Schnelle Wirkung

Bericht über CS in Wasserwerfern (Dokumentation)

Betr.: Einsatzmittel der Polizei

Die im Auftrag der Technischen Kommission durchzuführenden Erprobungen mit dem Wasserwerfer unter Verwendung des Reizstoffes CS sind mittlerweile abgeschlossen.

Als Anlage übersende ich den Abschlussbericht über die Versuche mit dem Wasserwerfer. Eine Beratung im Rahmen der Technischen Kommission ist aus Zeitgründen nicht mehr möglich, da der Bericht des Unterausschusses "Leitende Exekutivbeamte" bereits zum 22./23.3.1982 dem AK II vorliegen soll.

Nach Auffassung der an der Erprobung beteiligten Länder Bayern und Niedersachsen sowie der Forschungs- und Entwicklungsstelle für Polizeitechnik reichen die inzwischen durchgeführten Versuche zu einer abschliessenden Beurteilung der Eignung des Reizstoffes CS für die Verwendung von Wasserwerfern aus.

(…)

(Schadwinkel)

1. Einleitung

Die Polizeien anderer Staaten verfügen nur in begrenztem Umfang über Wasserwerfer, Erfahrungen über die Zumischung des Reizstoffes CS zum Spritzwasser des Wasserwerfers und die damit zu erziehende Wirkung lagen nicht vor.

Nachdem aus medizinisch- toxikologischer Sicht die Unbedenklichkeit der Verwendung des Reizstoffes CS durch die vorhandenen Gutachten erwiesen war, sollte durch Erprobungen die Frage der praktischen Anwendung aus taktischer und technischer Sicht untersucht werden.

Die unabhängig voneinander in verschiedenen Bundesländern mit dem Wasserwerfer 4 (Wawe 4) durchgeführten Versuche erbrachten unter Berücksichtigung der Versuchsbedingungen übereinstimmende Ergebnisse.

Rahmen und Umfang der Versuche waren unterschiedlich ausgelegt. Dabei wurde ein breites Spektrum abgedeckt, dies gilt insbesondere für die Ausrüstung und das Verhalten der Versuchspersonen sowie für die Witterungsbedingungen. Insgesamt sind bei den Versuchen mit Wasserwerfern etwa 200 Probanden der Wirkung der Reizstoffe ausgesetzt worden.

2. Versuchsdurchführung

Bei den zur Ermittlung der Wirkung des Wasser-Reizstoff- Gemisches durchgeführten Versuchen wurden in Bayern Reizstoff- Konzentrationen von rund 150 und 300 mg CS/I angewendet. Der Reizstoff wurde durch "Abregnen" an die Probanden gebracht.

Die in den Ländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schieswig-Holstein verwendeten Reizstoff- Konzentrationen lagen im Bereich zwischen 50 und 550 mg CS/1. Bei den Versuchen waren die Probanden direkt entweder für die Dauer von 60 Sekunden einem Wasserstrahl oder Strahlstössen (3-4) von je 20 Sekunden Dauer ausgesetzt.

Um eine gesicherte Aussage über den Einfluss der Konzentration auf die Wirkung machen zu können, wurden im Rahmen der in Braunschweig am 20.11.1981 durchgeführten Versuche durch die Probanden des Wasser-Reizstoff- Gemisches aufgefangen und deren Reizstoffanteil durch das Landeskriminalpolizeiamt Niedersachsen bestimmt.

Das Alter der meisten Probanden lag zwischen 18 und 30 Jahren. Sie waren unterschiedlich mit

Während des Bespritzens standen die Probanden oder bewegten sich in Richtung Wasserwerfer; im Wasserregen gingen sie umher.

3. Wirkungen des Reizstoffes CS

3.1. Wirkungen verschiedener Konzentrationen

Die Versuche bestätigten die Literaturangaben über die Wirkungen von CS.

