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Berlin: 112. Prozesstag | Anträge, Stellungnahmen und Beschlüsse

112. Prozesstag: Anträge, Stellungnahmen und Beschlüsse

Zwei Zeugen, Stellungnahmen der Bundesanwaltschaft (BAW) zu Anträgen der Verteidigung, weitere Anträge der Verteidigung und zahlreiche Beschlüsse des Kammergerichts waren heute Gegenstand der Verhandlung.
Ein BKA-Beamter gab Auskunft über die Zusammenstellung zweier "Lichtbildmappen" aus seinem Haus. Geklärt werden sollte, welche Fassung bei einer Vernehmung 1987 benutzt worden war. Auskunft über einen anonymen Anruf bei der Senatsverwaltung für Justiz im November 1987 über ein angebliches Waffen- und Sprengstoffdepot im Mehringhof erteilte im Anschluss daran ein inzwischen pensionierter Berliner Staatsschutzbeamter. Nach seinen Aussagen hätte dieser Anruf keine "Exekutivmaßnahmen" nach sich gezogen.
In ihrer Stellungnahme zu den Beweisanträgen der Verteidigung von Harald G. vom 9. Januar sprach sich die BAW jeweils für deren Ablehnung aus. Abgelehnt wurden vom Kammergericht diverse Anträge auf Inaugenscheinnahme bzw. eine Ortsbesichtigung des Seegrabens im Norden Berlins, in dem Tarek Mousli 1995 Sprengstoff versenkt haben will. Ebenfalls abgelehnt wurden die Anträge auf Beschlagnahmung der Fahrtenbücher des BKA und der Berliner Polizei sowie die Dienstreiseabrechnungen der BKA-Beamten Schultzke, Trede und Barbian, durch die geklärt werden sollte, wie oft sie zwischen Juni und August 1999 am Seegraben gewesen waren. Stattgegeben wurden Anträgen der Verteidigung von Rudolf Sch. auf Inaugenscheinnahme einer französischen Straßenkarte, dreier Fotos einer Bunkeranlage in der Bretagne und zahlreicher Fotos vom Seegraben.
Die Verteidigung von Axel H., wie auch die von Matthias B., forderten das Gericht auf "tatsächliche Hinweise auf den konkreten Tatbeitrag" ihrer Mandanten beim Anschlag auf die Berliner Siegessäule 1991 zu geben. Bislang wurde in der Anklage pauschal der Vorwurf erhoben, beide wären an der Tatortaufklärung und -absicherung sowie beim Ablegen des Sprengsatzes beteiligt gewesen. Rechtsanwalt von Schlieffen, Verteidiger von Axel H., stellte zudem den Antrag, Rechtsanwalt Euler als Zeugen zu laden. Er könne bestätigen, dass es keine Absprache mit der Zeugin Barbara W. gegeben habe, sich als Schützin beim Anschlag auf Harald Hollenberger zu erkennen zu geben. Mit drei weiteren Anträgen der Verteidigung von Matthias B. ging der Prozesstag nach knapp zwei Stunden zu Ende. So soll der Leiter des Bauamts Mitte geladen werden, der bestätigen soll, dass es kein unterirdischer Zugang zur Siegessäule existiert, wie es Tarek Mousli in seiner Aussage behauptet. Zudem sollen diverse Artikel aus verschiedenen Zeitungen verlesen werden, die kurz nach dem Anschlag auf die Siegessäule erschienen waren. Damit soll gezeigt werden, dass das vermeintliche Insider-Wissen des Kronzeugen nicht über die dort publizierten Details hinausgeht. Mit der Ladung des Leiters des Referats Grundstücks- und Gebäudebetreuung der Technischen Universität Berlin (TU) und der Leiterin der Personalabteilung der TU will die Verteidigung beweisen, dass Matthais B. keine Möglichkeit gehabt habe, Räume für RZ-Treffen zu beschaffen, wie es Mousli behauptet, und darüber hinaus deutlich machen, wie der Kronzeuge seine Aussagen immer wieder revidiert, um Widersprüche zu kaschieren. So hat er zuerst angeben, "Heiner" (laut Mousli Deckname von Matthias B.) habe 1986/87 "im Ausländerbereich der TU" gearbeitet, was er nachweislich nicht getan hat, um dann zu behaupten, diese Information habe er erst im Nachhinein von Dritten erhalten.

Der Prozess wird am Donnerstag, den 23. Januar, fortgesetzt. Der Termin am Freitag, den 24. Januar, wurde aufgehoben.

 

16.01.2003
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