Erster Bericht von den Aktionen Pfingsten 2003

Das Hearing am Samstag (07.06.2003) im Veranstaltungssaal des Mittenwalder Turnvereins war mit ca. 350 TeilnehmerInnen sehr gut besucht. Einige Leute trafen allerdings mit erheblicher Verzögerung ein, weil die Polizei am Ortseingang vor Mittenwald Kontrollen durchführte, Personalausweise kontrollierte und teilweise Fahrzeuge (Busse und PKW) durchsuchte. In ihrem Überschwang soll die Polizei auch Busse kontrolliert haben, deren InsassInnen nichts mit den Aktionen zu tun hatten (Mitglieder eines Kegelclubs) und sich äußerst empört über derartige Schikanen zeigten.

Ein Bus aus dem Ruhrgebiet und einzelne PKW kamen glimpflich davon, der Bus aus Bremen wurde über eine Stunde festgehalten. Er wurde auf ein Kasernengelände eskortiert und durchsucht. Alle MitfahrerInnen wurden einzeln durchsucht, Aufkleber ("Sofortige Entschädigung") wegen nicht korrektem V.i.S.d.P. und Holzstangen für Transparente wegen eines Durchmessers, der die Auflagen um wenige Millimeter überschritt, beschlagnahmt.

Zu Beginn des Hearings erschien der 2. Bürgermeister von Mittenwald, Georg Schwendtner. Er sprach ein Grußwort, das einerseits die Schönheiten Mittenwalds, andererseits die Warnung vor Unbotmäßigkeiten, wie Denkmale zu beschmutzen und den Staat anzugreifen, und drittens die Aussage enthielt, daß die Mittenwalder Bürgermeisterei von der Friedfertigkeit aller an dem Hearing beteiligten Personen überzeugt sei und ihnen für ihr Anliegen viel Erfolg wünsche.

Die Beiträge der ReferentInnen waren qualitativ sehr gut und teilweise ergreifend. Zum Abschluß wurde eine an die Bundesregierung und die bayrische Landesregierung gerichtete Resolution verabschiedet, mit der die Entschädigungsforderungen der Opfer von NS-Massakern, die Strafverfolgung der noch lebenden NS-Kriegsverbrecher und die vollständige Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz gefordert wird. (Resolution)

Das Hearing wurde von der Polizei bewacht. Am Rande kam es zu einigen Unmutsäußerungen einheimischer Gebirgsjäger-Fans.

Die anschließende laute und lebhafte Demo durch Mittenwald mit ca. 450 TeilnehmerInnen war ebenfalls ein voller Erfolg, trotz strömenden Gewitterregens. Insbesondere bei der Auftaktkundgebung kam es zu Provokationen von teils angetrunkenen Bürgern. Die Polizei filmte und fotografierte die KundgebungsteilnehmerInnen intensiv und nahm ein Flugblatt mit unkorrektem V.i.S.d.P. zum Anlaß für eine Auseinandersetzung (Geschubse). Verletzte oder Festnahmen gab es nicht.

Bei der Mahnwache am Sonntag (ca. 200 TeilnehmerInnen) auf dem Parkplatz Luttensee kam es zu Rangeleien mit der Polizei und dort auch zu einer kurzfristigen Festnahme. Anlaß war der Wunsch der KundgebungsteilnehmerInnen, näher als polizeilich erwünscht an der Straße zu stehen, die der einzige Zufahrtsweg zum Versammlungsort der Gebirgsjäger auf dem Hohen Brendten ist. Als die Gebirgsjäger auf dieser Straße hinauf zu ihrer Feier fuhren, wurden sie mit Parolen (u.a. "Kein Vergeben, kein Vergessen - Mörder haben Namen und Adressen" und "Gebirgsjägerdivision, mörderische Tradition") begrüßt.

Die Zeit bis zum Ende der Gedenkfeier des "Kameradenkreises der Gebirgstruppe" auf dem Hohen Brendten wurde auf Seiten der antifaschistischen Gegenkundgebung dazu genutzt, Lieder des Widerstandes abzuspielen. Außerdem wurde der Polizei förmlich eine Liste mit 196 Namen ehemaliger Gebirgsjäger übergeben, deren Einheiten für die Massaker und Gefangenenerschießungen in verschiedenen europäischen Ländern verantwortlich waren. Während die Autokolonne des "Kameradenkreises" nach Abschluß der Brendten-Feier wieder hinunter fuhr, wurden diese Namen durchs Mikrophon verlesen und jeweils mit der Parole "Mörder" kommentiert.

Insgesamt waren die Aktionen ein voller Erfolg - zum einen wegen der hohen Qualität des Hearings, zum anderen weil die Präsenz der GegendemonstrantInnen im Ort und am Hohen Brendten gezeigt hat, daß die Traditionspflege der Gebirgsjäger durchaus angreifbar ist.