Geschenkt...
Gibt’s im Kapitalismus nix, das ist ja schon lange klar. Aber
in letzter Zeit werden massiv und immer mehr die Grundsicherungen
gestrichen, die früher mal erkämpft wurden. Rente, Sozialhilfe,
Arbeitslosengeld werden gekürzt, Tarifverträge ausgehebelt,
Bildung privatisiert und immer stärker wirtschaftlich ausgerichtet,
wofür dann auch noch Gebühren fällig sind. Gleichzeitig
steigen die Preise für Grundbedürfnisse wie Wohnen, Essen,
Mobilität, Arztbesuche etc. Die Folgen sind eine zunehmende
Individualisierung und Verarmung, weil immer mehr Zeit für
den Existenzkampf des/der Einzelnen draufgeht.
Und während immer mehr Menschen sich immer weniger leisten
können, suggerieren ihnen die Werbung, die Medien und ihre
NachbarInnen, dass auch ihr Glück im Besitz der richtigen Statussymbole
und Markenidentitäten liegt – die Angst, nicht dazu zu
gehören, wiegt bei manchen fast so schwer wie die realen Mängel.
Alle gegen alle
Dabei wird immer wieder der Eindruck vermittelt, dass jedeR für
ihre/seine Lage selbst verantwortlich ist: die alleinerziehende
Mutter, die mit dem Sozi nicht mehr über die Runden kommt,
und deren Schwarzarbeit endlich legalisiert wurde, damit sie ihr
mickriges Einkommen auch noch versteuern kann; der Langzeitarbeitslose,
der sich einfach nicht richtig vermarktet, RenterInnen, die zu alt
werden, DrogenuserInnen, die einfach zu labil sind. Diese abgedrehte
Logik soll den Kampf um die Krümel (mehr war eh nie vorgesehen)
so stark anheizen, dass nur noch die vermeintlichen KonkurrentInnen
fixiert werden, damit nur ja nicht Blick und Wut auf die kapitalistische
Verwertungslogik gerichtet werden. So steht nicht nur im Arbeitsleben
Ich-AG gegen Ich-AG, und wer aus dem allgemeinen Dauerwettrennen
aussteigt, hat gleich schon verloren.
Gegen diejenigen, die bewusst oder unbewusst, mit oder ohne Absicht
gegen die Regeln des Systems verstoßen, wird mit verschärfter
Kontrolle und Repression vorgegangen. So sind die Waren in Läden
und Kaufhäusern immer effektiver gesichert, private Sicherheitsdienste
sollen Fußgängerzonen „sauber“ halten, vermeintliche
DrogenuserInnen werden von einem Viertel zum näxten gejagt
und Arbeitszwang ist für viele SoziempfängerInnen schon
Realität. Auch die angebliche Öffnung von Staatsgrenzen
verlagert die Probleme nur: zwar können Waren problemlos Grenzen
passieren; für MigrantInnen dagegen werden z.B. die EU-Aussengrenzen
zur Hochsicherheitszone. Nicht umsonst war eine Bedingung für
Polens EU-Beitritt der Bau von neuen Abschiebeknästen an der
Ostgrenze.
Luxus? Für alle!
Der Staat behauptet, die BürgerInnen blockierten den Konjunkturaufschwung
durch „Konsumverweigerung“. Dabei kosumieren wir alle
recht gerne – wer will schon hungern oder frieren? Und auch
ein kleiner Luxus wie Kino, Konzert, Kaffee kann ruhig hin und wieder
mal drin sein.
Die Probleme liegen woanders: Auf der einen Seite die haarsträubenden
Produktionsbedingungen, die keine Rücksicht auf die Menschen
in den entsprechenden Betrieben oder auf die gnadenlose Ausbeutung
von Ressourcen zulassen. Auf der anderen Seite die immer größeren
Unterschiede zwischen dem, was sich die einzelnen leisten können.
Selbstorganisation statt Ich-AG
Dabei haben wir alle die Möglichkeit zu entscheiden –
nicht nur „was kann ich noch bezahlen?“ sondern auch:
„das will ich nicht mehr bezahlen.“
Indem wir zum Beispiel zusammen einklauen gehen, Schwarzfahren durchorganisieren,
leerstehende Häuser und Plätze besetzen, ohne Hemmungen
vor Copyrights downloaden und Daten tauschen oder Konzerte und ähnliche
Kulturveranstaltungen nichtkommerziell organisieren, können
wirgemeinsam Freiräume für selbstbestimmtes und solidarisches
Handlen innerhalb des bestehenden Systems erkämpfen und etablieren.
