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Berlin: 103. Prozesstag: Herr Mousli will sich nicht festlegen

103. Prozesstag: Herr Mousli will sich nicht festlegen

Geladen für mindestens drei Tage, bleibt es wahrscheinlich für lange Zeit bei dem heutigen Auftritt von Tarek Mousli. Der Kronzeuge der Anklage sollte heute zu den diversen Themen Stellung nehmen, die seit seiner letzten Vernehmung im März 2002 im Prozess eine Rolle gespielt hatten. Wer eine intensive Befragung des Gerichts erwartet hätte, wurde enttäuscht. Ob es nun das Versenken eines Sprengstoffpakets im Seegraben anbelangte oder das angebliche Sprengstoffdepot im Mehringhof, ob die Fragen auf den Anschlag auf die Berliner Siegessäule 1991 oder sein finanzielle Gebaren abzielten, ob es die Aussagen der beiden ZeugInnen Barbara W. oder Elisabeth E. betraf, immer bemühte sich Mousli, sich nicht festzulegen. Er könne sich nicht genau erinnern, er würde es annehmen, das wisse er jetzt nicht mehr genau – so oder so ähnlich beantwortete er die meisten Fragen. Seine eloquente und zum Teil souverän bis kaltschnäuzig wirkende Art konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mousli sich bei allen Fragen hinter einem Erinnerungs-Vorbehalt versteckte. Auf die Frage, was er dazu sage, dass Barbara W. sich dazu bekannt habe, auf Harald Hollenberg 1986 geschossen zu haben, antwortete er beispielsweise: „Ich habe in Erinnerung, dass ‚Jon’ der Schütze war. Ich habe überhaupt nicht in Erinnerung, dass Barbara die Schützin war.“ Eine libidinöse Beziehung zu Elisabeth E.? Mousli: „Das würde ich verneinen.“ Ansonsten rettete er sich in Ausflüchte. Beschreiben sie, was passierte als sie das Paket 1995 in den Seegraben warfen? Mousli: „Ich habe es so hineingeworfen, dass man es nicht so ohne weiteres sehen konnte. Bei späteren Spaziergängen ist mir dann etwas schimmerndes aufgefallen.“ Das Gericht gab sich damit zufrieden, die Bundesanwaltschaft so wie so.
Wegen einer Operation von Sabine E. könnte dies der letzte Prozesstag für einige Wochen gewesen sein. Die morgige Hauptverhandlung fällt definitiv aus. Der Termin am nächsten Donnerstag wurde unter Vorbehalt festgelegt, denn an diesem Tag soll eigentlich die Operation der Angeklagten stattfinden. Laut Anwalt wird mit einer Rekonvaleszenz von zehn Tagen gerechnet. Die Strafprozessordnung lässt in einem solchen Fall eine Unterbrechung von bis zu sechs Wochen zu.

Die Fortsetzung der Hauptverhandlung ist offiziell, allerdings unter Vorbehalt, für Donnerstag, 7. November, um 9.15 Uhr terminiert.

 

31.10.2002
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