Widerspruch, Protest und Reaktion zum Edelweiss

In drei langen Jahren zum Teil gewiefter Inteventionen durch Antifaschisten, Antimilitaristen und Autonome gegen die Traditionspflege des Kameradenkeises ist einiges in Mittenwald passiert. Nachfolgend eine Textrevue aus diesem Zeitraum

 

Interim Nr. 569 vom 3.4.2003

Mein Opa ist Kriegsverbrecher und wohnt in Mittenwald

Nach Presseangaben besuchte am 18. Mai 2002 eine Zahl von 56 Autonomen aus Köln in der Kneipe Postkeller das fünfzig lange Jahre ungestörte Kameradschaftstreffen der Gebirgsjäger. Ohne größere Behinderungen gelangten sie über eine Treppe und in einem kommunistischen Sinne vorbei an einem Eintrittstisch in den mit ca. 200 Gebirgsjägern, Bundeswehrsoldaten und ihren Angehörigen voll besetzten Kneipensaal. Sie positionierten sich dicht, in einen lang gezogenen Pulk gedrängt, ungefähr in der Mitte des Saales und sorgten mit der an die Tanzkappelle gerichteten Aufforderung: “Hey, du machst jetzt mal die Musik aus!” für einen kurzen Ruhemoment. Eine Sprecherin erklärte den zunächst verblüfften Anwesenden, dass man nun hier eine Schweigeminute für die von den Gebirgsjägern in Griechenland während des Zweiten Weltkrieges massakrierten Zivilisten durchführen werde. Die Orte dieser Massenverbrechen waren dabei auf einer ganzen Reihe von mitgebrachten Schildern gut sichtbar aufgeführt. Die Angesprochen verstanden den Sinn dieser Ansprache sofort, und wussten genau, wer und was gemeint war. So dauerte es noch nicht einmal 30 Sekunden, bis sie anfingen zu brüllen, rabiat und handgreiflich zu werden. Im Nu verwandelte ihre direkte Reaktion den Veranstaltungssaal des Postkellers in einen Hexenkessel. Ziemlich schnell gelang es ihnen, von einem für den Raum zu grossen Megaphon das Kabel zum Mikrophon abzureißen. Glücklicherweise konnte ein Genosse von einem Tisch aufrecht stehend mit einem zweiten erheblich besser handhabbaren Megaphon dafür sorgen, die brüllenden Kneipeninsassen über das legitime Anliegen dieses Besuches zu unterrichten: “Komeno, Distomo - Edelweiß – Totenweiß“ ; “Gebirgsjäger – Totenjäger”. Die vom Rhein angereisten Genossinnen scheinen auf die wutentbrannt vorgetragenen tatkräftigen Zugriffe der Gebirgsjäger nicht ganz unvorbereitet gewesen zu sein. Es muss allen klar gewesen sein, dass sie in einer bayrischen Kneipe mit einer ganz anderen Form der körperlichen Gewalt konfrontiert sein würden, als bei einem Polizeieinsatz. So sorgten sie dicht aneinander gedrängt mit direkt in Gebirgsjägergesichter geschriene aggressive Flüche für einen ersten gewissen körperlichen Abstand. Wurden die Genossinnen doch von den Gebirgsjägern angelangt, so sorgten alle umstehenden in Form direkter Zugriffe, mit denen zuweilen sechs bis zehn Hände die Angreifer packten und zurück stießen, sofort für eine unmissverständliche Abwehr derartiger Übergriffe. Vorbildlich hier die Aktion eines Genossen, der einem drohend gestikulierenden Gebirgsjägeropa durch die kurzerhand durchgeführte Entfernung des Tirolerhutes vom Kopf Schach Matt setzte. Während die prügelwilligen Gebirgsjäger in den für Momente hasserfüllten Auseinandersetzungen im Postkeller auch in einem subjektiven Sinne in kaum gehemmten Formen der Gewalttätigkeit agieren konnten, galt für die Genossinnen ultimativ, alles zu vermeiden, dass ein Gebirgsjäger sichtbar für alle anderen getroffen dort zu Boden ging. Das hätte unter Umständen zu einer Eskalation des ganzen Ge­schehens mit unabsehbaren Folgen für alle Beteiligten geführt. Ein paar lange intensive Minuten nutzten die Genossinnen die Gelegenheit, ihren tiefen Unwillen und ihre reflektierte Wut auf die Gebirgsjäger herab zu schütten, bevor sie langsam den Veranstalt­ungssaal der Kneipe ohne Hektik wieder verließen. Während des Abzuges der Genossinnen nutzen noch ein paar anwesende kampfsportgeübte Bundeswehrsoldaten die Gelegenheit, um diesen im Vorbeigehen und ohne von außen erkennbarer Aggressivität direkt und von anderem kaum zu bemerken gezielt ins Gesicht zu schlagen. Nach dem erfolgreichen Verlassen der Kneipe verschwanden die Genossinnen über ein paar Ho-Chi-Minh-Pfade Mittenwald so unerkannt wie sie überraschend von irgendwoher aufgetaucht waren. (...)

