j











Leipziger Volkszeitung, Regionalbeilage Delitzsch 01.08.2000

Besuch bei Freundin brachte Pakistani fast ins Gefängnis
Anklage wegen Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz

Er wollte ja nur seine kranke Freundin in Bielefeld besuchen. Doch solch eine Reise außerhalb des Landkreises Delitzsch wurde Abdullah Mubar (Name geändert) wiederholt zum Verhängnis. Ratlos saß der 25-jährige Pakistani aus dem Delitzscher Asylbewerberheim im Verhandlungssaal.
Der Bundesgrenzschutzbeamte Olaf Kersten (Name geändert) hatte Abdullah Mubar am 11. November des vergangenen Jahres in einem InterCity von Braunschweig nach Magdeburg gegen 14 Uhr angetroffen. Damals führte der Beamte mit einem Kollegen im Zug Kontrollen durch. Wie Olaf Kersten berichtete, war ihnen der Pakistani aufgefallen, da er keinen gültigen Urlaubsschein bei sich hatte. Abdullah Mubar befand sich allerdings auf der Heimreise. Deshalb haben sie zwar seine Personalien zu Protokoll genommen, ihn aber weiterfahren lassen, gibt der Polizeimeister zu verstehen. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, wie sich Abdullah Mubar bei der Kontrolle verhalten hätte, antwortete Olaf Kersten: "Er war ruhig. Die Sache schien ihm nicht unangenehm zu sein. Ein bisschen kam sein Temperament durch. Grundsätzlich gab es aber keine Schwierigkeiten mit ihm."
Nachdem der Beamte ausgesagt hatte, verteidigte sich Abdullah Mubar. Er verwies auf die Krankheit seiner Freundin. Allein deshalb wollte er sie besuchen. Für diese Reise hätte er einen Urlaubsantrag gestellt, der aber nicht bewilligt worden war. Sein Onkel wohnt ebenfalls in Bielefeld. Der Richter fragte daraufhin, von wem Abdullah Mubar das Geld für die Bahnfahrten hätte. Der 25-Jährige erzählte, dass seine deutsche Freundin und sein Onkel ihm dafür das Geld geben würden.
Ohnmächtige Wut war im Gesicht des Angeklagten zu sehen. Er machte dem Richter deutlich, dass die räumliche Beschränkung auf den Landkreis Delitzsch und die nicht vorhandene Möglichkeit, zu seiner Freundin nach Bielefeld zu fahren, für ihn wie ein Gefängnis wären. Seit November 1996 ist er schon in Deutschland, sein Asylantrag noch immer nicht entschieden. Mehr Urlaubsscheine würde er nach dieser langen Zeit des Aufenthalts in Deutschland aber auch nicht erhalten. Dabei machte er deutlich, dass die Frage der Urlaubsscheine in anderen Bundesländern anders gelöst werde und dort mehr Reisemöglichkeiten vorhanden seien.
Trotz dieser Angaben verurteilte der vorsitzende Richter den Angeklagten aufgrund des erneuten Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Diese wurde zur Bewährung auf zwei Jahre ausgesetzt. Sollte Abdullah Mubar in den nächsten zwei Jahren erneut straffällig werden, droht ihm die Gefängnishaft, gab der Richter zu verstehen.
Positiv bewertete der Vorsitzende, dass der 25-Jährige seine Tat eingestanden hat. Negativ schlug aber zu Buche, dass Abdullah Mubar bereits zum dritten Mal gegen die räumliche Beschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz verstoßen und auch noch zwei andere Delikte vorzuweisen hatte.
E. K.

zurück