Es wurden bei ungeschützten Probanden (Gesicht frei) folgende Symptome beobachtet bzw. durch die Probanden geschildert:

Diese Symptome traten mit zunehmender Konzentration (bei konstanter Expostitionszeit) mit in der o.a Reihenfolge auf. Die Wirkung wurde unterschiedlich empfunden; vor allem erstreckte sie sich auf die Reizung der Schleimhäute der Augen und der oberen Luftwege. Sie wurde insbesondere durch die Verwendung von Schutzkleidung und -geräten beeinflusst. Auch bei geschützten Personen kommt es daneben auf das Verhalten an. So war die Stärke der Reizwirkung im Atembereich auch von der Atemfrequenz abhängig.

Die in Bayern dem CS ausgesetzten Probanden berichteten über eine starke Wirkung auf die Atemwege schon bei einer Konzentration von 150 mg CS/i. Diese Beobachtung wurde bei den sonstigen Versuchen nicht bestätigt. Eine mögliche Erklärung ist in der Art der Anwendung zu suchen. Beim Abregnen der Reizstofflösung entsteht mehr Aerosol als beim Anspritzen, das direkt auf die Atemwege wirkt.

Die Probanden, die nach eigenen Angaben durch die Einwirkung des Reizstoffes handlungsunfähig waren, sagten aus, dass sie ca. 10 Minuten nach der Exposition wieder hätten aktiv werden können.

Bis auf wenige Fälle, bei denen leichte Kopfschmerzen von 1-4 Stunden Dauer auftraten, war die Wirkung des Reizstoffes auch bei einer Konzentration vor 300 mg CS/1 nach ca. 20-30 Minuten abgeklungen.

3.2. Wirkung auf Sicherungsbeamte, Besatzung des Wawe und sonstige Einsatzkräfte

Bei den Versuchen, die bei Aussentemperaturen zwischen 1 01 c und 2011 C durchgeführt wurden, traten im allgemeinen keine Beeinträchtigungen der Sicherungsbeamten, Besatzungen der Wawe und sonstiger Einsatzkräfte, die nicht vom Wasserstrahl getroffen wurden, auf.

Lediglich in Fällen, bei denen der Wassernebel durch Windeinfluss direkt auf die unbedeckte Haut gelangte, kam es zu geringfügigen Beeinträchtigungen.

Von den nach dem Wasserwerfer- Einsatz zurückbleibenden Wasserlachen ging, anders als bei CN, keine Beeinträchtigung aus.

Diensthunde und -pferde wurden dem Wasser-Reizstoff- Gemisch nicht direkt ausgesetzt. Soweit sie bei Begleitkräften eingesetzt wurden, konnten Wirkungen nicht beobachtet werden.

3.3. Wirkung auf Unbeteiligte

Dafür gilt die gleiche Aussage wie unter 3.2. ausgeführt.

Wirkung bei unterschiedlichen Aussentemperaturen

Die bisher durchgeführten Versuche wurden bei Aussentemperaturen zwischen 1 011 C und 20 0 C durchgeführt. Dabei wurde im Gegensatz zu CN kein Einfluss der Aussenternperatur auf die Wirksamkeit festgestellt.

4. Stammlösung

Bei den Versuchen wurde eine 5%ige CS- Stammlösung der Firma IDC Chemie, Freienbach /Schweiz, verwendet, der Preis je Liter beträgt z.Zt. sfr 40,- ab Werk.

5. Zumischeinrichtung

Die Analysen von zwei Versuchen ergaben deutliche Abweichungen nach oben und nach unten vom Sollwert. Die Ursache war nicht feststellbar. Unabhängig von den Ergebnissen der Analysen entsprach bei jedem Versuch der Verbrauch der Stammlösung der theoretische erforderlichen Menge.

6. Schlussfolgerungen

6.1. Wirksamkeit, erforderliche Konzentration

Die Literaturangaben über die grössere Wirksamkeit von CS im Vergleich zu CN sind insgesamt im praktischer Versuch bestätigt worden.

