Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
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Hamburger Abendblatt
[31.07.2000]

"Schweigende Mehrheit darf nicht mehr schweigen"

Fischer ruft zum Kampf gegen Rechtsextremismus auf - erneut Übergriffe auf Asylbewerber in Eisenach

Berlin - Zum entschlossenen Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass haben nach der Häufung von Anschlägen mit rechtsradikalem Hintergrund mehrere Spitzenpolitiker aufgerufen. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte, jetzt sei der Punkt erreichen, wo die schweigende Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr schweigen dürfe. Die Täter zielten auf das Kernelement der deutschen Demokratie, die Unantastbarkeit der Menschenwürde. In Eisenach wurden am Sonnabend zwei afrikanische Asylbewerber von Rechtsradikalen angegriffen.

Joschka Fischer machte zwar deutlich, dass es beim Bombenanschlag von Düsseldorf noch keine gesicherten Erkenntnisse gebe. "Allein die Tatsache, dass Ausländerhass als der wahrscheinlichste Hintergrund erscheint, sollte uns aufschrecken", sagte er. Auch Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) forderte die Bürger auf, aktiver gegen rechte Gewalt vorzugehen. Es gebe "zu viel klammheimliche Zustimmung und viel zu viel Wegschauen". Bereits rechtsextremistische Töne müssten "vollständig geächtet" werden. Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck beklagte, es werde zunehmend hingenommen, dass fast jeden Monat Menschen in Deutschland getötet würden, nur weil sie aus dem Ausland kämen. Die Gesellschaft dürfe sich "an so was nicht gewöhnen".

Die Bundesregierung will auf internationaler Ebene den Kampf gegen Hetze und Hass im Internet verstärken, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD). Die Bundeszentrale für politische Bildung solle den Kampf gegen rechts zum neuen Schwerpunktthema machen. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) will sich in den nächsten Tagen mit Staatssekretären mehrerer Ministerien beraten, um die bestehenden Maßnahmen zu überprüfen, zu bündeln und zu straffen.

Mehrere Politiker warnten davor, das Problem Rechtsradikalismus auf gewaltbereite Jugendliche zu reduzieren. Nach Ansicht des CDU-Politikers Heiner Geißler hat der Rechtsradikalismus in Deutschland "einen langen Arm bis in die Gesellschaft hinein, bis in Gerichte und Verwaltungen". Dies sei der Grund dafür, dass bei rechtsradikaler Gewalt häufig mehr als nur ein Auge zugedrückt werde.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) sprach für die neuen Länder von einer "Grundströmung hin zu Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft". Er warnte die ostdeutschen Kommunen davor, aus Furcht vor Imageschäden rechtsextremistische Vorfälle zu verharmlosen.

Die Welle rechtsradikaler Gewalt riss auch am Wochenende nicht ab. Im thüringischen Eisenach beschimpften und traten Jugendliche zwei Asylbewerber aus dem Sudan und Togo und verfolgten sie anschließend durch die Stadt. Die Polizei konnte die Täter festnehmen. Gegen die Zunahme von Gewalt gegen Ausländer protestierten am Wochenende in den brandenburgischen Städten Forst und Guben rund 400 junge Leute mit einem "antirassistischen Grenzcamp".


(ddp) Stefan Uhlmann


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