Parolen wie "Nie wieder Deutschland"
Nach Aufmarsch: Hermann Germeroth (92) will Aktivisten anzeigen

Garmisch-Patenkirchener Tageblatt vom 17.5. 2005

VON ANDREAS BEEZ Mittenwald - Hermann Germeroth versteckte sich nicht. Der 92-Jährige stand auf dem Balkon, als die Demonstranten am Samstag Nachmittag vor seinem Haus aufmarschierten. "Mörder, Mörder", schrien sie immer wieder, warfen ihm hasserfüllte Blicke zu. Per Lautsprecher verlasen die Aktivisten eine "Anklage", bezichtigten den Mittenwalder, er sei an Massakern der Gebirgsjäger in Griechenland beteiligt gewesen. Germeroth reagierte gelassen. "Warum sollte ich mich aufregen? Ich habe ein ruhiges Gewissen", sagte der frühere Marktbaumeister dem Tagblatt.

Allerdings wollte er die Behauptungen nicht tatenlos hinnehmen. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth fotografierte er die Teilnehmer der so genannten "Kundgebung". "Als Beweismaterial", erklärte Germeroth, "ich werde Strafanzeige wegen Verleumdung erstatten."

Sein Anwesen war nur eines von vielen Zielen der Demonstranten an diesem verregneten Pfingstsamstag. In vier "Sternmärchen" zogen sie gruppenweise durch den Ort, skandierten lautstark linksextreme Parolen wie "Nie wieder Deutschland - Kommunismus jetzt" oder "Internationale Solidarität".

Am Matthias-Klotz-Denkmal vereinigten sich die rund 450 Aktivisten. Es kam zu Gerangeln mit Spezialpolizisten von den "Unterstützungskräften" (USK). Diese Sondereinheit wurde heuer erstmals in Mittenwald eingesetzt. "Unter den Demonstranten sind auch Gewaltbereite, die bereits in der Hamburger Hafenstraße und in Berlin-Kreuzberg in Erscheinung getreten sind", erläuterte Polizei-Sprecher Klaus Schürgers. Viele Mittenwalder schauten dem Treiben kopfschüttelnd zu.

Nach mehreren "Redebeiträgen", in denen "Morde der Gebirgsjäger" angeprangert wurden, setzte sich der Demonstrationszug wieder in Bewegung. Am Friedhof legte Professor Maurice Cling, ein Überlebender des Mittenwalder Todesmarsches, symbolisch einen Kranz nieder. 1945 waren Häftlinge aus dem Vernichtungslager Dachau durchs Isartal getrieben worden, viele starben. Die geplante Abschlusskundgebung am Bahnhofsplatz fiel ins Wasser. Die meisten Demonstranten suchten - völlig durchnässt - in einem mitgebrachten Zelt Schutz. Offensichtlich hatte dann auch keiner der Aktivisten mehr Interesse daran, wie in den vergangenen Jahren den Kameradschaftsabend der Gebirgsjäger zu stören. Es blieb ruhig rund um den Postkeller.