Pressemitteilung 19. Mai 2002

(…) Seit über 50 Jahren veranstaltet zu Pfingsten die Gebirgsdivision 1 (GD1) in Mittenwald eine Gedenkfeier zu Ehren ihrer toten „Helden“ an der teilweise mehrere tausend Menschen teilnehmen. Im Nationalsozialismus verübte diese Einheit der Wehrmacht diverse Massaker an Tausenden von Menschen in Griechenland, Italien, Jugoslawien, Polen und Finnland. Diese Tradition der Verehrung der Mörder und Verhöhnung der Opfer konnte über 50 Jahre lang unbehelligt stattfinden und sich dabei einer großen gesellschaftlichen Akzeptanz erfreuen. Als Mitveranstalter tritt hier die Bundeswehr - in auffälliger Kontinuität auch heute aktiv in Auslandseinsätzen, wie im Kosovo und Afghanistan -, speziell mit ihrer Gebirgsdivision auf, die die direkte Nachfolgerin der Wehrmachtsdivision ist. Bezeichnenderweise nannte der Kanzlerkandidat der CDU/CSU und Kameradschaftsmitglied, (...) Edmund Stoiber das Treffen „unangreifbare Tradit­ions­pflege“. Damit lag er falsch: Am gestrigen Pfingstsamstag besuchten ca. 50 Antif­a­schistInnen das im Rahmen der Gedenkfeier stattfindende „Schweine­bratenessen“ der Gebirgssoldaten in Mittenwald. Dort waren aktive und pensionierte Angehörige der Gebirgs­division, zwischen 20 und 80 Jahren, versammelt. Zu ihrem Vorhaben, eine Gedenkminute für die Opfer an dem Versammlungsort der Täter zu veranstalten, kamen die AntifaschistInnen allerdings nicht: Die aufgebrachten Traditionspfleger versuchten ihnen die mitgebrachten Schilder, auf denen die Kriegsverbrecher benannt wurden, zu entreißen. Auf die Konfrontation mit ihren Verbrechen reagierten die Täter mit Schlägen und Tritten. Diese erstmalige Behelligung der Naziverbrecher und ihrer Gesinnungsgenossen hatte zur Folge, daß 50 Personen in einer Jugendherberge in Urfeld von der Polizei bis jetzt unter Herbergsarrest gestellt werden. Der Versuch, eine spontane Kundgebung für den heutigen Sonntag in Mittenwald durchzuführen, wurde durch ein polizeiliches Demonstrationsverbot verhindert. Dies erstaunt uns nicht vor dem Hintergrund, daß diese Art der Traditionspflege Bestandteil deutscher Normalität bis heute ist. Brisanz gewinnt dieses Vorhaben der Polizei nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Entschädigungsforderung der Überlebenden und Angehörigen der Opfer der Wehrmacht und speziell der Gebirsdivision, die derzeit vor allem in Griechenland offensiv artikuliert werden. Wir erklären uns solidarisch mit den Opfern der Gebirgsdivision, der Wehrmacht und des Nationalsozialismus!

Kein Vergeben, kein Vergessen!

AntifaschistInnen im Hausarrest

Garmisch-Partenkirchener Tagblatt 9.11.2002

Pfingsttreffen: Nun ermittelt der Staatsanwalt / Hakenkreuzträger angezeigt

VON CHRISTOF SCHNÜRER Mittenwald - Das 45. Pfingsttreffen auf dem Hohen Brendten wird ein juristisches Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft München II bestätigte dem Tagblatt, dass gegen die Welt­kriegsveteranen aus Tirol, die bei der Gedenkfeier am Ehrenmal Hakenkreuzorden getragen hatten (wir berichteten), ermittelt werde. Anzeige erstattet hat die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN). Die gleiche Organisation hat zudem der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen“ eine Liste mit 71 noch lebenden Wehrmachtssoldaten zur Überprüfung geschickt - darunter auch zwei Mittenwalder.

Garmisch-Partenkirchener Tagblatt 4.3.2003

Hakenkreuzträger nicht belangt / Staatsanwaltschaft München hebt Ermittlungsverfahren auf

(...) Ein knappes Jahr nach dem umstrittenen Pfingstfest am Hohen Brendten in Mittenwald ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft München II nun gefallen: Das Verfahren gegen zwei Tiroler Weltkriegsveteranen, die dort Hakenkreuzabzeichen getragen hatten, wird eingestellt. „Ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung ist nicht gegeben“, heißt es abschließend im Bericht der Staatsanwaltschaft. (...)

Garmisch-Partenkirchener Tagblatt vom 5.6.2003

„Brendten-Gegner“ machen ernst

Drei Tage vor Pfingsttreffen beschmieren Unbekannte Ehrenmal Mittenwald - Die Gegner des Pfingsttreffens haben erste, unverkennbare Spuren hinterlassen: In der Nacht auf Mittwoch haben vermutlich linke Aktivisten das Ehrenmal auf dem Hohen Brendten bei Mittenwald mit Parolen wider die Traditionspflege der Gebirgstruppe beschmiert. Damit haben sich also drei Tage vor Deutschlands größter Soldatenfeier die Befürchtungen des ausrichtenden Kameradenkreises bewahrheitet. Der erstattete gestern Anzeige gegen Unbekannt. „Es tritt das ein, wozu im Internet aufgerufen wurde“, meint Hans Behringer. „Wir müssen rechnen, dass sie nochmal zuschlagen werden.“ Mit „sie“ meint der Sprecher des Kameradenkreises radikale Kräfte, die sich im linksextremen Spektrum bewegen.

