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Leipziger Volkszeitung 04.07.2000
Asylbewerber fordern Bargeldzahlungen und Arbeitserlaubnis
Wieder Streiks in Heimen in Stadt und Umland / Demonstrationszug zum RP für Donnerstag angekündigt
Seit gestern wird in Asylbewerberheimen in Leipzig und dem Umland wieder gestreikt. In den Unterkünften in der Torgauer Straße, in der Raschwitzer Straße, in der Liliensteinstraße und in Markkleeberg lehnen die Bewohner die Lebensmittelpakete und das ihnen zustehende Taschengeld von rund 80 Mark im Monat ab. Auch in der Unterkunft in Taucha wird der bereits in die vierte Woche gehende Protest fortgesetzt. Dort befinden sich seit dem 18. Juni neun Männer im Hungerstreik (die LVZ berichtete). Im Landkreis Delitzsch hat sich zudem das Asylbewerberheim in Doberschütz dem Streik angeschlossen.
Ihre Forderungen stellten drei Sprecher der Asylbewerber, denen ein Unterstützerkreis zur Seite steht, gestern vor. An erster Stelle geht es ihnen um die im Asylbewerberleistungsgesetz festgelegten Bargeldauszahlungen an Bewerber, die sich seit mehr als drei Jahren im Asylverfahren befinden beziehungsweise die geduldet sind. Die Stadt Leipzig verzichtete im Juni zwar bei einem Teil der in Frage kommenden Personen auf die im Freistaat üblichen Lebensmittelpakete und zahlte Bargeld nach dem Bundessozialhilfegesetz aus. Allerdings nimmt sie dies bislang auf ihre eigene Kappe, da es das Begierungspräsidium auf Weisung des sächsischen Staatsministeriums des Inneren ablehnt, die Auszahlungskosten zu übernehmen.
Zusätzlich fordern die Asylbewerber eine Verbesserung der Wohnbedingungen, kostenlose Deutschkurse und eine allgemeine Arbeitserlaubnis. "Wenn wir arbeiten dürften, wären alle Probleme gelöst", sagte Jamil Aljawabra, Asylbewerber aus Palästina. "Denn dann bräuchten wir kein Geld vom Staat." Diesem Ansatz stimmt der Flüchtlingsrat uneingeschränkt zu. Sprecherin Petra Krüger stellte jedoch fest, "dass wir etwas differenzierter zu den insgesamt acht Forderungen stehen als der Unterstützerkreis" und kündigte für heute einen Offenen Brief an.
Ihren Forderungen Ausdruck verleihen wollen die Asylbewerber am Donnerstag mit einer Demonstration, die um 15 Uhr in der Grimmaischen Straße starten und vorbei am Neuen Rathaus zum Regierungspräsidium in der Braustraße führen soll. Angemeldet wurde der Protestzug von der PDS-Landtagsabgeordneten Heike Werner.
Eva Schläfer

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