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Leipziger Volkszeitung, Regionalbeilage Eilenburg 21.07.2000
Tauchaer Asylbewerber kaufen seit Mittwoch wieder in ihrem Wohnheimsladen ein
"Die allgemeine Situation im größten Asylbewerberheim des Landkreises Taucha mit 240 Betten beruhigte sich spürbar", so Landrat Mi- chael Czupalla gestern beim Pressegespräch im Landratsamt in Delitzsch. Der Zahltag für das Taschengeld am 5. Juli verlief trotz vorheriger Ankündigung von Streiks ohne Probleme.
Wie unsere Zeitung bereits berichtete, unternahmen die Asylbewerber zahlreiche Aktionen, um eine breite Öffentlichkeit über ihre Lage zu informieren. Dazu gehörte die Demonstration in Leipzig am 6. Juli. Seit dem 9. Juni verweigerten nach Aussagen der Rechtsdezernentin im Landratsamt Delitzsch, Angelika Stoye, die Asylbewerber den Einkauf im Heim. Seit Mittwoch würde wieder die Magazinversorgung erfolgen. Angelika Stoye erklärte in diesem Zusammenhang, dass der Landkreis eine Ausschreibung für die Magazinverpflegung im Amtsblatt des Landkreises vom 30. Juni vorgenommen habe. Im Vorfeld wurden bereits am 26. Juni (Konsum, FRIZ) und am 27. Juni (ALDI) Gespräche vor Ort mit den Handelseinrichtungen zur eventuellen Absicherung einer Magazinversorgung im Asylbewohnerheim in Taucha geführt. Seitens der Handelseinrichtungen besteht jedoch kein Interesse, da der zu betreibende Aufwand zu groß sei. Im Ergebnis der Ausschreibung meldeten sich bis zum vorgegebenen Stichtag zwei Interessenten. Bei den Gesprächen blieb nur noch einer übrig. Dabei handelt es sich um den Anbieter, der bereits im
Asylbewerberheim in Schkeuditz versorgt. "Viele Anbieter schreckten davor zurück, da sie ständig Personal und Waren vorhalten müssen, jedoch nicht die Garantie haben, dass diese auch abgesetzt würden. Im Falle eines Streikes müssen die Verkäuferinnen und die Waren trotzdem bezahlt werden. Dieses Risiko wollten die Handelseinrichtungen nicht tragen. Hinzu käme, dass hier nur kleine Warenmengen bei einem hohen Personalschlüssel umgeschlagen würden", erläuterte Angelika Stoye.
Landrat Michael Czupalla sprach auch beim Innenminister vor. "Wir brauchen andere Voraussetzungen. Die Bearbeitungszeiten für einen Asylantrag sind für beide Seiten unerträglich", so sein Kommentar. Die Aberkennung oder Anerkennung eines Antrages dauert in der Regel ein Jahr. "Unerträglich ist jedoch, dass wenn ein Antrag abgelehnt wurde, es drei bis vier Jahre dauert, bevor alle Rechtswege ausgeschöpft sind. Im Durchschnitt erkennt das Bundesamt in Nürnberg drei bis vier Prozent der Anträge an. Eine weit aus größere Anzahl von Anträgen wird zwar abgelehnt, jedoch können die Betroffenen noch nicht in ihre Heimat zurück, da sie politisch verfolgt würden. Daraus entstehen dann die langen Wartezeiten von sechs bis sieben Jahren. Für die Betroffenen ist dies eine unerträgliche Zeit, und es liegt hier viel Zündstoff drin", so Landrat Michael Czupalla. Der Landrat plädierte dafür, andere gesetzliche Voraussetzungen im Umgang mit den Asylbewohnern zu schaffen.
Cornelia Braun

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