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Berlin: 123. Prozesstag | Nö, ich mache einfach weiter!


Gegen den wiederholt vorgetragenen Einspruch der Verteidigung vernahm heute das Kammergericht erneut den Kronzeugen Mousli. Weder ein anfänglich eingereichter Widerspruch, noch der zwischenzeitliche Antrag auf Unterbrechung der Vernehmung konnten die RichterInnen dabei aufhalten. Selbst ein abschließend von fast allen VerteidigerInnen getragene Ablehnungsantrag gegen das gesamte Gericht konnte sie von ihrem Vorhaben abbringen: eine Zeugenbefragung bevor alle Ermittlungsergebnisse zu dem genannten Beweisthema gerichtsbekannt sind. Die noch ausstehenden Beschlüsse zur beantragten Aussetzung des gesamten Verfahrens blieben heute sogar völlig unerwähnt.

Mousli wurde zu einer angeblich konspirativ genutzten Wohnung in der Oranienstr. im Ortsteil Berlin - Kreuzberg befragt. Diese sei der RZ-Gruppe von Wolfgang B. wiederholt zur Verfügung gestellt worden. Obwohl er selbst nur einige Häuser weiter gewohnt habe, will er sich aber an das Haus, die Hausnummer, das Stockwerk oder andere Auffälligkeiten des Gebäudes bzw. der Wohnung nicht mehr erinnern können. Während einer Vernehmung vorgelegte Fotos und Skizzen hätten nahegelegt, dass es sich wohl um die Nr. 7/9 handeln könnte. Besonders diese letzte Aussage belegte heute eindrucksvoll und postwendend die Richtigkeit der Einspruchsgründe der Verteidigung. Denn nirgends ist die vom Zeugen behauptete Vorlage von Lichtbildern oder Skizzen zu diesem Thema bisher protokolliert gefunden worden.

Nach zahlreichen Unterbrechungen wurde der Kronzeuge zu einer Person mit dem Spitznamen 'Drogentod' befragt. Dieser soll angeblich der Gruppe Blankoausweisepapiere besorgt haben. Verteidiger Kaleck fasste die Qualität der folgenden Befragung durch die Vorsitzende Richterin Hennig in einer Bitte zusammen: ...sie möge bitte wenigstens die Antworten des Zeugen abwarten..., bevor sie ihm ohnehin seine Aussagen aus den Akten vorhält. So solle doch zumindest den Anschein einer tatsächlichen Zeugenbefragung gewahrt bleiben. Zu spät.....

Wie heute am Rande zu erfahren war, wurde der Prozess vorläufig bis zum Januar 2004 terminiert!!! Zunächst geht aber das Schauspiel am Do., den 17.04.03, 9:15 Uhr, weiter.

 

10.04.2003
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