf einge-
stellt zu sein. Selbst eine Ab-
schiebung in die Heimatlän-
der wäre zu teuer. Wie soll Po-
len das schaffen, wenn nicht
einmal die reiche Bundesrepu-
blik mit ihrem zehnmal höhe-
ren Bruttosozialprodukt pro
Kopf der Bevölkerung das
Problem erledigen kann, frag-
te dieser Tage die Vize-Vorsit-
zende der polnisch-deutschen
Parlamentariergruppe    im
Sejm, Irena Lipowicz. Polen
bliebe ihrer Ansicht nach
überhaupt  nichts  anderes
übrig, als riesige Lager für die
Flüchtlinge einzurichten, was
der hochverschuldete Staats-
haushalt sich aber nicht lei-
sten kann.

Eine neue Mauer will
keiner errichten

Die Abgeordnete machte
noch auf einen - ihrer Mei-
nung nach - weiteren Trug-
schluß auf deutscher Seite
aufmerksam: Mit der neuen
Regelung sei der Zuzug von
Flüchtlingen gar nicht zu
stoppen. Viele Menschen, die
sich schon Geld und Papiere
für, die .Ausreise gesorgt ; ha-,
ben, würden trotz allem ver-
suchen über Polen in die Bun-
desrepublik zu gelangen. War-
schau müßte also eine Mauer
errichten, was man nicht wol-
le. Noch ernstere Folgen hätte
eine nicht auszuschließende
Flüchtlingswelle aus den Re-
publiken der früheren Sowjet-
union. Warschau wäre bei der
Aufnahme dieser Menschen
auf sich allein gestellt.

Polen orientiert sich des-
halb auf eine europäische Lö-
sung des Problems. Die Blicke
richten sich auf Budapest, wo
Anfang nächster Woche die
Innenminister der Bundesre-
publik, Polens, Ungarns, der
Tschechischen und der Slowa-
kischen   Republik,   Öster-
reichs, der Schweiz und der
Ukraine über eine internatio-
nale Lösung der Flüchtlings-
problematik nachdenken wollen.

Von ANDREAS MÜHLMANN, Warschau ND,11.02.1993

| top |

 
 supportet by: infoladen-daneben.de + nadir.org
anticopyright 2001