Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
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Berliner Zeitung
[27.07.2000]

Dauerversammlung statt Grenzcamp

Linke Aktivisten wollen in Forst mit zahlreichen Aktionen gegen die "Festung Europa" demonstrieren

FORST. Das "3. antirassistische Grenzcamp", das eigentlich morgen in Forst (Spree-Neiße) beginnen sollte, fällt aus. "Wir stellen dafür keine Fläche zur Verfügung", sagte Bürgermeister Gerhard Reinfeld (CDU). Dennoch wollen 1000 linke Aktivisten zu mehrtägigen Demonstrationen anreisen. Reinfeld fürchtet Krawalle mit der Polizei.

Ursprünglich sollte ab diesem Freitag bis zum 6. August mit einem Zeltlager, Demonstrationen und Informationsveranstaltungen über die "europäische Abgrenzungspolitik" und die "Festung Europa" diskutiert werden. Ziel war es auch, Wege zu finden, "der Abschottung der EU an ihren Außengrenzen" etwas entgegenzusetzen.

Neuntägige Dauerversammlung

"Wir wollen testen, wie ernst es das Land mit seinem Konzept des ´Toleranten Brandenburgs´ meint", sagte Sabine Schreiner, die das Camp organisiert hat. Das Camp ist eine Initiative der bundesweiten Kampagne "Kein Mensch ist illegal" und der Aktion "Noteingang". "Wir kommen nach Forst, auch wenn wir nicht zelten dürfen." Geplant sei nun bis zum 6. August eine "Dauerversammlung" auf einer Straßenkreuzung in Forst. Es wird dafür für jeden Tag eine neue Demonstration angemeldet. Die ersten sind bereits genehmigt. Doch die Polizei will längerfristige Störungen oder Blockaden des Verkehrs verhindern.

Wo die Teilnehmer nachts schlafen, ist noch nicht geklärt. In den acht Tagen werden auch 100 Flüchtlinge erwartet, die über ihre Erfahrungen informieren. Es ist ein Fußballturnier geplant sowie eine Antisemitismusveranstaltung in Guben.

Zwei ähnliche Camps fanden in den vergangenen Jahren in Sachsen statt. "Wir wollten diesmal nach Brandenburg, weil es auch hier Tote an den Grenzen gibt", sagte Sabine Schreiner. Forst wurde gewählt, weil es keine "rechte Hochburg" sei und man eine positive Auseinandersetzung mit den Anwohnern suche.

"Das Camp ist nicht willkommen, weil es imageschädigend ist", sagt Gabriele Schulz, die Sprecherin der Stadtverwaltung. Denn in Forst gebe es keine ausländerfeindlichen Übergriffe wie in Guben oder Schwedt. Außerdem sei die Sicherheit der Bürger der Stadt nicht gewährleistet, weil es bei den anderen Camps immer wieder Sachbeschädigungen, kriminelle Handlungen und Auseinandersetzungen mit rechten Gruppen gegeben habe.

"Beim Umfeld dieser Veranstaltung kann durchaus mit Straftaten gerechnet werden", sagte Heiko Homburg, der Sprecher des Innenministeriums. Es sei in der linksextremen Szene für das Camp geworben worden. Deshalb gebe es enge Kontakte zwischen dem Ministerium und der örtlichen Polizei.

Der Bundesgrenzschutz (BGS) moniert vor allem, dass es bei den zwei sächsischen Camps immer wieder unerlaubte Grenzübertritte gegeben hat, weil die linken Aktivisten "schwimmende Grenzübergänge" gebaut hatten. Da bei Forst die Neiße teils sehr flach ist, werden nun eben solche Aktionen erwartet. In Sachsen seien zudem BGS-Posten umstellt und Grenzübergänge blockiert worden. "Wir werden hier keine Rechtsbrüche dulden", sagte Peter Bönki, der Sprecher des Polizeipräsidiums Cottbus.

"Es ist unverständlich, dass diese Leute kriminalisiert werden", sagt Claudia Roth (Bündnis 90/Grüne), die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages. Sie unterstützt mit anderen Landes- und Bundespolitikern der PDS und der Grünen die Aktion. "Ständig sterben Flüchtlinge an den deutschen Grenzen und im Land, deshalb sollte man das Camp als Teil einer wehrhaften Demokratie gegen Rechts unterstützen."


Jens Blankennagel


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