VVN-BdA trauert um Gründungsmitglied Prof. Hans Mayer:
Das Gründungs- und Ehrenmitglied der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, der
Literaturwissenschaftler Prof. Hans Mayer, ist im Alter von 94 Jahren in
Tübingen gestorben. Hans Mayer war ein grosser deutscher Gelehrter, der
internationale Anerkennung genoss.
Als promovierter Jurist und Mitglied der KPD(O) musste er 1933 als Nazigegner
emigrieren. Von Frankreich und der Schweiz aus wirkte er mit seinen
Möglichkeiten gegen das Naziregime. Nach der Befreiung hoffte er, "ein
wirklicher Aufbau Deutschlands von unten nach oben auf demokratischer
Grundlage sei möglich", bei dem die Frauen und Männer aus Widerstand und
Verfolgung "den deutschen Neuaufbau leiten können". Da dafür eine
politische Interessensvertretung notwendig war, engagierte er sich von Anfang
an beim Aufbau der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes", deren
erster hessischer Landesvorsitzender er 1947 wurde. Gleichzeitig war er
Chefredakteur von Radio Frankfurt, wurde jedoch 1947 von den Amerikanern
abgesetzt. Kurzzeitig lehrte er an der Akademie der Arbeit in Frankfurt/M.
In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistung und antifaschistischen
Überzeugung erhielt er 1948 einen Ruf an die Universität Leipzig, dem er
nachfolgte. Seine Bemühungen, nach der BRD-Gründung gesamtdeutsche
Kulturbeziehungen aufrecht zu erhalten, wurden durch bundesdeutsche
Institutionen behindert.
Wissenschaftspolitischer Streit führte dazu, dass er 1963 die DDR verliess
und nach Hannover, später nach Tübingen übersiedelte. Seine Kritik am
Dogmatismus in der DDR versperrte nicht seine kritische Sicht auf
gleichermassen verhängnisvolle politische Tendenzen in der BRD. Und so
begleitete er deren Entwicklung ebenfalls mit kritischer Distanz, was ihm bis
heute wenig Freunde machte. In dem Buch "Der Turm von Babel" formulierte er
1991: "Das Ende der DDR bedeutet nicht das Ende eines Denkens über
gesellschaftliche Alternativen."
Erst spät wurde ihm in unserem Land die verdiente Anerkennung zuteil.
Jüngst beschloss die Stadt Leipzig trotz politischer Gegenkampagnen, ihm die
Ehrenbürgerschaft zu verleihen.
Seine 1947 erhobene Forderung bleibt bis heute aktuelles Vermächtnis:
"Unsere Aufgabe ist, über alle Parteien, Bekenntnisse und Abstammungen
hinweg eine Vereinigung der Menschen zu schaffen, die warnen, die aufpassen,
die den Zeigefinger heben und die schreien, und die notfalls mit allen
Mitteln der Kraft der Zahl und der Überzeugung, die sie verkörpern, der
Welt zeigen, wie notwendig es ist, gegen den Nazismus zu kämpfen".
Dr.Ulrich Schneider, Bundessprecher der VVN-BdA
(www.vvn-bda.de)
|