Aneignung
Ein Beispiel für das Aneignen von kollektiven Wohn- und Lebensräumen
in Hamburg ist die Bauwagenbewegung. Seit der Räumung der Bambule
im November 2002 fanden unzählige Demos und Aktionen in jeder
Größenordnung statt. Dabei waren Themen wie Sozialklau,
„Sicherheits“wahn oder Ausschlüsse aus dem öffentlichen
Raum genauso präsent wie die unnachgiebige Bauwagenpolitik
der mehr oder weniger rechten Senate in dieser Stadt.
Und es geht weiter:
> Im September 2003 hat die Bambule versucht, das leerstehende
Gelände an der Harkortstraße dauerhaft zu besetzen. (Einige
Prozesse gegen die BesetzerInnen stehen noch an, mehr dazu bei den
Terminen.)
> Langsam aber sicher regt sich Protest und Widerstand gegen
das Luxushotel im Schanzenpark, dessen Bau eine weitere Verschärfung
von Ausgrenzung und Bullenpräsenz in der Schanze mit sich bringen
wird.
> Der Wagenplatz Henriette hat im März 2004 klar gemacht,
den Platz nicht freiwillig zu verlassen, und so immerhin eine befristete
Aussetzung der Räumung erreicht.
> Mit der Aktion „Einmal im Leben pünktlich sein“
haben im April 2004 über 100 bewohnte LKWs und Bauwagen auf
der zur Flaniermeile verkommenen Hafenstraße neue Plätze
gefordert und sichtbar gemacht, dass es weiterhin massiven Widerstand
gegen die Räumung von Wagenplätzen geben wird.
Das wird auch nötig sein, denn die Räumung des
Wagenplatzes Wendebecken zum 31.08.2004 ist bereits geplant.
Der Platz besteht seit Herbst 1999 und hat einen Mietvertrag mit
dem Bezirk Hamburg-Nord, der jedoch bis August befristet ist.
Im Anschluss an die Nutzung durch die WagenbewohnerInnen soll auf
dem Gelände eine Grünanlage entstehen. Wie und wann überhaupt
gebaut wird und wie die Bebauung des Wendebeckens finanziert werden
soll, ist bislang unklar.
Trotzdem war von Seiten des Bezirksamts bislang nur zu hören,
dass an dem im Vertrag festgeschriebenen Räumungstermin in
jedem Falle festgehalten wird. Gespräche über die Bereitstellung
eines Ersatzgrundstücks wurden von vornherein abgelehnt. Auch
von Seiten des Senats gibt es keinerlei Aussagen darüber, wie
mit dem sich abzeichnenden Konflikt umgegangen werden soll. Genauso
unklar ist, was unter der von Ole von Beust wage angedeuteten Liberalisierung
des Wohnwagengesetzes zu verstehen ist.
Für uns zeichnet sich ab, dass die CDU-Regierung an der Linie,
bis 2006 alle Hamburger Wagenplätze geräumt zu haben,
weiterhin festhält und wir mit der Räumung des Wendebeckens
ab dem 31.08.04 rechnen müssen. Klar ist, dass wir das nicht
hinnehmen werden. Die Wagen und BewohnerInnen können, wollen
und werden sich weder bis Ende August noch später in Luft auflösen.
Wenn nicht ein angemessenes Ersatzgelände zur Verfügung
gestellt wird, sehen wir keinen Grund den Platz freiwillig zu verlassen.
Um der Forderung nach dem Erhalt des Wendebeckens und aller anderen
Wagenplätze Nachdruck zu verleihen, werden wir weitere Aktionen
starten und uns mit Initiativen aus anderen Teilbereichskämpfen
besser vernetzen. Denn Wagenplätze sind nur ein Teil der Freiräume,
die in diesem System möglich gemacht werden müssen. Wir
wollen uns in unseren Aktionen stärker aufeinander beziehen-
kontinuierlich dem Ziel entgegen:
Alles für alle – und zwar umsonst
18.06.2004
Fahrraddemo
"Wagenplätze bleiben"
14.40 Sternschanze
19.06.2004: Demonstration
"Schanzenpark für alle"
13 Uhr Steintorplatz (HBF)
18.06.2004
Soliparty für Prozeße wegen Besetzung
der Harkortstr.
ab ca. 21 h mit Kickerturnier, Hip hop, Elektro, DnB, Cocktaisl
und Stummfilmen im Störte und Buttclub
30.juni (mittwoch) "hardcore for the harkortstr."
ab 21 h/ soli-trinken in netten oldschool ambiente mit
feinstem trueschool hc außer dose im Linken Laden (Kleiner
Schäferkamp 46)
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