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Berlin: 81. Verhandlungstag im Weinrich-Prozess - Lange Gesichter

Es wurde fast eng auf dem Gerichtsflur und der Pressebank. Mehrere Kamerateams und zahlreiche Vertreter der schreibenden Zunft versuchten, Statements der Staatsanwaltschaft und Nebenklage zu bekommen. Für den heutigen Tag hatte die Kammer (nach dem Abschluß der Plädoyers) "eine Entscheidung" angekündigt und prompt waren all jene Pressevertreter, die seit mehr als 70 Verhandlungstagen nicht zu sehen waren, wieder da.

Die "Entscheidung" sah dann etwas anders aus als erwartet. Statt der Urteilsverkündung eröffnete der Vorsitzende erneut die Beweisaufnahme, um sich mit zwei Hilfsbeweisanträgen auseinanderzusetzen.

Im ersten Beschluß lehnte die Kammer einen der zahlreichen Hilfsbeweisanträge der Verteidigung ab, der sich mit der Übersetzung des GID-Berichtes durch Dr. Salem befaßte. Die Verteidigung hatte eine Reihe von Übersetzungsfehlern aufgespürt und die Ladung von Dr. Salem zur direkten Befragung bzw. eine Neuübersetzung beantragt.

Mit einem zweiten Beschluß gab die Kammer einem Antrag der Nebenklage statt, die gefordert hatte, Ilich Ramirez Sanchez ("Carlos") noch einmal danach zu befragen, ob er zu einer Vernehmung per Videokonferenz bereit wäre. Sanchez, der eine lebenslange Haftstrafe in Frankreich verbüßt, hatte sich bisher nur zu einer direkten Aussage in Berlin bereit erklärt. Die Senatsverwaltung für Justiz hatte es "im Benehmen mit der Bundesregierung" aus "Sicherheitsgründen" jedoch abgelehnt, Sanchez im hiesigen Verfahren als Zeugen auftreten zu lassen. Damit war Sanchez für die Kammer "unerreichbar". Die Nebenklage hatte letzte Woche beantragt, zu prüfen, ob Sanchez eventuell zu einer Vernehmung per Videokonferenz bereit wäre. Dem kam die Kammer nun mit einem erneuten Rechtshilfeersuchen an Frankreich nach.

Vor dem Verwaltungsgericht waren die Nebenklagevertreter mit dem Versuch, eine einstweilige Anordnung gegen die Senatsverwaltung zu erreichen, gescheitert. Dies scheint der Kammer aber noch nicht ausreichend (revisions)sicher zu sein.

Nun wird der Prozeß nach der Sommerpause Mitte August fortgesetzt, was auf der Pressebank ob des erwarteten Urteils lange Gesichter zur Folge hatte.

Nächster Termin: 09.08., 9.30 Uhr, Turmstr. 91, Saal 500

 

07.07.2004
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Repression]  [Schwerpunkt: Weinrich-Prozess]  Zurück zur Übersicht

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