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RE-AKTIONEN, Leipziger Flüchtlingspostille, November 2000, Nr. 2

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Prozess vor dem Leipziger Verwaltungsgericht über die zwangsweise Umverteilung eines Asylbewerbers aus Leipzig-Grünau nach Grimma, der sich an den Protesten der Flüchtlinge beteiligt hatte.

Im Flüchtlingsheim Liliensteinstr. in Leipzig-Grünau brachen Anfang Juni 2000 die Proteste der Flüchtlinge gegen das Asylbewerberleistungsgesetz und die Lebensbedingungen in Deutschland los. Da diese schnell auf andere Heime übergriffen und für viel Unruhe in ganz Sachsen sorgten, kam es den Behörden nur gelegen, daß nach eine handgreiflichen Auseinandersetzung in Grünau ein Mitarbeiter des Heimes angeblich so schwer verletzt wurde, daß er für zwei Tage ins Krankenhaus mußte und einen Monat arbeitsunfähig war. Scheinbar willkürlich wurde sich einer der umstehenden Flüchtlinge herausgegriffen und wegen diesen Vorfalles angezeigt. Außerdem wurde er eine Woche später unangekündigt früh morgens von der Polizei gewaltsam nach Grimma gebracht: zu seinem neuen Heim. Daß er hier in Leipzig studiert, er aber von Grimma aus nicht nach Leipzig fahren darf, interessiert dabei nicht. Auch daß sowohl ZeugInnen aus dem Heim für ihn aussagten als auch diverse Vereine und Organisationen bis hin zum Rektor der Universität Leipzig sich für ihn einsetzten, half nichts.
Nun fand am 5.10.2000 am Leipziger Verwaltungsgericht Leipzig das Verfahren über die zwangsweise Umverteilung statt, welches von dem betroffenen Flüchtling betrieben wurde. Er hatte von vornherein keine guten Karten. Selbst wenn sich herausstellen sollte, daß er die ihm vorgeworfene Körperverletzung nicht begangen hat, kann die Behörde gemäß Asylverfahrensgesetz Asylbewerber nach Belieben umverteilen. Ein Anrecht auf ein Studium oder Arbeit hat kein Flüchtling. Darauf pochten die VertreterInnen der Stadt bei der Verhandlung auch. Zum Ziel der Umverteilung erläuterten sie erstaunlich offen: "Der Antragsteller hat bei der Formierung der Proteste [gemeint ist z.B. die legale Demonstration, nicht die Rangelei im Grünauer Heim] eine gewisse Rolle gespielt. Es ist die Pflicht der Stadt, da eine gewisse Ruhe reinzubringen." Sie geben also zu, daß der betroffene Flüchtling weder wegen der Körperverletzung verlegt wurde, noch daß es ein Zufall war, daß es genau ihn betraf. Er wurde gezielt herausgegriffen, um, wie der Justitiar der Stadt es ausdrückte, "generalpräventiv" zu handeln - d.h. die Flüchtlinge sollen sich in Zukunft genau überlegen, ob sie für ihre Rechte auf die Straße gehen. Verhandlungsergebnis war ein Vergleich zwischen dem Flüchtling und der Stadt Leipzig, der eine erneute Umverteilung vorsieht: nach einem Heim in einem Dorf südlich von Leipzig - Fahrtzeit zur Uni mit der S-Bahn, wie die Stadt vorrechnete, genauso lang, wie von Grünau aus...

Am 26.September eröffnete das Völkerkundemuseum eine Sonderausstellung über persische Kunst.

Eingeladen zur Eröffnung waren nicht nur Professoren, Doktoren und Privatpersonen, sondern auch eine Vertretung der Botschaft der Islamischen Republik Iran. Der Unabhängige Verein für Politik und Kultur, das Komitee der iranischen Verfolgten und politischen Gefangenen und das Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte organisierten eine Kundgebung vor dem Museum. Sie protestierten gegen einen Kulturaustausch mit dem islamischen Regime in Teheran und forderten die Freilassung aller politischen Gefangenen im Iran.
Im Anschluß an die Kundgebung kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Polizei und den Demonstranten. Von Seiten der Polizei hieß es, die Demonstranten hätten Eier gegen das Fahrzeug der iranischen Botschaft geworfen. Fünf Personen wurden daraufhin festgenommen und später wieder freigelassen.

Am 03. Oktober, dem "Tag der deutschen Einheit", fand in Leipzig eine kleine Kundgebung von Palästinensern statt,

die sich gegen die Übergriffe der israelischen "Sicherheitskräfte" richtete. Ungefähr zweihundert Leute fanden sich auf dem Augustusplatz ein. Leider war keine Demonstration, sondern nur eine Kundgebung angemeldet worden, so dass nicht viele von den Leuten, die an diesem Tag in der Stadt waren, die protestierende Menge überhaupt sehen konnten. Außerdem wurden nur sehr wenig Handzettel verteilt, so dass die meisten Zuschauer gar nicht richtig wußten, worum es ging. Aber wichtig ist, dass überhaupt der Versuch gemacht wurde, in die Öffentlichkeit zu gehen. Die Medien beachteten die Demonstration auch nicht, was sicher auch an der fehlenden Pressearbeit der Veranstalter lag.

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