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Inhaltsverzeichnis Inhalt Familie Schimpf im Maya-Land Aufwärts

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Pesos und Deutschmark

Auch in Hermann Schimpfs Leben mag es fette und magere Jahre gegeben haben. Nicht immer waren die Ernten gut, und die Schwankungen des Weltmarktpreises für Rohkaffee drückten bisweilen die Gewinnspannen. Doch ein armer Schlucker war der Tropenpflanzer aus Niedersachsen nie. Als Hermann Schimpf am 27.Juli 1976 starb, hinterließ er ein beträchtliches Vermögen. Allein seine in Europa angesammelten Konten, Immobilien und Ländereien besaßen einen Geschäftswert von über 8 Millionen DM. Jahrzehntelang hatte Hermann Schimpf die Exporterlöse unter anderem auf Konten der Ibero-Amerika Bank Hamburg, der Ibero-Amerika Bank Bremen und der Vereins- und Westbank International Luxemburg transferiert. Aber auch auf Schweizer Konten und verschiedenen Wertpapierdepots hortete er seine Profite. Die jährlichen Zinsen hätten ausgereicht, den ArbeiterInnen auf Liquidambar ein mehr als zufriedenstellendes Auskommen zu sichern. Aber solche Ideen waren dem Finquero aus Alemania fremd. Durch den Kauf von Häusern in Hamburg und Niedersachsen ließen sich schließlich noch zusätzliche Einnahmen durch Mieten erzielen. Im niedersächsischen Büren hatte er auch noch einen Forst- und Landwirtschaftsbetrieb erworben. Schätzwert 1977: eine Million.

Und wie es sich für einen Herren seines Standes gebührt, wurde auf das Äußere großer Wert gelegt. Kleine Accessoires wie ein goldener Herrensiegelring in massiver Ausführung und eingravierten Initialien, Manschettenknöpfe mit vier massiven goldenen Kaffeebohnen und Frackhemdknöpfe mit je einer 3/4 Zuchtperle lassen die Kolonialistenmentalität Hermann Schimpfs erahnen. Zuchtperlencolliers mit Diamanten, Goldringe mit Smaragden und Platinohrgehänge mit Brillanten gehörten zur Grundausstattung der Dame des Hauses. Während die TagelöhnerInnen auf Liquidambar nicht wußten, wie sie mit den spärlichen Essensrationen ihre Kinder sattbekommen sollten, lagerte im Safe des Hamburger Bankhauses Max Heinrich Sutor der Familienschmuck, der nach dem Ableben Hermann Schimpfs 1976 auf immerhin 198130 DM geschätzt wurde.

Berichten älterer Campesinos zufolge hatte Hermann Schimpf auf der Finca persönlich die Arbeiter mit einem Stock angetrieben. Zeit ist Geld, das wußte er. In Deutschland dagegen wollte er nicht als eigennützig gelten. Mit dem »Harz-Sanatorium Hermann Schimpf«, dessen Alleingesellschafter nun der Blindenverband Niedersachsen e.V. ist, schuf er sich nahe seinem Geburtsort Osterode sein eigenes Denkmal, das eine Werbebroschüre in den höchsten Tönen preist: »Ein Kur- oder Erholungsaufenthalt in dem leichten Reizklima am Rande des Süd-Harzes und in unmittelbarer Nähe der malerischen Stadt Osterode ist in jeder Jahreszeit attraktiv. Gesundung und Erholung kann der blinde oder sehbehinderte Gast auch durch tägliche Spaziergänge auf blindengerechten Wanderwegen finden, denn in unmittelbarer Nähe des Sanatoriums befindet sich eines der größten verkehrsfreien und zusammenhängenden Wanderwegenetze Europas. Unsere Gäste erwartet ein erlebnisreiches und vielseitiges Rahmenprogramm. Musikalische Unterhaltungs- und Heimatabende, Gesprächskreise, kreative und künstlerische Angebote sorgen für Abwechslung.« 1,2 Millionen DM ließ sich der edle Spender sein Lebenswerk kosten. Schließlich handelt es sich bei den Patienten dieser »Kur- und Rehabilitationseinrichtung für Sehbehinderte und Blinde« auch nicht um indianische Tagelöhner.



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