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Berlin: 136. Prozesstag: Die Mütter aller Schlachten

136. Prozesstag: Die Mütter aller Schlachten

Diesmal war es einer der Verteidiger, der einen veritablen Bock geschossen hat, und auch noch derjenige, der für den inhaltlichen Part des heutigen Tages verantwortlich zeichnete. RA Euler nämlich hatte in einem Beweisantrag vom 19. Juni die Ladung einer früheren Freundin des Kronzeugen Tarek Mousli beantragt. Die Zeugin war erschienen, doch zur Überraschung der KollegInnen, ihrer MandantInnen und des Gerichts erschien Herr Euler nicht um 9.15 Uhr. Ein Anruf per Mobiltelefon riss den Säumigen aus Morpheus Armen, der ihn nicht etwa um die Ecke sondern im fernen Frankfurt umschlungen hielt. Als vier Stunden später mit der Wiederaufnahme der Hauptverhandlung nach der Sommerpause begonnen werden konnte, entschuldigte sich der gerade eingeflogene RA Euler bei allen Betroffenen auf's Glaubwürdigste.

Die Zeugin, die mit Mousli fest wohl nur zu Anfang der 1980er Jahre zusammen war, eine Freundschaft mit Unterbrechungen zu ihm jedoch bis zum Beginn der 1990er Jahre gehabt hat, konnte einmal mehr die zwiespältige Persönlichkeit des Kronzeugen schildern. Er sei witzig gewesen, spontan, vital, von einnehmendem Wesen, sehr unternehmungsfreudig und weckte auf Anhieb Sympathie. Er vermochte stets gut Menschen für sich einzunehmen, erinnerte sich die heute 46-jährige Angestellte aus Westdeutschland. Des weiteren bestätigte sie im wesentlichen die im Beweisantrag enthaltenen Behauptungen.
(Ausführlicher Bericht folgt)

Wortwechsel des Tages zwischen RAen und der Zeugin: RA Becker: "Hat er denn je von solchen Demos, an denen er teilgenommen hat, erzählt? So ungefähr wie unsere Großväter von der Schlacht von Sedan erzählt haben?" Zeugin: "Ja, von der Schlacht von Brokdorf hat er schon erzählt. (...) Einmal soll er da auch irgendwie in einem Kessel gewesen sein." RA Eisenberg: "Stalingrad?"
Den Richtern war die Tatsache, dass vier RAInnen die Zeugin im Laufe des Verfahrens kontaktiert hatten, Grund zu misstrauischer Nachfrage, den vier Beargwöhnten zu Richtigstellungen.
Es gab noch Beweisanträge zur Telefonüberwachung einer weiteren Mousli-Freundin und dem Verkauf des Autos des damals frisch inhaftierten Kronzeugen; zu Aussagen des BKA-Beamten Schulzke und deren Fragwürdigkeit im Bezug auf die Gelamon-40-Funde in Salzhemmendorf und Kempen; sowie auf Ladung einer Zeugin der Hauptverhandlung gegen Mousli, in welcher er Aussagen zu konspirativen Wohnungen in Kreuzberg gemacht hatte.

Der Verhandlungstag am Freitag, 8. August 2003, wurde aufgehoben. Weiter geht es am Donnerstag, 14. August, um 9.15 Uhr sowie am Freitag, 15. August, wo wieder mal der Kronzeuge zur Hauptverhandlung erwartet wird.

 

07.08.2003
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