Am 19.06.2004 veranstaltet die Steg Hamburg in Zusammenarbeit
mit illustren Sponsoren wie der Investorengruppe Patrizia und der
Messe Hamburg die „Schanzenspiele“ im Schanzenpark.
Am gleichen Tag findet eine Demonstration gegen das geplante Hotel
im Wasserturm statt.
Die Hamburger Messe soll an den Bahnhof Sternschanze und das Hotel.angebunden
werden. Das Hotel soll in den Planungen von der ungenutzten Ruine
zur Visitenkarte des neuen Messegelände mit Promi Luxussuiten
unter dem Turmdach, Restaurant, Kongressbereich, Bar und Ballsaal
werden. Das Hotel im Wasserturm wird nicht nur die unkommerzielle
Nutzung des Parks einschränken, sondern auch zu vermehrten
Kontrollen und Bulleneinsätzen führen. Wir wollen auf
der Demonstration auch die Räumung des Wagenplatzes Bambule
in Erinnerung rufen, einen neuen Platz fordern und gegen weitere
drohende Wagenplatzräumungen unseren Widerstand ankündigen.
Wir fordern alle auf, an der Demonstration gegen das Hotel im Park
teilzunehmen und anschließend lautstark im Park rumzulungern
und eventuelle Infostände der Steg, Messe oder Patrizia Projektentwicklung
zu begrüßen. Wir wollen dabei nicht die Angebote zahlreicher
sozialer Initiativen aus dem Schanzenviertel behindern oder stören,
sondern uns mit eigenen Darbietungen einbringen und Kontakt mit
Verantwortlichen für den Hotelneubau suchen. Allerdings kritisieren
wir die unreflektierte Beteiligung von zahlreichen Initiativen an
dieser Inszenierung von Investoren und Steg.
„Wir organisieren uns immer so, wie es die Optimierung
ihrer Imobiliengeschäfte verlangt“
„Die PATRIZIA Projektentwicklung ist“ laut Eigenwerbung
„darauf spezialisiert, auf dem Gebiet der gewerblichen und
wohnungswirtschaftlichen Projektentwicklung die gesamte Wertschöpfungskette
abzubilden“ und finanziert den Bau des 4 Sterne Luxushotels
für den chronisch insolventen Käufer des Wassersturms
Ernest Storr. Nach Fertigstellung soll der ganze Schuppen dann an
die schicke Mövenpick Gruppe vermietet werden. Die Beteiligung
als Sponsor bei den Schanzenspielen feiert Patrizia dabei auf ihrer
Website ab. „Die PATRIZIA Projektentwicklung beteiligt sich
an der Veranstaltung als Sponsor, weil ihr sowie auch dem künftigen
Mövenpick Hotel „eine harmonische Nachbarschaft zum bestehenden
Leben im Sternschanzenpark sehr wichtig ist.“ So schleimt
sich die Immobilien AG erst ein, um später begeistert festzustellen
„Die Umbaumaßnahme des Wasserturms zu einem Hotel der
gehobenen Kategorie liegt voll im Zeitplan. Der Beginn der Bauarbeiten
ist für September 2004 terminiert.“ Ein Glück daß
Patriza vorher noch zum Mitfeiern einlädt. „Abends ab
etwa 19 Uhr wird es Musik von vier DJs geben, die den Sternschanzenpark
zu einer riesigen Tanzfläche machen wollen, auf der jeder mittanzt.“
Diese Aufforderung zum Tanz wollen wir uns selbstverständlich
nicht entgehen lassen!
Repression und Stadtentwicklung
Obdachlose und die ärmere Bevölkerung stellen in solchen
Konzepten lediglich Randgruppen dar, die es dann mittels Polizeipräsenz
zu vertreiben gilt. Die allgemeine Verteuerung durch umherstreunende
Messehorden erledigt den Rest.Bereits jetzt stellt die Steg freudig
fest: „Das Schanzenviertel wandelt sich rasant: Junge Firmen
aus der Multimedia-Branche bringen Arbeitsplätze in das Szene-Viertel,
das Nachtleben floriert.“ Und macht gleich darauf klar, wo
die Probleme liegen: „Auf der anderen Seite breiten sich Drogenhandel-
und Konsum aus, Anwohner klagen über zuviel Lärm und Dreck“.
Wie Abhilfe aussieht, machte der von der STEG ins Leben gerufene
Lobbyverein der Gewerbetreibenden „Standpunkt Schanze e. V.“
während der Hochphase der Auseinandersetzungen um die Schließung
des Drogenhilfeprojektes Fixstern im Dezember 2003 deutlich: „Die
überwiegende Mehrheit der Anwohner ist für die Verlegung
des FixSterns." gab der Vorsitzende Asmus Angelkort das Drogenhilfeprojekt
zum Abschuß frei, denn eine Verlegung war zu diesem Zeitpunkt
längst nicht mehr vorgesehen. Vom rechtspopulistischen Senat
war längst die ersatzlose Räumung angekündigt.
Auf welche empirischen Daten Angelkort seine Behauptung stützte,
blieb zwar sein Geheimnis, aber dennoch wurde deutlich, welche Zielgruppe
„Standpunkt Schanze“ und die Steg vertritt und wie Stimmungen
geschaffen werden. Zuerst werden die privaten Geschäftsinteressen
von Gewerbetreibenden zum Gesamtinteresse des Schanzenviertels definiert.
In einem anschließenden Mediationsverfahren mit rundem Tisch
bekommen dann konservative und vorurteilsbelastete Teile der AnwohnerInnen
Gehör und werden als Volkes Stimme verkauft, während kritische
Stimmen, Obdachlose oder DrogenuserInnen in einer Gemengelage aus
Hundekot, Müll und schlechter Straßenbeleuchtung als
das eigentliche Problem ausgemacht werden.