Auf den beiden porösen Steintürmen des Ehrenmals ist seit gestern nun in schwarzen Lettern zu lesen: „Gegen die Traditionspflege der Gebirgsjäger“ und „Entschädigung aller NS-Opfer“. Auf der Betonplatte davor finden sich Namen der beiden griechischen Orte Distomo und Kommeno, in denen es 1943 und 1944 zu Übergriffen der deutschen Wehrmacht gekommen war.

„Sauerei“, erregt sich Mittenwalds Bürgermeister Hermann Salminger, „da sieht man, was das für Herrschaften sind.“ Ex-Offizier Behringer weiß, dass Salminger der Gegenveranstaltung im Ortszentrum „schweren Herzens“ zugestimmt habe, „weil er weiß, dass diese vielen Mittenwaldern nicht gefällt.“ Aber man lebe in einem Land, wo die Polizei die Ordnungsmacht ist, so der Murnauer. „Und sie wird präsent sein und uns vor Übergriffen schützen.“

John Hooper in The Guardian, June 7, 2003

Germany confronts Nazi atrocity / Reunion of war veterans intensifies calls for prosecutions over Cephalonia massacres

Mittenwald, nearly 1,000 metres up in the Alps, epitomises the wholesome face of Germany. Visitors come to hike and ski, or to marvel at the town’s elaborately painted 18th-century houses. But today the town that Goethe called a “living picturebook” will be hosting an event that has become a focus for controversy over an uglier - indeed, horrific - side of Germany’s rich history.

This year, as every year, veterans of the 1st Gebirgs (Mountain) Division of Hitler’s Wehrmacht, are to gather in the town where many of the division’s regiments were raised. But this year, like last year, they will not be alone in recalling the past. Several hundred Autonomen - independent far leftwingers - are expected to descend on Mittenwald to disrupt the reunion. Mike Moore who was arrested at last year’s protest, said he and about 60 others gained entrance to the party. “You can just imagine the reaction. For about 50 years, nothing had happened, and all of sudden there we were in the middle of their celebration.”

He and the other protesters were trying to draw attention to an action 60 years ago in which troops of the 1st Gebirgs Division played the leading role: an operation that formed the dramatic centrepiece for the novel Captain Corelli’s Mandolin by Louis De Bernières, and which has been described as one of the most horrifying war crimes.

In September 1943, shortly after Italy pulled out of its alliance with Germany, as many as 5,300 Italian soldiers were slaughtered on the Greek island of Cephalonia. The “execution” of the Italian commander and 137 of his officers took more than four hours. Italian marines were made to dump the bodies at sea before they were lined up to be killed.

Stavros Niforatos, who was on Cephalonia at the time, remembers finding dozens of bodies amid the scrub. “Some had had their throats cut, like slaughtered sheep,” he told Der Spiegel magazine.

Yet only one man, General Hubert Lanz, has been convicted of a role in the atrocity. In 1968, an investi­gation launched with help from the Nazi-hunter Simon Wiesenthal was shelved after four years. It later emerged that the prosecutor’s superior had been a Nazi stormtrooper. Two years ago, however, a Dortmund prosecutor, Ulrich Maass, reopened the file. He is investigating 300 surviving veterans and has taken statements from about 100. This week, he revealed that he was expecting to bring charges against 10 men. The number may be paltry, but the investigation goes to the heart of a dispute that has now raged in Germany for two years. (...)

Garmisch-Partenkirchener Tagblatt 10.6.2003

Deutsche Gebirgsjäger an Pranger gestellt Brendtengegner fordern Wiedergutmachung

Mittenwald - Samstag, 10.15 Uhr: Langsam füllt sich die Mittenwalder TSV-Halle, vorwiegend mit jungen Menschen, so zwischen 16 und 26 Jahren. Fast alle schleppen einen Rucksack mit Campergepäck mit sich, setzen sich im hinteren Teil des Raums auf den Boden, weil die Stühle schon weitgehend besetzt sind. Rotgrundige Transparente werden angebracht, Zettel verteilt. Das Impressum und Bücherstände machen klar, politisch ist man weit links der Mitte. Hier stellen Anarchisten, Kommunisten, PKK-Unterstützer und PDS-Mitglieder die Mehrheit, alles, wovor das bürgerliche Lager Angst hat. Als Zweiter Bürgermeister Georg Gschwendtner die Versammlung begrüßt und Bürgermeister Hermann Salminger wegen familiärer Gründe entschuldigt, lachen viele hämisch. Ebenso, als er sagt, Sachbeschädigung und Angriffe würden missbilligt.

Absolut still wird es im Saal, als Peter Gingold, dessen Familie in Auschwitz ermordet wurde, moniert, dass erst 1964 der erste Auschwitzprozess stattgefunden habe, und dass die NS-Täter sich selbst stets als Opfer darstellten und keine Reue zeigten. Man könne auch davon ausgehen, dass jeder Träger des Bandenkampfordens an Massakern teilgenommen habe. Da gerade die Gebirgsjäger am Balkan und in Griechenland im Partisaneneinsatz waren, sei es richtig, das Hearing hier und heute zu veranstalten.

