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Stellungnahme der
oa(organisierte autonomie)
zur 10-Euro-Kampagne


Die oa hat es von Anfang an abgelehnt, die Kampagne „10 Euro für den Irakischen Widerstand“ zu unterstützen, da sie erhebliche Bedenken gegen die Irakische Patriotische Allianz (IPA) hat.
Die gleiche Meinung wird vom AAB-Nürnberg vertreten, in dem die Mehrzahl der Gruppen und Organisationen der revolutionären Linken Mittelfrankens vertreten sind.
Es ist Mehrheitsmeinung in Nürnberg, dass wir die Entwicklung im Irak weiter genauestens beobachten, aber im Augenblick keine Kraft im Irak erkennen können, die wir in dieser Art unterstützen würden.


WER DIE 10-EURO-KAMPAGNE UNTERSTÜTZT BEWEGT SICH AUF DÜNNEM EIS!

Vorab: Auch wenn wir die 10-Euro-Kampagne für unüberlegt und völlig falsch halten, betrachten wir die Leute die sie los getreten haben auch weiter als Genossinnen und Genossen. Widersprüche innerhalb der Linken lösen wir mit den Methoden der Diskussion, Kritik und Selbstkritik und nicht mit Gewalt.
Drohungen, Beleidigungen und Abreißen von Plakaten sind vielleicht Methoden von Antirationalen, haben aber in der Inner-Linken Diskussion nichts zu suchen.


UND DIESE KAMPAGNE MUSS KRITISIERT WERDEN !

Wir haben den Eindruck, dass sich die Genossinnen und Genossen mit ihrer Kampagne auf sehr dünnes Eis begeben haben. Uns ist aufgefallen, dass ein Teil der Mitglieder der IPA im Irak selbst nicht wirklich präsent sind, und zwei andere IPA-Gruppen sind uns sehr negativ in Erinnerung.
Die „Kurdische Islamische Armee“ ist nach Auskunft befreundeter und verbündeter ausländischer Organisationen bereits gewaltsam gegen Linke vorgegangen.
Und was ist ein „linker Flügel“ der Ba'ath-Partei? Seit Februar 1963, also bereits lange vor Saddam, fiel die Ba'ath immer wieder durch Massenmorde an Kommunisten auf.
Wenn also jemand die Ba'ath-Parteien als „sozialistische, populäre Parteien“ bezeichnet, ist das bodenlos.
Unsere Meinung ist: Wenn die beiden bekanntesten Vertreter der IPA antikommunistische Organisationen sind, warum sollten wir dann die IPA unterstützen.
Möglich wäre dies, gäbe es eine Position der relativen Stärke der revolutionären Linken im Irak. Wenn absehbar wäre dass die Linke im Irak im Bündnis mit anderen/bürgerlichen Organisationen wesentliche Teile ihrer Inhalte und Ziele durchsetzen könnte. Im Moment sehen wir das aber nicht als gegeben.


WIR SIND ALSO NICHT GRUNDSÄTZLICH UND IN JEDER SITUATION GEGEN DAS KONZEPT VOLKSFRONT!

Es ist aber unter anderem eine Frage des Kräfteverhältnisses: Darauf haben auch die Genossen des „Revolutionären Aufbaus“(Schweiz) in der Dezembernummer ihrer Zeitung bereits hingewiesen: „Ob das von der Patriotischen Union unter der Führung von Dschabbar Al-Kubaysi angestrebte Ziel eines säkularen Iraks mit einem breiten Bündnis aller Kräfte zu realisieren ist, steht auf einem anderen Blatt und ist mehr als fraglich. ... Die Geschichte des Nachbarlands Iran zeigt, wie die islamischen Reaktionäre mit den fortschrittlichen Kräften umgehen. Auf der anderen Seite lehrt die Geschichte der chinesischen Revolution, dass eine Front mit den feindlichen Kräften letztlich eine Frage des Kräfteverhältisses ist. Der Sieg über die japanischen Imperialisten war nur möglich im Bündnis mit der reaktionären Kuomintang, die im chinesischen revolutionären Prozess in einem zweiten Schritt besiegt wurde. Was nun den Irak betrifft, so scheinen die Baathisten und die Islamisten unverhältnismäßig stärker zu sein, als die fortschrittlichen Kräfte, was im konkreten Fall gegen eine Bündnispolitik mit den reaktionären Elementen spricht.“


KRITIK UND SOLIDARITÄT – UNSERE POSITION IN KÜRZE ZUSAMMENGEFASST

Für uns steht die Solidarität mit der irakischen Bevölkerung und dem Kampf gegen die Besatzung weiterhin auf der Tagesordnung.
Natürlich ist auch der bewaffnete Widerstand gegen die Besatzungsmacht legitim. Und nicht wenige haben mehr als klammheimliche Freude über jede gezielte und gelungene Aktion des Widerstands. Dennoch ist es natürlich falsch zu glauben, dass die Feinde unserer Feinde automatisch unsere Freunde sind. Genauso falsch ist es aber, Widerstand gegen die Imperialisten zu verdammen, nur weil er von politisch rückständigen Gruppen kommt. Was dem Imperialismus schadet, ist erst einmal gut und nicht schlecht.
Konkret unterstützen wollen wir im Irak allerdings ausschließlich die fortschrittlichen und linken Kräfte, um sie so in ihrem Kampf gegen die Besatzung, sowie gegenüber den nationalistischen, reaktionären und radikal-islamistischen Gruppen zu stärken.
Als beste Solidarität mit dem irakischen Befreiungskampf betrachten wir allerdings den revolutionären Kampf im eigenen Land gegen den Imperialismus. Neben dem Blick auf den Irak und die US-Imperialistische Weltmachtpolitik sollten deshalb radikale Linke hierzulande die europäischen Weltmachtambitionen ins Fadenkreuz der Kritik und Praxis rücken, die sowohl auf ökonomischer, wie auf militärischer Ebene unter erheblichem Einfluss der BRD immer zügiger umgesetzt werden.


