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Medien für Flüchtlinge
Allein in Brandenburg sind im letzten Jahr, nach Angabe des Brandenburger Innenministeriums,
trotz der "Sommerlochdebatten" die "rechtsextremistischen" , "
fremdenfeindlichen und antisemitische Straftaten gegenüber 1999 um 77 von 288 auf 365
gestiegen" (+26,7 Prozent).
Dabei handelt es sich um 146 rassistische Delikte (118), davon 9 (7) im Propagandabereich
und 71 (62) gewalttätige und 34 antisemitische Delikte (25), davon drei im
Propagandabereich (5) und drei gewalttätige. Von diesen Straftaten konnten nur 38 Prozent
der Vorfälle geklärt werden (1999 waren es noch 60 Prozent). Dies zeugt gerade in diesem
Bereich von einer Verbesserung des Organisationsgrades der militanten Neonazis.
Dies sind nur die angezeigten Delikte die tatsächliche Zahl dürfte um einiges höher sein,
aus Angst vor der Rache der Täter und mangelndem Vertrauen in Polizei und Justiz zeigen
viele Opfer die Taten nicht an .
Ähnlich sieht die Situation in der kleinen Stadt Belzig ca. 100 km südöstlich von Potsdam
aus. Dort haben Neonazis bei einem Angriff am 31.12.200 Böller gegen die mehrfach
zerstörten Scheiben des Infocafes geworfen, dabei rassistische Sprüche gerufen ("Ausländer
raus!") und einen Jugendlichen mit einer Pistole bedroht. Der aktuellste Fall ist die
Bedrohung eines Flüchtlings am Belziger Busbahnhof am 12.02.01.
Doch im Gegensatz zu anderen Orten gibt es Initiativen wie das Infocafe, das es seit
ca. 2 Jahren gibt, die sich dem ansteigendem Rechtsextremismus entgegenstellen. Auf unsere
Frage ob sich gerade im letzten Jahr etwas geändert hat, wusste Ramona Stucki vom
Arbeitskreis Infocafe einiges zu berichten. Frau Stucki kommt zu dem Schluß "daß viele
kleine Schritte eine Veränderung ermöglichen". So sei es schon ein Erfolg, daß sich das
Infocafe als Treffpunkt etabliert hat, der vormittags von ca. 40 Flüchtlingen und
nachmittags von ca. 30- 40 deutschen Jugendlichen genutzt wird. Zu besonderen Anlässen wie
der "Reggae Night" kommen auch schon mal bis zu 100 Menschen. Frau Stucki sieht es auch als
Erfolg an, wenn einige ältere BelzigerInnen das Infocafe aufsuchen. Ein weiterer Fortschritt
sind die 5000 DM, die das Infocafe von der Amadeu Antonio Stiftung Berlin erhalten hat, aus
den Mitteln die der "Stern" zur Unterstützung antifaschistischer Initiativen zur Verfügung
stellte.
Es ist auch ein Ziel des Infocafes kontinuierlich inhaltliche Arbeit zu leisten, um zum
einen das Geschichtsbewusstsein zu stärken z.B. durch die Pflege des roten Winkel, und zum
anderen sollen Seminare zur gewaltfreien Konfliktlösung durchgeführt und der internationaler
Jugendaustausch gefördert werden. Dafür engagieren sich auch zunehmend Jugendliche im
Verein und nehmen an Bildungsveranstaltungen teil wie z.B. an einer Infoveranstaltung zur
Pogromnacht am 9.11.2000 mit einem jüdischen Zeitzeugen der damals 9 Jahre alt war. Einen
weiteren Erfolg sieht Frau Stucki darin, daß die Stadt jetzt einen ehrenamtlichen Koordinator
für "Ausländerarbeit und gegen Fremdenfeindlichkeit" eingesetzt hat der die verschiedenen
Initiativen und Vereine, sowie der Behörden koordiniert. Davon verspricht sich das Infocafe
einen besseren Informationsaustausch und Kontakte.
