Die dunkle Bedrohung
In einer weit entfernten Galaxis. WelcheR Linke erinnert sich nicht voll Wohlgefühl an die Zeiten, als man aus dem Kino kam und alle Gestalten sofort ihre "wahre" Identität zuordnen konnte? Damals gab es in Hollywood ziemlich genau drei Arten von Menschen: Amerikaner, Sowjets und Nazis. Wobei die beiden letzteren Gruppen sich oftmals in etwas vereinten, was nach klassisch totalitaristischen Vorstellungen Hitler und Stalin miteinander gezeugt haben mußten. Diese Form der Propaganda war für die Linke sicher ärgerlich, aber immerhin wußte sie woran sie war und wie sie es kritisieren konnte.
Doch auch Hollywood geht mit der Zeit, oder vielleicht geht die Zeit mit Hollywood. Und so ist bei "Star Wars - Episode 1: Die dunkle Bedrohung" der Name Programm. Vergeblich suchen wir nach den Russen, die wir in den anderen drei Teilen so treffsicher an ihren grau-braunen Uniformen erkannten, vergeblich nach einem Darth Vader in SS-Kluft. Das Böse besitzt nicht einmal mehr ein Imperium, liegt also nicht mehr in der Sowjetunion - Es ist überall, sinister, manipulierend, wie die "Russenmafia".
Auch "Star Wars" muß also unter neuen Vorzeichen betrachtet werden - Und da diese teilweise weit Reaktionäreres implizieren als in den Siebzigern und Achtzigern, ist es nur passsend, daß es sich bei "Die dunkle Bedrohung" um ein Prequel handelt.
Gleich in den Anfangstiteln schlägt einem "Die unersättliche Handelsföderation" der Nimoudianer entgegen. Wer jetzt das Weltjudentum erwartet, irrt - fürs erste. Stattdessen beglücken die Nimoudianer die amerikanischen Zuschauer mit einem japanischen Akzent. Wie passend für die Amerikaner, die sich doch seit 1990 vor keiner Militärmacht mehr fürchten. Die japanische Wirtschaftsmacht ist allerdings eine "dunkle Bedrohung".
Doch auch für die Anhänger der "Neuen Mitte" Deutschlands ist das Feindbild richtig gewählt: Schließlich wußten die schon in ihrer "wilden" Jugend, daß geldgierige Technokraten mit riesigen Droidenarmeen das kapitalistische Böse verkörpern. Und das spricht nun auch für die Olivgrünen mit Akzent, schließlich liegt es jetzt, wo sie selbst an der Macht sind, im Ausland.
Wer nun fürchtet, den häßlichen Juden missen zu müssen, wird eines besseren belehrt. Als nächstes Original des Gruselkabinetts für Grüne Neo-Spießer begegnet uns der Schrotthöndler Watto. Er hat eine große Nase und ist habgierig. Deshalb wirken bei ihm auch keine Jedi-Tricks, nur Geld. Watto läßt arbeiten, und zwar vorzugsweise hübsche kleine Jungen. Wer wünscht sich da nicht, daß diese häßliche Rüsselnase mal dazu gezwungen wird, selbst richtig anzupacken - schließlich macht Arbeit ja frei.
Nach all diesen dunklen Bedrohungen braucht das Publikum verständlicherweise ein bißchen Erholung - die in Gestalt der Gungan-Knuddelneger daherkommt. Die sind religiös, haben einen amüsanten Slang, den Groove im Blut und sind ansonsten recht einfach gestrickte Naturkinder, die von einer geschlechtsumgewandelten Übermutter regiert werden. Und alles was sie wollen ist - wie könnte es anders sein - Respekt. Den gibt ihnen der moderne Multi-Kulti-Weiße natürlich gerne, schließlich ist er aufgeklärt und weiß, das er sich keinen Zacken aus der Krone bricht. Damit sind die Gungans auch schon eingebunden ins Gesellschaftsprojekt der Naboo und haben sich das Privileg erworben, für diese auf dem Schlachtfeld niedergemetzelt zu werden. Daß sie dabei nie ihren Sinn für Humor verlieren, versteht sich von selbst. Die reine Computergeneriertheit dieser Wesen wird zum inhaltstragenden Element - die Gungans sind beliebig viele, beliebig ersetzbar und sehen, mal abgesehen von ihren Anführern, alle gleich aus.
Soweit also zu den zeitgemäßen Implikationen des "Star Wars" der Gegenwart. Und wie ist es um die künstlerische Seite bestellt? Die hält, trotz nervender Wunderkinder, albernem Knuddel-Humors und hausbackener Dramaturgie, was sie verspricht. "Die dunkle Bedrohung" hat das Feeling, hat die Effekte, hat die Charaktere - und die "Neue Mitte" im Blut.
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