Die Versuche in Bayern haben ergeben, dass beim "Abregnen" mit einer CS- Konzentration von 150 mg/1 bei einer Aussentemperatur von 101 C eine ausreichende Wirkung erreicht werden kann.

Wird der Reizstoff durch "direktes Anspritzen" ins Ziel gebracht, so ist unter Berücksichtigung aller Umstände (Ausstattung der Störer) zum Erzielen einer schnellen Wirkung eine Konzentration von 300 mg CS/1 erforderlich.

Diese (und weitaus höhere) Konzentrationen sind nach den vorliegenden Gutachten medizinisch unbedenklich.

Die bei den Probanden festgestellten Symptome zeigten, dass jede Person, die der Reizstofflösung ausgesetzt wird, in der Regel noch die Möglichkeit hat, sich rechtzeitig vom Einsatzort zu entfernen. Werden die Schleimhäute der Augen getroffen oder dauert die Exposition fort, so kommt es zu der gewünschten Angriffs- und Fluchtunfähigkeit (Orientierungslosigkeit) durch Lidschluss,

6.2 Schutzmöglichkeiten beim Störer

Die Versuche haben gezeigt, dass es möglich ist, sich gegen die Einwirkung von Reizstoffen zu schützen. Dazu genügt als einfachstes Mittel eine über den Kopf gezogene Plastiktüte. (Scheisstip!, Anm. d. Redaktion) Auch Taucherbrille und ABC- Schutzmaske reduzieren stark die Wirksamkeit der Reizstoffe, Dabei ist aber zu bedenken, dass Schutzmassnahmen die Handlungsfähigkeit der Störer beeinflussen.

6.3 Auswirkungen auf die eigenen Kräfte

Bei Verwendung von CS ist es erforderlich, dass die Einsatzkräfte, die von der Reizstofflösung getroffen werden können, die Atemschutzmasken mitfahren und ggf. anlegen.

Die Verwendung von Gasschutzbrillen reicht nicht aus. Einsatzkräfte, die sich zwar in der Nähe des Wasserwerfers aufhalten. jedoch nicht von der Reizstofflösung getroffen werden, haben mit keiner Beeinträchtigung zu rechnen.

6.4. Vergleich CN/CS

6.4.1 Bei gleicher Konzentration tritt die Wirkung vor CS schneller ein als bei CN.

6.4.2 Bei gleicher Konzentration ist die Wirkung besonders bei ungeschützten Personen bei CS stärker als bei CN.

6.4.3 Beim Einsatz von CS kann ein anderes Verhalten des Störers (Orientierungslosigkeit) eintreten. Diese Orientierungslosigkeit ist bei CN nicht zu beobachten. Sie muss beim Einsatz berücksichtigt werden, da sich aus ihr Konsequenzen für das taktische Verhalten (Zugriff, Räumung) ergeben können.

6.4.4 Die Wirkung von CS ist örtlich und zeitlich begrenzter als bei CN, d. h.:

6.4.5 Die Wirksamkeit von CS ist im Vergleich zu CN unabhängig von der Aussentemperatur,

6.4.6 Die Wurfweite des Wasserwerfers ist unabhängig vom verwendeten Reizstoff.

6.4.7 Die Sichtmöglichkeiten der Besatzung des Wasserwerfers sind bei Verwendung von CS etwas schlechter als bei CN.

7. Empfehlung

7.1. CS sollte neben CN für die Verwendung im Wasserwerfer vorgesehen werden.

7.2 In der Regel sollte eine Konzentration von 300 mg CS/I im Mittel verwendet werden, es sei denn, dass taktische Gegebenheiten ein Abweichen von diesem Mischungsverhältnis erforderlich machen.

CS-Schaum am Bauzaun

 

Bis zu einem halben Meter hoch: CS-Schaum am Bauzaun (Wackersdorf 1986)