„San des alle Kommunisten?“ fragt lautstark ein älterer Herr mit Edelweißabzeichen am Hut. „Das sind alle Antifaschisten“, bekommt er höflich zur Antwort. (…)

Höhepunkt der Veranstaltung ist es, als der Schriftsteller Argyris Sfountouris, ein Überlebender des Massakers von Distomo, leise und eindringlich an menschliche Ideale appelliert. Es gab deutsche Soldaten, die auf ihre innere Stimme hörten, statt auf die Befehle von Mördern. „Ein Wunder, im vierten Kriegsjahr und nach zwölf Jahren NS-Drill.“ Er wünscht sich nicht nur Strafe für die Täter, sondern Trauer und Reue. „Entschädigung wäre so wichtig, weil damit Schuld eingeräumt werden würde.“ Die Deos versagen in der überhitzten Halle, aber es bleibt andächtig still, als Aristomenis Singelakis die Entschädigungsforderungen präzisiert. Durch deutsche Truppen seien in Griechenland 1,1 Millionen Menschen umgekommen. Gerd Rößler

 PANORAMA Nr. 627 vom 12.6.2003

0-Töne Gebirgsjäger auf dem Hohen Brendten:

„1965 wären sie nicht gekommen, weil da waren wir 3.000 Soldaten, da wär’ es noch zur Sache gegangen, ist meine Meinung. Und ich könnt’ da noch mehr dazu sagen, weil das regt mich gleich so auf.“

„Gegenveranstaltung - das können sie bei den Preußen da machen. Das muss sofort unterbunden werden, es sind wieder allerhand da.“

„Da stellen wir eine Bürgerwehr auf, und dann hauen wir sie raus, die Krüppel.“

„Die Leute, die so was machen, gehören entsorgt.“

Frage: „Warum?“

Mann: „Weil das ist eine Schweinerei, ist das, die Väter oder Großväter von diesen Burschen verunglimpfen.“

Joachim Tornau in Frankfurter Rundschau 10. 7. 2003

Wehrmachts-Veteranen wollen nicht an Massaker erinnert werden / Protest gegen Feier der Gebirgstruppe / Opfer berichten von Kriegsverbrechen / Bundeswehr unterstützt Traditionstreffen

Am Wochenende sahen sich die 2000 Teilnehmer der größten soldatischen Feier in Deutschland, dem Traditionstreffen der Gebirgsjäger, erstmals großen Protesten gegenüber. Der Arbeitskreis „Angreifbare Traditionspflege“ und die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) hatten ein Hearing mit Historikern und Überlebenden der Kriegsverbrechen organisiert. Mit zitternder Hand zeigt Amos Pampaloni auf eine Stelle in seinem Nacken. Hier, berichtet der 93-jährige italienische Weltkriegsveteran, habe ihm der deutsche Offizier die Pistole zum Genickschuss aufgesetzt und abgedrückt. Doch wie durch ein Wunder überlebte Pampaloni die Schussverletzung und musste mit ansehen, wie die übrigen 80 Männer seiner Einheit nach und nach von Wehrmachts-Gebirgsjägern ermordet wurden. „Die deutschen Soldaten sind dann singend abgezogen“, erinnert er sich. Es war der 13. September 1943 auf der griechischen Insel Kephalonia. So wie Pampalonis Leute wurden an diesem Tag mindestens 4000 italienische Kriegsgefangene kaltblütig von den Deutschen hingerichtet. Es war eines von mehr als 50 Massakern, die die deutsche Gebirgstruppe in ganz Europa anrichtete und die bis heute nicht gesühnt wurden. Nachdem Ermittlungen in den 60er Jahren ergebnislos eingestellt wurden, versucht gerade die Staatsanwaltschaft Dortmund, das Verfahren wieder aufzurollen.

Als Amos Pampaloni seine erschütternde Geschichte am Samstag im bayrischen Mittenwald erzählte, war er seinen Peinigern von einst vielleicht so nah wie seit damals nicht mehr. Denn in dem malerischen Kurort nahe der österreichischen Grenze treffen sich alljährlich zu Pfingsten die Veteranen der Wehrmachts-Gebirgsjäger, um gemeinsam mit Soldaten der Bundeswehr ihrer gefallenen Kameraden zu gedenken. Die Gräueltaten ihrer Einheiten bleiben dabei unerwähnt. Für den unkritischen Schulterschluss zwischen Alt und Jung sorgt seit fast fünfzig Jahren der „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“ - ein Traditionsverband, in dem sich rund 8000 ehemalige und aktive Gebirgsjäger zusammengeschlossen haben. Auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) zählt zu seinen Mitgliedern.

Bei der Gegenveranstaltung verliehen die VNN und der Arbeitskreis „Angreifbare Traditionspflege“ ihrer Forderung nach Bestrafung der Täter und Entschädigung der Opfer durch so erschütternde Augenzeugenberichte wie dem von Pampaloni Nachdruck. Mit einer Demonstration durch Mittenwald und einer Mahnwache entlang der einzigen Zufahrtsstraße zu der Feier der Gebirgstruppe am Ehrenmal auf dem Hohen Brendten erinnerten die 400 VVN-Aktivisten an die Massaker. Damit lösten sie heftige Reaktionen aus. Von den Veteranen mussten sie sich wütende Beschimpfungen anhören, mancher alte Herr wollte gar handgreiflich werden. Der Präsident des Kamer­adenkreises, Brigadegeneral a. D. Ernst Coqui, sprach von „Verleumdungen“ und „Beleidigungen“. Er wolle sich nicht vorschreiben lassen, wessen er zu gedenken habe. Beim Volkstrauertag gedenke er ja auch nur Soldaten und nicht etwa Verkehrsopfern.

