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RE-AKTIONEN, Leipziger Flüchtlingspostille, November 2000, Nr. 2

Racism in Germany: Ankunft im rassistischen Alltag - Überwachung und Kontrolle von Flüchtlingen in der BRD

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Am 14.10.2000 fand in Leipzig eine Demonstration statt, die sich gegen die immer größer werdende Kontrolle der Menschen in diesem Land richtete. Die Gruppe Kahina hielt einen Redebeitrag, der auf die rassistische Kontrolle und Überwachung von Flüchtlingen aufmerksam machte.

Die rassistische Überwachung von Flüchtlingen nimmt scheinbar harmlose Gestalt an: Möchte ein offensichtlich deutscher Staatsbürger bei der Telekom ein Telefon anmelden, so kann er es, ohne nach seinen Identitätspapieren gefragt zu werden. Ein den äußeren Merkmalen nach als Ausländer oder Flüchtling eingestufter Zeitgenosse wird aufgefordert sich auszuweisen. Oder: Laufen Ausweis- und Reisedokumente eines Deutschen ab, ist dies der Bank egal. Ausländische Pässe sowie die Dauer von Aufenthaltstiteln für Ausländer und Ausländerinnen werden jedoch überprüft. Die rassistische Überwachung von Flüchtlingen nimmt weniger harmlose Gestalt an: Weil die Flüchtlinge während des Asylverfahrens an den Aufenthalt in einem Landkreis gebunden sind, können in bestimmten Räumen wie Grenzen, Zügen, Bahnhöfen etc. willkürlich alle kontrolliert werden, die ein angeblich nicht-deutsches Gesicht haben. Die rassistische Überwachung von Flüchtlingen setzt sich fort in der Speicheltestanalyse. Beantragt ein anerkannter oder nach der Genfer Konvention zum Aufenthalt in der BRD befugter Flüchtling die Nachreise seiner Familienangehörigen, meist Frau und Kinder, so werden oft Speicheltests durchgeführt. Es soll sicher gestellt werden, dass hier tatsächlich Blutsverwandtschaft besteht.
Die rassistische Überwachung von Flüchtlingen ist Alltag: In vielen Asylheimen müssen die Flüchtlinge, d.h. die Heimbewohner und Heimbewohnerinnen selbst bei Eintritt ihre Ausweise zeigen. Besuch muss sich bei der Wache oder beim Heimleiter persönlich anmelden und Ausweisdokumente hinterlegen. Übernachtungen Fremder sind nicht erlaubt. Diese Vorschriften dienen angeblich der Sicherheit. Es heißt auch, die vielen hohen und stacheldrahtigen Zäune, die um die Heime gezogen sind, dienen der Sicherheit. Und auch die vielen Wachen dienen angeblich nur der Sicherheit der Flüchtlinge. Dennoch: Ein Gefühl von Sicherheit mag in den Heimen nicht aufkommen. Im Gegenteil: Oft fühlen sich Flüchtlinge sehr unsicher. Die Zäune verhindern keine Brandanschläge! Und dann gibt es noch den anderen Feind: Wie oft stürmen die Vollstreckungsbeamten die Heime, um Flüchtlinge festzunehmen, deren Abschiebung kurz bevor steht. Sie kommen meistens nachts, mit dem Argument: Nur nachts sei die ganze Familie im Heim. Flüchtlinge haben so das Gefühl, an einem Ort zu leben, wo sie effizient überwacht werden und der Zugriff auf sie jederzeit möglich ist. Und genau darum geht es ja: Längst ist ausgerechnet worden, dass es billiger für den Staat wäre, den Flüchtlingen Bargeld zu geben statt Pakete zu liefern, sie dezentral in Wohnungen statt zentral in Heimen unterzubringen. Aber es geht eben um die Verhinderung der Integration, es geht um Überwachung und um Kontrolle: Überwachung und Kontrolle - so effizient wie möglich.

Racist Everyday Life in Germany - How Refugees are Kept Under Surveillance

At first sight the racist surveillance of refugees seems to be rather harmless: If a German citizen wants to have a telephone from the Telekom s/he can have one without being asked for his/her papers. If somebody is seen as a foreigner or refugee by their looks, s/he needs prove his/her identity. Also, if identity card or passport of a German citizen expire their bank does not care. Passports of foreigners and their status in Germany, however, are being checked. Other examples of keeping refugees under surveillance are a lot nastier. Since refugees are not allowed to leave a designated area (usually their "Landkreis") while their application for asylum is pending they have to fear being checked at places like borders, trains and train stations at any time. Another example of the racist surveillance is the DNA analysis. If a recognised refugee or a person who according to the UN Refugee Convention of 1951 is permitted to live in Germany wants his/her family members, usually wife and kids, to come to Germany too they often have to have their saliva tested. This is done for the authorities to be certain that all people involved are members of the same family.
The racist surveillance of refugees is part of their everyday life: In many refugee hostels asylum seekers, i.e. those who live in them, have to show their papers on entry. Visitors have to per-sonally introduce themselves to the security personnel or the head of the hostel and leave their identity card with either. "Strangers" are not allowed to stay overnight. Those rules are allegedly only for the refugees´ own safety. Also, the high barbed wire fences around the hostels are said to be for their personal safety. Not to forget the security personnel. A feeling of safety among the refugees does not come up, however. On the contrary: Refugees tend to feel unsafe. And the fences do not stop racist attacks on the refugees in hostels. And then there is this other enemy: the police. How often have they stormed hostels to arrest people who were about to be deported? They tend to come at night because that is when the whole family is most likely to be around...
This gives refugees the feeling of living in an environment where they are efficiently kept un-der surveillance and the authorities can get hold of them easily at all times. And that is exactly what this is all about. It has long been known that giving cash to refugees instead of handing out food parcels and to house them in flats around town instead of in hostels is a lot cheaper.
The goal is to hinder refugees integrating, to keep them under surveillance and under tight control. Surveillance and Control as efficient as possible.

KAHINA

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