Vor diesem Hintergrund braucht es keine große Phantasie, um
zu erahnen, welche Diskussionen über vermeintlichen Dreck,
Lärm und störende ParknutzerInnen sich mit den Betreibern
eines 4-Sterne Hotels im Schanzenpark in kürzester Zeit entwickeln
werden. Die Macht, die hinter den wirtschaftlichen Interessen der
Hamburger Messe liegt, wird dabei jede soziale oder politische Frage
vom Tisch wischen.
Wir sehen schon die schwarzen Sheriffs eines privaten Sicherheitsdienstes,
finanziert von Messe, Hotelbetreibern oder kleingewerbetreibenden
aus der Schanze, durch den Park schleichen und Leute verscheuchen,
weil diese angeblich das subjektive Sicherheitsempfinden von Messebesuchern
und Hotelgästen stören. Ist der Messezugang am Schanzenbahnhof
erst verwirklicht und das Hotel durch Untertunnelung desselben erst
an das Areal der Messe angebunden, wird aus der Sicht des Senates
die Sicherheitslage im Schanzenviertel dann von einer lokalen Frage
zu einer Standortfrage des wirtschaftlichen Wettbewerbs der Metropolen.
Bauwagenplätze verteidigen
Im Zuge des viel umworbenen Konzeptes der wachsenden Stadt wird
nicht nur der Speckgürtel um Hamburg erschlossen, sondern auch
eine wirtschaftliche Verdichtung innerhalb der Stadt vorangetrieben.
Nicht verwertetes Gelände wird aufgespürt, gegebenenfalls
von störendem Gesocks und Bauwagenplätzen befreit und
durch Bebauung wirtschaftlich urbar gemacht.
Großprojekte wie die Messeerweiterung und Hafencity sind umfangreiche
Beispiele dieser Verdichtung der Stadt nach innen. Sanfte Sanierung,
vermeintliche Bürgerbeteiligung oder Baulückenschließungen
durch die Steg bilden die sozial verträgliche Verwertungsvariante.
Allen gemein ist die Zerstörung von öffentlichen Räumen,
die unkommerziell genutzt werden könnten und als innere Peripherie
der städtischen Sicherheits- und Vertreibungspolitik, potentielle
Räume für das gepflegte Herumlungern, kreative Anfälle
und Widerstand offen lassen. Durch die ökonomische Verdichtung
wird der öffentliche Raum dabei privatisiert, für Besserverdienende
reserviert und durch Repression abgesichert.
Bereits die Räumung der Bambule am 02.10.04 stand in Zusammenhang
mit der Messerweiterung und damit dem Hotel im Wasserturm. Im Zuge
der Erweiterung der Messe und der damit einhergehenden allgemeinen
Aufwertung im Karoviertel, sollte der störende Platz Bambule
verschwinden. In den langfristigen Plänen des Hamburger Senates
vertragen sich Wagenplätze wie Bambule oder das im Herbst diesen
Jahres bedrohte Wendebecken in Barmbek nicht mit den großspurigen
Plänen einer wachsenden Stadt. Wir werden aber auch weiterhin
Widerstand gegen die geplanten Räumungen von Wagenplätzen
organisieren und die Besetzung neuer Plätze unterstützen.
Solidarität entwickeln
Im Zusammenhang mit der Neubesetzung der Harkortstraße durch
Bambule im September 2003 und der anschließenden Räumung
wurden 84 Menschen zu Geldstrafen zwischen 200 und 1000 Euro verurteilt.
Derzeit rollt eine Prozesslawine, die sich Fortsetzen wird mit den
Prozessen gegen die BesetzerInnen der Hafenstraße vom 24.04.2004.
Bei dieser Repression geht es nicht nur um die Menschen, die Bauwagen
den Mietwohnungen vorziehen. Ziel ist es vielmehr, konservative
Lebensentwürfe zu etablieren und anderen aufzudrängen.
Eigenständige, kollektive Projekte sollen zerstört oder
unmöglich gemacht werden. Diese Repression setzt sich jetzt
auch im Widerstand gegen das Hotel im Wasserturm fort. Am 29.05.2004
wurden 3 Leute u.a. mit dem Vorwurf des Widerstandes, aus dem Schanzenpark
vorübergehend weggehaftet. Hintergrund war ein aufgehängtes
Transparent, auf dem zu lesen war „Kein Hotel im Wasserturm
sonst knallts“.
Widerstand leisten!
Mit unserem Widerstand gegen das Hotel im Wasserturm wollen wir
keine heile Schanzenviertelwelt verteidigen, sondern gesellschaftliche
Widersprüche und Brüche zum Ausdruck bringen, die tagtägliche
Repression und Ausgrenzung so genannter Randgruppen bedeuten. Wir
wollen Räume in der Stadt offen halten für selbst bestimmte
Projekte, temporäre Inszenierungen unserer Unzufriedenheit
und als kulturelle Freiräume außerhalb der kommerzialisierten
Eventkultur von Fitnesscentern, Kneipen, Clubs und Großraumdiscos.
Wir wollen uns auf ungenutzten Flächen langweilen oder auf
manchen eben Bauwagenplätze als visuelle Brüche in der
herrschenden Ordnung zelebrieren. Auf der Demo am 19.06. fordern
wir daher nicht nur „Kein Hotel im Wasserturm“ sondern
auch den Erhalt der Hamburger Wagenplätze und einen neuen Platz
für Bambule.
19.06.2004: Demonstration
"Schanzenpark für alle"
13 Uhr Steintorplatz (HBF)
Autonome im Viertel
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