Für die Bundeswehr ist diese Haltung kein Grund, sich von dem Treffen zu distanzieren. Wie immer beförderten Militärbusse die Veteranen. Uniformierte und bewaffnete Soldaten hielten die Ehrenwache. „Nicht alles entspricht meiner Auffassung“, sagte Generalmajor Kersten Lahl, offizieller Vertreter der Bundeswehr bei der Feier. Aber er persönlich denke im Stillen an „alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“, wenn er den Kranz des Verteidigungsministeriums niederlege.

Zum 8. Mai nach Mittenwald

Wenn die Säge sägen will ...

Wir haben am 8. Mai am 59. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus dem Gebirgsjägerdenkmal am Hohen Brendten in Mittenwald einen nächtlichen Besuch abgestattet.

Ausgerüstet mit einer feinen, aber sehr lauten Motorsäge kamen wir in der Absicht das Holzkreuz des Ehrenmals abzusägen.

Zu unserem großen Bedauern entpuppte sich das Holzkreuz im Schneetreiben als stabiler frischlackierter Stahlträger, den unsere Motorsäge nicht durchsägen wollte und konnte. So haben wir unsere Tätigkeit auf das ausführliche Beschriften des Ehrenmales beschränken müssen, für das wir auf das dankenswerter Weise aufgebaute Gerüst stiegen:

Mit Spezialfarbe steht seit dem 8. Mai 2004: "Mörder unterm Edelweiß. Wir trauern um die Opfer der Gebirgstruppe.

Kommeno, Lingiades, Kephallonia, Korfu, La Chapelle, Rovaniemi, camerion, Fabriano, Seyssel, vercors.

Um unserem Protest gegen die Unterstützung der katholischen und evangelischen Pfaffen für die Gebirgsjäger-Vetreranen zu unterstreichen, haben wir das Stahlkreuz in luftiger Höhe noch mit Mülleimern mit der Aufschrift "Haltet das Ehrenmal sauber" geschmückt.

Das soll ein dezenter Hinweis für die Standortpfaffen aus Mittenwald sein, dem diesjährigen feldgottesdienst fern zu bleiben und Segnungen und Beichten bei den Mördern unterm Edelweiss zu unterlassen. Dem Kunstzimmerer aus Mittenwald, der heuer am neuen Kruzifix für das Mörder-Denkmal schnitzt, raten wir zur Arbeitsniederlgeung und zum Streik.

In diesem Sinne:

Weg mit den Denkmälern der Gebirgsjäger! Für die Bestrafung der Kriegsverbrecher!

von NachtwanderInnnen

GAPT vom1.5.2004

Erneut Schmierereien am Ehrenmal

(...) Das Pfingsttreffen der Gebirgstruppe wirft bereits die Tage vor Allerheiligen seinen Schatten voraus: Gestern jedenfalls stand ein fassungsloser Hans Ostler, Chef der Mittenwalder Ortskameradschaft, vor dem völlig beschmierten Ehrenmal auf dem Hohen Brend­ten. Ja, Unbekannte hatten sogar versucht, dass Kruzifix anzuzünden. „So schlimm wie dieses Mal war`s noch nie“, meint Ostler. „Das ist eine völlig neue Dimension“, bemerkte gestern gegenüber dem Tagblatt der ehemalige Sprecher des Kameradenkreises, Hans Behringer aus Murnau. Der Oberstleutnant a. D. ist sich sicher: „Die wollen Mittenwald und ihren Bürgermeister weiter schädigen.“ Möglicherweise besteht sogar ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem inzwischen dritten Zwischenfall auf dem Hohen Brendten und der Jahreshauptversammlung des Kamer­aden­kreises der Gebirgstruppe am Wochenende in der Münchner Bayernkaserne. (...)

Inzwischen hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen. Wie schon in den beiden Fällen zuvor, Juni 2003 und Mai 2004, besprühten bislang unbekannte Täter, vermutlich aus dem linksextremen Spektrum, mit roter Farbe die beiden Granittürme mit den bereits bekannten Schlagwörtern wie „Mörder“ und „Kriegsverbrecher“. Weiter finden sich auf den Säulen Namen bekannter Wehrmachtsoffiziere, unter anderem der von Dr. Reinhold Klebe, (...) Der Sachschaden beläuft sich auf zirka 1500 Euro. Mittlerweile hat die Mittenwalder Ortskameradschaft Anzeige gegen unbekannt erstattet. Am Tatort suchte die eingeschaltete Kriminalpolizei nach weiteren Spuren - bis dato ohne Ergebnis.

GAPT vom 29.5.2004

Polizei löst Großalarm aus

(...) Das Pfingsttreffen der Gebirgstruppe auf dem Hohen Brendten (Sonntag, 10.30 Uhr) verspricht nicht nur wegen der prognostizierten Temperaturen „heiß“ zu werden. (...)Demonstranten in und um Mittenwald eingestellt. Einen ersten Vorgeschmack gab`s am Donnerstagabend in Wolfratshausen. Mit einem Großeinsatz der Polizei ist dort der Besuch von 31 zumeist jungen „Besuchern“ zu Ende gegangen. Friedlich hatten diese am S-Bahnhof gegen das Pfingsttreffen am Hohen Brendten demonstriert. „Wir fahren mit dem Rad von München bis Mittenwald, um damit unseren Unmut zu verkünden“, berichtete einer der Teilnehmer, die drei Transparente entrollten und eine Piratenfahne schwenkten. Auf den Stoffbahnen forderten sie: „Mittenwald entwaffnen - Soldaten an den Herd.“ An Passanten wurden Flugblätter verteilt. Diese ziert eine Fotomontage mit Ministerpräsident Edmund Stoiber in Soldatenkleidung.

