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Berlin: Weitgehende Selbstdemontage des Kronzeugen (to be continued…)


Das war kein guter Tag für die Bundesanwaltschaft, und es war kein guter Tag für den Kronzeugen Mousli. Ob sich das für die Angeklagten positiv auswirken wird, bleibt aber weiter offen.

Hatte Mousli immer behauptet, er habe seinen "Freund" Lothar E. bis Dezember 1999 nicht belasten wollen, wurde heute klar, dass selbst das gelogen ist. Vielmehr hatte er diesen gegenüber dem BKA schon vorher bezichtigt, organisiert Scheinehen anzubahnen; ob unentgeltlich, so Mousli, wisse er nicht.

Im Verlauf der zeitweise hochemotionalen und immer wieder unterbrochenen Verhandlung stellte sich erneut heraus, dass Mousli im Grunde keinen blassen Schimmer zu einem angeblichen Sprengstoffdepot im MehringHof und noch weniger zu dessen angeblichen "Betreuern" hatte. Über die Stationen 30. November, 7., 16., und 30. Dezember, 2. und 19. Januar 2000 sowie 15. und 21. März 2000 wurde so aus einem Depot vom Hörensagen im MehringHof das garantiert im Aufzugschacht gegenüber der Kneipe "Ex" befindliche und von den Angeklagten Axel . und Lothar E. betreute Waffen- und Sprengstofflager unter einer Metallplatte, dessen Örtlichkeiten Mousli "genau kannte".

Gut vorbereitet und offensichtlich eintrainiert zeigte sich Mousli, als es darum ging, die besondere Gefährlichkeit von Sabine E., Rudolf Sch. und - ungefragt - Matthias B. zu behaupten. Dass, wie E. und Sch. in ihren Einlassungen erläutert hatten, mit dem Ende der Flüchtlingskampagne auch das Projekt RZ für sie erledigt war, bezeichnete Mousli als "Quatsch". Das Anfang 1988 in der Berliner RZ diskutierte Papier »Das Spiel ist aus« (1989 veröffentlicht als »Was ist das Patriarchat«) sei von Sabine E. geschrieben und in der Gruppe kontrovers diskutiert worden. Welche Kontroversen, konnte er angeblich nicht erinnern. Laut Mousli zielte es jedoch nicht auf eine Beendigung einer bewaffneten, revolutionären Politik, sondern "im Gegenteil, als ich das äußerte, wurde ich von Judith [angeblicher Deckname von Sabine E.] beschimpft."

Nachdem Rechtsanwalt Eisenberg gegen den erbitterten Widerstand und die sichtliche Empörung der Bundesanwaltschaft beim Kammergericht den Vorhalt des Papiers in einzelnen Abschnitten durchsetzen konnte, war auch mit dieser Behauptung Schluss. Mousli konnte weder dem Text inhaltlich folgen, noch darstellen, worin die Kontroversen bestanden haben sollen. Wie er aus dem Papier habe schließen können, dass es sich um eine neue Linie im bewaffneten Kampf, das Ziel einer neuen revolutionären Perspektive und um die Fortsetzung der RZ handele, konnte er auch auf wiederholte Nachfrage ebenfalls nicht erklären. Skrupel- wie ausweglos musste Mousli schließlich auf die Frage nach der revolutionären Perspektive angesichts des Papiers schließlich eingestehen, "das haben wir uns auch gefragt", um dann frech fort zu fahren, es sei die "Grundlagendiskussion für die Fortführung der Vereinspolitik" gewesen.

Das Verfahren wird am Freitag, 13. Februar 2004 um 9.15 Uhr mit der Vernehmung Mouslis fortgesetzt.

 

12.02.2004
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