Umwerfender Wuchtkörper

Interner Bericht über MBB-Entwicklungsauftrag (Dokumentation)

Internes Papier der Polizeiführungsakademie (PFA) zur Distanzwaffenforschung, Frühjahr 1986

Abschrift

Vermerk
über den Sach- und Verfahrensstand bei der Entwicklung eines polizeitypischen Einsatzmittels

hier: Auftrag an die Firma MBB zur Entwicklung eines Wirkkörperwerfers und drei zugehöriger Wirkkörperarten

Die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren, der Länder hatte mit Beschluss vom 13.6.1984 das Land Nordrhein-Westfalen gebeten, der Firma MBB den Auftrag zur Entwicklung eines Wirkkörperwerfers zu erteilen und die finanzielle Abwicklung zu übernehmen. Die technische Betreuung wurde der Polizei-Führungsakademie übertragen. Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines polizeitypischen Einsatzmittels unterhalb der Schwelle des Schusswaffengebrauchs unter besonderer Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit.

Hamburg lehnte die Vergabe des Entwicklungsauftrages ab und beteiligte sich nicht an der Finanzierung. Die übrigen Bundesländer erklärten sich bereit, den Kostenanteil für Hamburg anteilmässig zu übernehmen.

Die Realisierung des Vorhabens soll in drei Entwicklungsabschnitten erreicht werden. Das Ergebnis des 1. Abschnittes zur Entwicklung eines Wirkkörperwerfers und drei zugehöriger Wirkkörperarten liegt nun vor. Es lässt nach dem Bericht der Polizei-Führungsakademie - Forschungs- und Entwicklungsstelle für Polizeitechnik - erkennen, dass

Fest steht aber auch, dass in Einzelfällen schwerwiegende Verletzungen jedoch nicht auszuschliessen sind.

Folgende Ergebnisse stehen im einzelnen fest:

  1. Wirkkörperwerfer: Bei Abwägung der Vor- und Nachteile stellte sich heraus, dass ein Gasdrucksystem mit Wirkkörpern, bei denen die Treibladung integriert ist, die technisch und wirtschaftlich günstigere Lösung gegenüber dem ursprünglich angestrebten VVirkkörperwerfer als Kolbensystem ist.
  2. Wuchtwirkkörper (WK 1): Mit dem entwickelten WK 1 mit Eigenantrieb wird die geforderte Einsatzreichweite von 60 m erreicht. Die ursprüngliche Idee eines "umwerfenden" Wuchtkörpers mit nur geringer Schmerzwirkung - wie beim Boxhieb kann allerdings nicht verwirklicht werden.
    Mit der für den WK 1 vorgegebenen Masse von 200 g und einer Mündungsgeschwindigkeit von 100 m/s muss mit einem hohen Verletzungsrisiko gerechnet werden. Selbst bei einer Reduzierung der V0 auf 50 m/s sind nach Angaben des Gutachters noch Schädelbrüche, Bewusstlosigkeit, Lungenblutungen und Rippenbrüche zu erwarten.
    Wenn auch mit dieser Verringerung der V0 die taktischen Forderungen gerade noch erfüllt werden, führt die damit verbundene starke Flugbahnkrümmung dazu, dass falsche Entfernungsschätzung eine merkliche Verlagerung des Treffpunktes ergibt. Aus dieser Gründen sind noch weitere Überlegungen erforderlich.
  3. Gummischrotwirkkörper (WK 2): Mit 12 Gummikugeln im WK 2 war keine ausreichende Wirkung auf die vorgegebene Einsatzentfernung zu erzielen. Die Zahl der Gummikugeln wurde daher auf 9 reduziert und die Mündungsgeschwindigkeit auf ca. 130 m/s erhöht.
    Mit dem WK 2 kann vor allem das Auge erheblich und bleibend geschädigt werden. Jedoch liegt die Trefferwahrscheinlichkeit, auf die Körperfläche bezogen, bei weniger als 0,5 % wobei auch Treffer auf den Hals nicht als ungefährlich anzusehen sind.
  4. Reizstoffwirkkörper (WK 3): Hier existiert bisher nur ein Modell. Der WK 3 soll aus einem zylindrischen, mit Schaumstoff umkleideter Alu-Rohr bestehen, aus dem 16 Reizstoffkörper in der Luft ausgestossen werden,

Nähere Einzelheiten zu dieser Zusammenfassung sind in dem als Anlage beigefügten Bericht der Polizeiführungsakademie über den Abschluss des 1. Abschnittes zur Entwicklung eines Wirkkörperwerfers mit drei zugehörigen Wirkkörperarten enthalten sowie in den Gutachten von Dipl.-Physiker Prof. Dr. med. K. Sellier vom Institut der Rechtsmedizin der Universität Bonn, über die biomechanische Wirkung der WK 1 und WK 2 auf den menschlichen Körper.

(Unterschrift)

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