Die Polizei war rund um den S-Bahnhof in Zivil angetreten, um den „Zwischenstopp“ zu überwachen. Weil einige der Radfahrer das Privathaus von Stoiber anvisiert hatten, löste die Polizeidirektion Weilheim Großalarm aus. An der Stadtgrenze in Richtung Geretsried wurde den Radlern der Weg abgeschnitten. Alle wurden durchsucht. Das harte Vorgehen der Polizei begründete Direktionssprecher Klaus Schürgers mit dem besonderen Schutzbedürfnis der Familie Stoiber, aber auch mit den Erfahrungen mit gewaltbereiten Demonstranten bei früheren Pfingsttreffen. Im Zuge der Durchsuchung wurden auch die Flugblätter sichergestellt. „Wir prüfen, ob der Tatbestand der Beleidigung und der Verleumdung erfüllt ist“, so Schürgers in Anspielung auf das montierte Foto Stoibers in Soldatenuniform. (...)

Garmisch-Partenkirchner Tageblatt 1.6.2004

Langer Marsch durch die Vergangenheit / Zahlreiche Festnahmen bei Demonstrationszug der Brendtengegner durch Mittenwald

(...) Ernst Grube ist fassungslos. Gerade zischte ihm ein Passant entgegen: „Hitler hat vergessen, Euch zu vergasen.“ Ein Ausspruch, der den Überlebenden des Konzentrationslagers Theresienstadt bis ins Mark getroffen hat. Denn diesem Schicksal ist er nur um wenige Tage entronnen. Die Rote Armee hat Grubes Martyrium nach der Befreiung noch rechtzeitig beendet - für seine beiden Schwestern kam jedoch Stalins Armee zu spät. Wie bereits im Vorjahr nahm der gebürtige Jude mit rund 400 Gleichgesinnten in Mittenwald an den Kundgebungen gegen das Pfingsttreffen des Kameradenkreises auf dem Hohen Brendten teil; zu sehr seien auch deutsche Gebirgsjäger in Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs verwickelt gewesen, so der Tenor.

Hasstiraden wie eingangs erwähnt gibt es am Samstag öfters. Da wird mit dem Kopf geschüttelt und werden abfällige Bemerkungen gemacht. Vereinzelt gibt es am Rande des Demonstrationszuges aufgeheizte Diskussionen. Die Brendtengegner sollten lieber zum Bush gehen, meint einer, dem könne man eher solche Vorwürfe machen. Aber die NS-Zeit und damit einhergehende Verbrechen seien Geschichte. „Warum müsst Ihr diese nach 60 Jahren wieder aufrollen?“, fragt ein Einheimischer, der sich kurz darauf mit einigen Demonstranten ein heftiges Wortgefecht liefert. „Für die wäre jetzt der Hitler recht“, urteilt ein anderer älterer Mann über die meist jungen Demonstranten, die vornehmlich aus der linken Szene stammen. Sie hätten doch keine Ahnung vom Krieg,kosteten den Staat nur Geld.

Der Demonstrationszug setzt sich vom Bahnhof Richtung Zentrum in Bewegung - abgeschirmt von etwa 200 Polizisten, ausgerüstet mit Schlagstock und Helm, alles gebannt auf Video. Der Tross muss immer wieder gestoppt werden, weil bestimmte Auflagen nicht erfüllt seien, so Polizeisprecher Klaus Schürgers.

Ansonsten jedoch verläuft die erste Strecke bis ins Gries ziemlich ruhig. Auf Höhe der Pfarrkirche überschlagen sich die Ereignisse: Ein Demonstrant brüllt „Bullenstaat.“ Die Polizei schreitet ein und nimmt ihn fest. Ein anderer widersetzt sich deren Zugriff, wälzt sich am Boden und wird von mehreren Beamten abgeführt. Insgesamt verbringen sieben Brendtengegner wegen „Verunglimpfung des Staates“ die Nacht zum Sonntag in Gefängnis-Zellen. Drei weitere werden wegen Marihuana-Besitzes oder anderer Vergehen festgenommen. Ebenso wie eine 13 Mann starke Skinhead-Gruppe aus dem Landkreis, die mehrmals versucht, die linksgerichteten Demonstranten zu provozieren. Eine Anzeige erhielt auch ein 59-jähriger Mittenwalder, der einen Hakenkreuz-Anhänger am Hut trägt.

„Ihr könnt ja nicht lesen, es steht an jeder Wand. Soldaten, das sind Mörder - und zwar in jedem Land“, ertönt es immer wieder in den Straßen Mittenwalds. Reihenförmig, im Gleichschritt rufen die Demonstranten Parolen, wie „Stalingrad war wunderbar. Nazi-Opa blieb gleich da“. Jugendliche verteilen Flyer, Info-Material oder den „Mittenwalder Landboten“. Eine ältere Dame steckt einem Polizisten einen Zettel in die Hand mit den Worten „Vielleicht lernt Ihr noch was“. Man wolle damit erreichen, dass die Kriegsverbrecher endlich zur Rechenschaft gezogen werden, betont Ulrich Sander, Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). „Diejenigen sollen aufgerüttelt werden, die Tür an Tür mit den Massenmördern leben.“

