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Berlin: Weinrich-Prozess: 57. Verhandlungstag

Wissenschaftlich aus Erfahrung

57. Verhandlungstag im Weinrich-Prozeß

Zum wiederholten male durfte sich die BKA-Schriftsachverständige Wagner den Fragen der Verteidigung stellen.

Diese zielte mit ihrer Befragung auf die wissenschaftliche Fundiertheit der erstatteten Gutachten. Die Zeugin gab auf Befragen Auskunft über ihre Ausbildung, die ihr nach einem Studium der Psychologin auch "drei Semester" Fachstudium Schriftvergleiche bescherte. Seit 1974 arbeitet sie als Schriftsachverständige beim BKA. Persönlichkeitsmerkmale seien allerdings nicht Gegenstand ihrer Untersuchungen. Sie beschäftige sich ausschließlich mit "forensischen Schriftvergleichen". Auf die Frage, ob sie den Aufbau von Gutachten so an der Universität gelernt hätte, kam ein einschränkendes: "Teilweise". Die Frage, ob es beim BKA-Richtlinien für das Erstellen eines solches Gutachtens gäbe, beantwortete Frau Wagner mit: "Ja, die Methodik ist auch in den Gutachten erläutert." Auf die präzisierende Nachfrage, ob denn separat davon allgemeine Richtlinien beim BKA existieren würden, quittierte die Zeugin mit einem: "Nein".

Andere Schriftsprachen (die zu begutachteten Texte sind in englischer, französischer und arabischer Schrift verfaßt) würden für BKA-Schriftsachverständige kein großes Problem darstellen. Wenn ausländische Gutachter deutsche Schriften beurteilen müßten, wäre das schwieriger. Die Logik dieser Behauptung blieb Frau Wagner schuldig. "Ich habe zehn Jahre die türkische Schrift studiert und kenne mich damit aus", lautete ihre Erklärung. Die Frage, ob sie denn je ein türkisches Schriftgutachten gesehen habe, verneinte sie.

Aufgrund einer früheren Äußerung der Sachverständigen ("Auszählen ist nicht meine Sache") wollte Verteidiger Häusler wissen, ob nicht "gerade das Zählen, Wiegen und Messen ein Zeichen von Wissenschaftlichkeit " wäre. "Nicht bei Schriftvergleichen" lautete die knappe Antwort. Nachfragen in dieser Richtung liefen immer wieder auf die Aussage hinaus, daß "die Erfahrung entscheidend" sei.

Mit sehr langwierigen und akribischen Vorhalten arbeiteten der Angeklagte und die Verteidigung noch diverse kleine Unstimmigkeiten in den Gutachten heraus. So fehlten auf einem Blatt beispielsweise Linien, die auf einer Kopie des Blattes vorhanden waren und Ähnliches mehr.

Verteidiger Häusler verzettelte sich in einer Mischung aus Befragung und Stellungnahme mitunter derart, daß er in in ein inhaltliches "Loch" fiel. Das machte den Verhandlungstag nicht kürzer.

Nächster Termin: 16.02., 9.30 Uhr, Turmstr. 91, Saal 500

 

09.02.2004
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Repression]  [Schwerpunkt: Weinrich-Prozess]  Zurück zur Übersicht

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