ABER NEBEN DER 10-EURO-KAMPAGNE MACHT UNS NOCH ETWAS ANDERES GROSSE SORGEN !

Die „10-Euro-Kampagne“ ist in eine größere Kampagne eingebettet, die in eine falsche Richtung geht.
Sowohl im Internet, wie in Broschüren werden zur Zeit Beiträge verbreitet, die „zur Diskussion anregen“ sollen, mit linken Ansätzen aber kaum mehr etwas zu tun haben.
Von einigen Leuten wird versucht, dem Islam eine besondere, hervorragende Rolle im Anti-Imperialistischen Kampf zuzubilligen.
Dabei werden sogar eindeutig islamistische Organisationen schön geredet. Was soll das, wenn plötzlich die Hisbollah wegen ihrer tollen Frauenförderung gelobt wird, und behauptet wird, dass sie die einzige größere Kraft sei, die „für einen demokratischen Staat eintritt“. Bei solchen Positionen hört für uns jeder Spaß auf!


DIE THESEN DES CONSTANZO PREVE

Eine besondere Rolle in der Kampagne spielen seit Saloniki und Assisi die Thesen des Italienischen Philosophen Constanzo Preve. Dass er in Teilen der Linken als „marxistischer Philosoph“ gehandelt wird, halten wir für völlig unberechtigt. Was haben seine Ideen mit Marxismus zu tun?
Preve ist ein besonders hartnäckiger Vertreter der Meinung, dass dem Islam eine besondere Rolle im Anti-Imperialistischen Kampf zusteht. Jede mögliche Kritik versucht Preve dadurch abzuwehren, dass er meint, dass sich hier eben zwei Kulturen, zwei Welten gegenüberstehen. Sprich: Wer den Argumenten Preves nicht folgen will, hat sich gefälligst aus der Diskussion herauszuhalten.
Am liebsten wäre Preve eine vereinte Front von islamischen und linken Kräften vom Irak bis zu den Philippinen. Unter welchen Bedingungen, mit welchem strategischen Ziel, verschweigt er.
Der Hang Preves in der Religion die Neue Lösung zu suchen, endet aber keineswegs bei islamischen Ländern. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass er die Religion nicht mehr zur Ideologie der Herrschenden rechnen möchte. Preve gibt zwar vor, nicht religiös zu sein, glaubt aber an die Existenz Gottes, „wenn auch nicht an einen christlichen Gott“. „Gott ist tot“ bedeutet für ihn nur das Ende „der westlichen Zivilisation, basierend auf dem christlichen Bürgertum und sozialistischen Modellen“. Da fragen wir uns, was will Preve nach diesem „Ende“ ? Am liebsten möchte Constanzo Preve den ganzen Marxismus von Grund auf neu schreiben: „Ich denke nicht, dass wir die Religion bekämpfen müssen, obwohl ich nicht religiös bin. Ich denke, dass der Marxismus komplett erneuert werden muss, nicht nur von diesem Standpunkt aus.“ oder „Alle marxistischen Begriffe, wie Produktionsverhältnisse, Produktivkräfte, Ideologie und so weiter müssen in ihrer Struktur, in ihrem Gefüge, in ihrem Zusammenwirken zueinander neu gedacht werden“
Revolutionäres Subjekt ist für ihn auch nicht mehr die Arbeiterklasse. Revolutionäre Subjekt versteht er „im Sinn des 'generell intellect' (sic!) - ein auf Marx zurückgehender Begriff. Das sind die sozialen geistigen Kräfte der Produktion, die Träger der immateriellen Produktion.“

Was bewirkt Preve mit dieser knappen Aussage: Er löst den Begriff 'revolutionäres Subjekt' nicht nur von der Arbeiterklasse ab, sondern überhaupt von real existierenden, handelnden Menschen.
Das revolutionäre Subjekt wird in den Bereich der Idee verbannt.

Wer bei solchen Positionen weiterhin behauptet, dass Constanzo Preve ein „marxistischer Philosoph“ ist, muss sich fragen lassen, was er damit bezweckt.

Auf die „neuen Gedanken“ eines Preve können wir verzichten und antworten ihm mit den Worten eines Chinesischen Revolutionärs:
„Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen? Fallen sie vom Himmel? Nein! Sind sie dem eigenen Gehirn angeboren? Entstehen sie in den Schädeln italienischer Philosophen? Nein!
Die richtigen Ideen der Menschen können nur aus der gesellschaftlichen Praxis herrühren, nur aus dem Produktionskampf, dem Klassenkampf und dem wissenschaftlichen Experiment – diesen drei Arten der gesellschaftlichen Praxis.
Sobald die richtigen Ideen, die die fortschrittliche Klasse repräsentieren, von den Massen beherrscht werden, werden sie zur materiellen Gewalt, welche die Gesellschaft und die Welt umgestaltet“

Davon wollen wir bei unseren Diskussionen in Nürnberg auch weiter ausgehen!


- oa -

Kontakt: oa-nuernberg@web.de
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