„... denn die Hölle wartet schon“

Keine Zusammenstöße während der Kundgebung am Luttensee - (...) „Zwölf Polizisten und zwölf blutrünstige Hunde würden`s für die auch tun.“ Wenig Christliches aus dem Mund eines Mannes aus Trier, der nur eine knappe Stunde später am Hohen Brendten an einer Gedenkmesse teilnehmen wird. Alles andere als friedfertig klingt`s auch von der Gegenseite: „Gottesdienst, das ist der Hohn, denn die Hölle wartet schon.“Es ist Pfingstsonntag, kurz vor 10 Uhr. Der Parkplatz am Luttenseelift füllt sich mit zumeist jungen Demonstranten, vornehmlich aus der linken Szene. Die Autokennzeichen verraten, wo sie herkommen: Frankfurt, Bremen, Köln, Berlin. Aus den Lautsprechern dringt „Bel Ami“, während die Bäuerin vom benachbarten Luttenseehof noch schnell am Zaun ihr Schild anbringt: „Heute Schweinebraten mit Knödel und Blaukraut“.

Derweil kreist oben ein Polizeihubschrauber. Er sendet Livebilder vom Brennpunkt „Luttensee“ zum Führungsstab in die Dienststelle Mittenwald, wo Weilheims Polizeidirektor Dietmar Valentin und sein Team den Einsatz der rund 200 Sicherheitskräfte koordinieren. Alles ruhig, keine Vorkommnisse.

Dann erklingt über Mikrofon die Stimme von Stephan Stracke. „Es müssen Namen genannt werden“, fordert der Sprecher des Arbeitskreises „Angreifbare Traditionspflege“. Und er nennt die Namen, auch von Wehrmachtsoffizieren aus dem Werdenfelser Land, die im besetzten Feindesland tagsüber Massaker verübten und abends dann im Blutrausch „Apfelkompott und Pudding verspeisten“. „Kein Vergeben, kein Vergessen, Mörder haben Namen und Adressen“, skandieren Strackes rund 400 Sympathisanten. „Und was macht die Bundeswehr beim Pfingsttreffen?“, fragt sich der wortgewaltige Historiker. Die stifteten solchen Kriegsverbrechern auch noch einen Kranz. (…)

Demo-Parolen

Kriegsverbrecher Militärstrategen – wir werden euch das Handwerk legen! ; Massaker, Vertreibung, Deportation – das ist deut­scheTradition! ; Lasst es krachen, lasst es knall’n – Deutschland in den Rücken fall’n! ; Zitat: Soldaten sind Mörder – Tucholsky hat Recht! Eure Taten das war Mord – zahlt Ent­schä­­digung jetzt sofort! ; Gebirgsjägerdivision – mör­der­ische Tradition! ; Kommeno, Distomo, das war Mord – Zahlt Entschädigung jetzt sofort! Kein Vergeben kein Vergessen – Mörder haben Namen und Adressen.

Unsere Zeit vom 11.6.2004

UZ : Wie ist die örtliche Bevölkerung mit den Protesten umgegangen?

Regina Mentner : Ein Großteil der Bevölkerung und die Mitglieder der Traditionsgemeinschaften begegneten uns mit offener Feindseligkeit bis hin zu blankem Hass. Der größte Teil der Mittenwalder Zivilgesellschaft stellt sich vorbehaltlos hinter die Gebirgsjäger und deren Traditionsfeier. (…). Dennoch gibt es auch einige Dissidenten unter der Bevölkerung, die sich positiv zu unseren Aktivitäten äußerten und sogar meinten, dass wir nächstes Jahr doch wieder kommen sollen. Einer der ortsansässigen Hotelbesitzer kaufte sogar eines unserer Bücher, wohingegen die Inhaberin der ansässigen Buchhandlung mit schroffer Ablehnung auf das Angebot unseres Buches reagierte.

UZ : Haben auch staatliche Stellen das Treffen der Gebirgsjäger unterstützt?

Regina Mentner : Bisher waren bei der Traditionsfeier auf dem Hohen Brendten immer Vertreter der bayerischen Landesregierung und der Landrat anwesend. Die Bundeswehr, die sich ein paar Tage vor dem Pfingsttreffen noch von einer Teilnahme distanziert hatte, schickte dann doch ihr Gebirgsmusikkorps. Obwohl es erklärtermaßen keine politische Veranstaltung sein sollte und lediglich ein Feldgottesdienst zelebriert wurde, wurde vom Bundesverteidigungsministerium ein Kranz am Mahnmal niedergelegt.UZ: In der Presse hieß es, die Polizei sei mit unnachgiebiger Härte gegen die Antifaschisten vorgegangen. Was ist passiert?

