|
zurück |
|
|
start | tarifa
2001 | hintergrund
| camps
| links
| kontakt |
Rüge für die neuste EG-Asylpolitik
Flüchtlingsgsverbände
kritisieren Abkommen
über erschwerten
Zuzug
P.N. LONDON, l. Dezember.
Proteste hat die Verein-
barung der EG-Staaten
vom Montag ausgelöst, Flücht-
lingen den Zuzug in die
Europäische Gemeinschaft (EG)
zu erschweren. Bis 1995
sollen die in London gefaßten
Beschlüsse auf nationaler
Ebene durchgesetzt werden.
Mit den neuen Restriktionen
ziehe die „Festung Europa
die Zugbrücke hoch",
urteilten am Dienstag Bürger-
rechtler und Sprecher
von Flüchtlingsverbänden.
Die EG-Minister trafen ihre
Vereinba-
rung auf einer zweitägigen
Konferenz,
die unter ungewöhnlicher
Geheimhaltung
stattfand. Der neuen Regelung
zufolge
sollen Asylbewerber europaweit
schneller
als heute abgeschoben werden
können,
wenn die Behörden die
Anträge auf Asyl
als ungerechtfertigt einschätzen,
wie in
einem Teil der Auflage bereits
kurz be-
richtet. Als „unbegründet"
wollen die EG-
Staaten binnen einer Vier-Wochen-Frist
Anträge ablehnen, wenn
die asylbegeh-
renden Flüchtlinge
aus Ländern kom-
men, die von der EG als
„sichere Länder"
eingestuft werden, oder
wenn sie auf ih-
rer Reise in die EG bereits
andere soge-
nannte sichere Länder
durchqueren. In
solchen Fällen will
die EG Asylsuchende
in die Durchreiseländer
zurückschicken,
ohne ihre Anträge der
bislang üblichen
Prüfung zu unterziehen
- beispielsweise
bosnische Flüchtlinge
nach Ungarn.
Personen aus Staaten, in
denen nur ein
Teil des Staatsgebiets von
Bürgerkrieg
betroffen ist, sollen nicht
mehr generell
als Flüchtlinge eingestuft
werden. An-
tragsteller müssen
außerdem nachwei-
sen, daß sie vor ihrer
Flucht alle nur
möglichen Rechtswege
im Heimatland
ausgeschöpft haben,
die einen sicheren
Verbleib hätten garantieren
können. Wer
an einer EG-Grenze seinen
Paß oder
seine Fahrkarte vernichtet,
um seinen
Reiseweg zu vertuschen,
soll automatisch
sein Asylrecht verwirken.
Zudem soll die
Einspruchs-Möglichkeit
gegen Ablehnun-
gen stärker eingeschränkt
werden.
Welche Ursprungs- und Durchreiselän-
der als „sicher" gelten,
soll durch die Er-
arbeitung EG-gemeinsamer
Kriterien er-
mittelt werden. Der deutsche
Antrag,
eine offizielle Liste „sicherer"
und „unsi-
cherer" Staaten zu erstellen,
lehnte die
Mehrheit der EG-Innenminister
ab. Einig
waren sich die Minister
dagegen in ih-
rem Plan, durch den Austausch
von Fin-
gerabdrücken Doppelbewerbungen
und
dem Mißbrauch von
Sozialleistungen
durch Asylbewerber vorzubeugen.
Die Flüchtlings-Hochkommissarin
der
Vereinten Nationen, Sadako
Ogata, warn-
te davor, daß die
EG-Pläne bei einer Wei-
gerung von Durchreiseländern,
die Asyl-
suchenden wieder aufzunehmen,
dazu
führen könnte,
daß Flüchtlinge „auf einer
Umlaufbahn kreisen" und
keine Heim-
statt finden würden.
Der Bonner Vertreter des
UN-Flücht-
linskommissariats erklärte,
ein Land sei
nur dann ein sicheres Erstasylland,
wenn
es bereit sei, Asylbewerbern
den Aufent-
halt für die Dauer
des gesamten Verfah-
rens zu gestatten, wie die
Nachrichten-
agentur Associated Press
dazu meldete.
Der „bloße Hinweis
auf den Gebietskon-
takt" reiche im Allgemeinen
nicht aus,
um die Rückweisung
in ein Drittland zu
begründen, sagte er.
Flüchtlingsverbände
rügten die Verein-
barung der EG-Minister als
„Ausgren-
zungsmaßnahme" gegen
Bosnier und
Kurden. Die liberale Presse
in London
warf den EG-Regierungen
vor, es gehe ih-
nen „nicht darum, den aus
ihrer Heimat
Vertriebenen zu helfen,
sondern sie aus
den Mitgliedsstaaten draußen
zu halten"
(The Independent).
Frankrurter Rundschau,
02.12.1992
|
top | |