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Quelle: unsere zeit - Zeitung der DKP 6. April 2001
Buchenwald-Workcamp 2001
Lebendige Geschichte
Liebe Freunde,
ich heiße Anne und werde in diesem Jahr 14 Jahre alt. Vor etwa drei Jahren bekam ich das
Tagebuch der Anne Frank in die Hand. Seitdem interessiere ich mich für die Zeit des
Faschismus, die Judenverfolgung und natürlich auch für den Neofaschismus heute. Ich habe
auch schon zweimal den Nazis ins Auge schauen "dürfen". Zum Glück waren meine Freunde stark
genug Schlimmeres zu verhindern. Auch die Polizei habe ich im Einsatz gesehen.
Komischerweise hatten die immer was gegen meine Freunde. Aber das wäre eine Geschichte
für sich.
Im vergangenen Jahr bekam mein Vati von einem Freund die Informationen über das
Buchenwald-Workcamp 2000. Dort sollten Arbeitseinsätze im Lager durchgeführt werden, aber
auch Treffen mit ehemaligen Häftlingen waren geplant. Auch mit Joschu, dem Kind von
Buchenwald. Ich hatte gerade den Film "Nackt unter Wölfen" gesehen. Dieser Film beschreibt
seine Rettung im KZ Buchenwald. Lange Rede, kurzer Sinn, ich musste hin und mein Vati fuhr
mit mir hin.
Die Begegnung mit Joschu war einmalig, diesen Menschen muss man erleben. Sein Schicksal
berührt, aber gibt auch Kraft. Wir wurden gute Freunde, das Schönste war am selben Abend:
Gaby Klees und Rainer Lemke spielten jüdische und internationale Lieder und Weisen. Wir
sangen und tanzten. Auf einmal war Joschu unter uns. Die obligatorische Zigarette im Mund.
Wir tanzten und sangen bis nach Mitternacht.
Am nächsten Tag besuchte ich das Lager Buchenwald, sah den Film, besuchte die Ausstellung.
Ich stand an der Stelle im Krematorium, an der Ernst Thälmann erschossen wurde. Ich war
froh das ich von Joschu vieles erfahren hatte und dass mein Vati mir manches erklärte. In
der Ausstellung ist nicht alles klar erkennbar. Ich musste dann nach Hause fahren, obwohl
ich gern geblieben wäre. So viele Eindrücke waren zu verarbeiten.
Im Herbst 2000 habe ich auch die Gedenkstätte Lidice und auch die Kinder von Lidice
kennengelernt. Mein Vati und mein Bruder hatten gemeinsam mit Freunden die ersten Rosen für
den Garten des Friedens und der Völkerfreundschaft gepflanzt. Auch da lernte ich tolle
Menschen kennen, zum Beispiel Vera Pikova, eine 81-jährige Kommunistin, die mir zur
Freundin wurde.
Jetzt haben wir 2001. Am 10. Juni um 13.00 Uhr findet in Lidice die Gedenkfeier statt. Es
müssen noch mehr Rosen gepflanzt werden. Vom 21.-28. Juli findet das nächste Buchenwald
Workcamp in Weimar statt. Ich werde dabeisein und im Camp diesmal nicht nur als Gast. Und
ich rufe alle Jugendlichen auf: Kommt mit, seid auch dabei! Lernt lebendige Geschichte!
Die Genossen sind älter als wir, lange können sie uns ihre Erfahrungen nicht mehr
persönlich mitteilen. Nutzt die Möglichkeit, solange es geht!
Infos zu Lidice: DKP Sachsen, Tel.: 0160-4068477
Mehr zu Lidice gibt es auch hier
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