Regina Mentner: Fast alle als Demonstranten verdächtigten Leute mussten bereits bei der Anreise die Personalien abliefern. Es ist zu vermuten, dass die anreisenden Feiergäste auf dem Hohen Brendten nicht in gleicher Weise behelligt wurden, obwohl darunter eine ganze Reihe von bekannten Kriegsverbrechern waren. Insgesamt gab es sieben Festnahmen auf unserer Seite. In einem besonders kreativen Sinne hat sich die bayerische Polizei den Vorwurf der „Beleidigung“ zu Nutze gemacht. So wurde eine Antifaschistin aus München, die sich auf dem Lautsprecherwagen befand, unter dem Vorwurf der „Beleidigung“ festgenommen, weil auf dem gleichen Lautsprecherwagen angeblich „beleidigende“ Plakate hingen. Die Plakate zeigen den Gebirgsjägergeneral Salminger, der 1943 glücklicherweise griechischen Partisanen in die Hände geriet, mit der zutreffenden Aussage „Mörder hinter dem Edelweiß“. (…) Die Demonstration selber lief quasi im Polizeispalier, sodass unsere Transparente nur sehr schlecht von der Bevölkerung zu sehen waren. Eine Vermittlung war daher kaum möglich. An beiden Protesttagen wurden wir permanent aus der Luft und durch mobile Videotrupps gefilmt. Das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit war faktisch ausgehebelt, wobei die Polizei als verlängerter Arm der Gebirgsjäger fungierte.

UZ : Werden Sie im nächsten Jahr wieder in Mittenwald demonstrieren?

Regina Mentner: (...) Die Entnazifizierung Mittenwalds (wird) noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Von daher kann ich mit gut vorstellen, dass wir auch nächstes Jahr wieder kommen.

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 12.1.2005

Teile von Kolping rücken von Pfingsttreffen ab

Diskussion mit Gemeinderäten /Während einer Informationsveranstaltung mit einigen Marktgemeinderäten wurde am Montagabend offen über dieses heikle Thema diskutiert. Zwei Stunden dauerte die von der Zweiten Kolpingsvorsitzenden Renate Hofbauer geleitete Diskussionsrunde, in der es um nichts Geringeres als „die Zukunft Mittenwalds“ ging. (...) Was die rund 30 Zuhörer mit am meisten beschäftigte, war die Brendtenfeier am 15. Mai, zu der vorwiegend linksorientierte Kräfte zu massiven Protesten aufgerufen haben. „Was macht die Gemeinde eigentlich, um diesen Saustall von Mittenwald abzuwenden?“, fragte ein Kolpingbruder in die Runde. Wenn die Demonstrationen in dieser Form weiter gingen, könne man den Fremdenverkehr bald streichen.

(Der stellvertretende Bürgermeister) Gschwendtner konnte hierzu nur erwidern, dass sowohl Innenministerium, Landratsamt, Polizei als auch Gemeinde durchhalten würden. Umso mehr, als die veranstaltende Ortskameradschaft auf keinen Fall vom Pfingsttreffen abrücken wolle. Leider sei das Demonstrationsrecht in Deutschland sehr großzügig bemessen. „Die Demonstranten loten das natürlich aus“, so Gschwendtner, „doch inzwischen haben wir mehr Polizisten als Demonstranten vor Ort. Wir müssen froh sein, das Bayerns Innenminister Günther Beckstein voll dahinter steht.“ (...) Auf den Einwand des ehemaligen Kolpingchefs Stefan Weineisen, er könne sich nicht vorstellen, dass der Bund Naturschutz mit dem geplanten „Protest-Camp“ auf den Buckelwiesen einverstanden sei, konnte Gschwendtner wenig erwidern. Auf die nochmalige Frage, ob man denn die Brendtenfeier unbedingt beibehalten müsse, bat Rudi Haller, von berufswegen Soldat, um Einsehen: „Es handelt sich um eine Versöhnung über den Gräbern, auch mit internationalen Kriegsteilnehmern.“ Dies sei der eigentliche Sinn der Feier. Greueltaten könne man nirgendwo ausschließen, verherrlicht würden sie jedoch am Brendten keineswegs. Kolpingmitglied Georg Sailer ließ trotzdem nicht locker: „Man könnte doch von der Ortskameradschaft verlangen, das Thema positiver, nämlich zu Gunsten von Mittenwald, zu behandeln. Müssen wir denn wirklich warten, bis das Problem ein Generationswechsel löst?“

Garmisch Partenkirchner Zeitung 14.1.2005

Optimismus im Standort Mittenwald / Deutliche Worte an Brendtengegner (...)

Bundeswehr und Mittenwald stehen Seite an Seite. Das war am Mittwochabend die klare Botschaft des Neujahrsempfangs im Offizierskasino, zu dem traditionell Vertreter von Lokalpolitik, Militär, Kirche und Gesellschaft erschienen waren. Hierzu eingeladen hatten der Standortälteste Rainer Stähler und Bürgermeister Hermann Salminger. (…) „Nachzugeben wäre das falsche Signal“ Oberstleutnant Rainer Stähler Stähler nahm zudem Stellung zum Pfingsttreffen der Gebirgsjäger, das in den vergangenen drei Jahren und wohl auch heuer wegen angekündigter Protestkundgebungen wieder in die Schlagzeilen geraten wird. „Gegenüber diesen Demonstranten nachzugeben, wäre das falsche Signal, sie zu ignorieren, wäre das Beste.“ Ähnlich sieht es der Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr, Bürgermeister Salminger. Mit Beifall quittierten die Zuhörer sein klares Bekenntnis zur Armee. „Soldaten dürfen als Mörder beschimpft werden. Jetzt retten sie in Asien Leben. Bei diesem Zusammenhang fehlen mir die Worte.“ Keinen Zweifel ließ Hermann Salminger am Zusammenhalt zwischen Bundeswehr und Marktgemeinde. Als Beleg hierfür nannte er die gelebte Patenschaft der Kommune mit der 1. Kompanie vom Bataillon 233, „denn das zeigt unsere Verbundenheit mit den Gebirgsjägern.“