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Neues Deutschland, 01.07.2000

Ende für Gutschein und Fresspaket? - CDU sichert PDS bessere Versorgung für Asylbewerber in Sachsen zu

Von Hendrik Lasch, Dresden

Asylbewerber in Sachsen können künftig mit einer verbesserten Lebensmittelversorgung rechnen. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs von PDS-Fraktionschef Peter Porsch mit lnnenminister Klaus Hardraht (CDU).
Gutscheine, mit denen Flüchtlinge in sächsischen Asylbewerberheimen ihre Lebensmittel bezahlen und die bislang nur in den heimeigenen Läden gelten, sollen künftig auch in Supermärkten umgesetzt werden können. Die zuständigen Behörden sollen dazu Verhandlungen mit den Gebietsleitern der Discounter aufnehmen. Dies sicherte Hardraht in dem Gespräch zu, um das Porsch nach einem Besuch im Tauchaer Flüchtlingsheim am Montag gebeten hatte. Dort befinden sich seit vergangenem Freitag zehn Asylbewerber im Hungerstreik, um gegen ihre miserable Versorgung zu protestieren. Ihnen waren überlagerte Wurst und Käse angeboten worden. Zudem sind die Waren teilweise doppelt so teuer wie in Supermärkten.
Hardraht kündigte an, die zuständigen Abteilungsleiter aus den Innenministerien der anderen Bundesländer zu einem Erfahrungsaustausch über die Umsetzung des Asylbewerber-Leistungsgesetzes einzuladen. Diese ist in Sachsen besonders rigide: Während etwa Sachsen-Anhalt in vielen Fällen Bargeld zahlt, ist dies in Sachsen nur in seltenen Ausnahmefällen möglich – weil ansonsten Neid und Unfrieden hervorgerufen würden, wie das zuständige Landratsamt auch den Tauchaer Hungerstreik kommentiert. Den entsprechenden Erlass des sächsischen Innenministeriums hatte Porsch als »Verstoß gegen die Menschenwürde« bezeichnet. Heiner Sandig, Ausländerbeauftragter der sächsischen Landesregierung, teilt zwar diese drastische Einschätzung nicht, bezeichnet aber den jahrelangen Bezug von Sachleistungen ebenfalls als »außerordentlich hart«. Nach den Konsultationen mit den anderen Bundesländern »rechnen wir damit, dass die Gutscheinregelung fällt«, sagte der Pressesprecher der PDS-Fraktion, Marcel Braumann, dem ND. Auch die praktizierte Versorgung mit Essenspaketen »dürfte damit hinfällig sein«.
Derweil weitet sich der Protest gegen die unzumutbaren Versorgungsbedingungen aus. Flüchtlinge aus fünf Heimen in Leipzig und dem Landkreis Delitzsch kündigten an, ab Montag in einen Streik zu treten und die Annahme von Essenspaketen und Taschengeld zu verweigern.

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