Auch in anderen Teilen von Belzig ist es zu Veränderungen gekommen, so sammelten im November
2000 SchülerInnen der Gesamtschule Belzig, die früher von Rechten dominiert war, 400
Unterschriften gegen die Ausweisung von 2 vietnamesischen Mitschülern. Hoah, einer der
beiden, war auch eine zeitlang sowohl im katholischen als auch im evangelischen Kirchenasyl.
Auch das Gymnasium und das Infocafe solidarisierten sich, am Infocafe hing ein Transparent
"Klasse Gesamtschule! Wir stehen zu Euch!!". Selbst Stolpe setzte sich, was nicht gerade
typisch für ihn ist, für Hoah ein, jedoch wollte dieser nicht soweit gehen einen
Präzedenzfall zu schaffen und ihm den Realschulabschluss zu ermöglichen.
Eine weitere, von uns sehr kritische gesehene, Entwicklung war die Gründung eines
Arbeitskreis "Kontaktaufnahme mit rechten Jugendlichen", nach einem rassistischen
Brandanschlag auf eine vietnamesische Familie in Belzig. In unseren Augen ist es wesentlich
nicht - rechte Jugendliche und deren Initiativen sowie Flüchtlinge zu stärken und
gleichzeitig faschistische und rassistische Einstellungen auszugrenzen und zu bekämpfen.
Vor diesem Hintergrund ist unser Projekt "Medien für Flüchtlinge" zu verstehen bei dem wir
in Kooperation mit dem Infocafe Belzig Zeitungen und Zeitschriften für Flüchtlinge, z.B.
Times, African Courier und Le Monde bereitstellen. Diese Zeitschriften stehen den
Flüchtlingen in den Räumen des Infocafes zur Verfügung.
Das Projekt "Medien für Flüchtlinge" haben wir nicht nur für, sondern auch in Kooperation
mit den Flüchtlingen durchgeführt. Margrit A. aus dem Belziger Flüchtlingsheim kommt
mindestens zweimal wöchentlich in das Infocafe. Für sie stellt die Bereitstellung der
internationalen Presse für die Flüchtlinge eine entscheidende Möglichkeit dar, diese seien
wichtig um sich zum einen über die Situation in ihren Heimatländern sowie in Deutschland zu
informieren. So erfuhren sie über die Änderung des Arbeitsverbotes für "AsylbewerberInnen"
aus dem African Courier. Sie berichtete davon, daß diese Zeitungen sehr viele Flüchtlinge
erreichen und inzwischen wichtige Diskussionsgrundlage darstellen.
Zu ihrer Situation in Belzig befragt äußerte sie, daß das Infocafe eine wichtigen
Anlaufstelle für die Flüchtlinge darstellt "they make us feel alive". Dies ist auch unter
dem Hintergrund zu verstehen das es ansonsten kaum weitere Möglichkeiten für Flüchtlinge
gibt sich außerhalb des Heimes zu treffen und viele Flüchtlinge, auch Margerit A. Angst vor
rassistischen Übergriffen in Belzig haben.
Neben den Zeitschriften werden aber auch die Möglichkeiten genutzt eine Einführung in dem
Umgang mit dem PC und Internet durch einen pensionierten Lehrer zu bekommen.
Margerit A. sagt aber auch das die Kapazitäten leider noch zu gering sind "every one needs
to have a basic knowledge of computer". Zu ihren Wünschen befragt äußerte sie außerdem, daß
ein Deutschkurs wichtig und notwendig wäre.
Das Geld, das wir durch Spenden bereitstellen konnten ist nun leider aufgebraucht, aber der
Erfolg war so groß das zumindest für die nächsten 3 Monate einige Zeitungen durch das
Infocafe weiter finanziert werden. Damit dies auch über einen längeren Zeitraum geschehen
kann bitten wir Euch liebe KollegInnen weiterhin zu spenden:
IG Medien Jugend Berlin Brandenburg
Verwendungszweck: Medien für Flüchtlinge
BfG Bank
BLZ: 10010111
Konto - Nr.1496831900
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