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woi, Konstanz 7.10.99

Gemeinderatswahlen: Kleine und große Überraschungen

Kurz vor Redaktionsschluß dieses Heftes lag das amtliche Endergebnis vor - Sieger und Verlierer (und Verliererinnen) stehen nunmehr fest. Zuerst zu den Siegern: Konstanz macht leider im überregionalen Vergleich keine Ausnahme, die "Republikaner" gewannen aus dem Stand heraus zwei Sitze. Dies, obwohl sie praktisch überhaupt keinen Wahlkampf geführt, keine einzige Veranstaltung abgehalten, kein einziges Flugblatt herausgebracht hatten. Dies zeigt, wie groß das rechtsradikale Potential auch in dieser Stadt war und ist. Die Namen der rechtsradikalen Parteien spielen dabei keine Rolle. Sobald sie kandidieren, finden sie ihre Wählerschaft. Zur Erinnerung: Walter Eyermanns "Bürgergemeinschaft Konstanz" verfügte in der Legislaturperiode von 1980 bis 1984 über drei Mandate.

Die Wähler (und zu einem weit geringeren Teil Wählerinnen) der "Republikaner" dürften hauptsächlich von der CDU kommen, die genau diese zwei Sitze verlor und nur noch zwölf innehat. Die SPD verlor ebenfalls (ein Mandat). Ihr langjähriger Niedergang setzt sich somit fort. Weder ist der SPD ihr mühsam errungenes ÖkoImage, noch die äußerst wohlwollende Behandlung im Südkurier zugute gekommen. Rund 23% der Stimmen für die lokale Sozialdemokratie ist wahrlich kein glänzendes Wahlergebnis - es liegt unter dem Landesdurchschnitt. Trotz des Reißverschlußverfahrens gelangten nur drei SPD-Kandidatinnen in den Gemeinderat: Eine eindeutige Niederlage für die Frauen.

Die FDP gewann zwei Sitze (nunmehr vier), die Freien Wähler verloren einen (jetzt sechs) - Umschichtungen innerhalb des bürgerlichen Lagers, die wohl im wesentlichen auf die Attraktivität der kandidierenden Personen zurückzuführen ist und weniger auf programmatische Akzente. Festzuhalten bleibt auf alle Fälle, daß die bürgerliche Gemeinderatsmehrheit weiterhin existiert: 22 Mandate von 40 verbleiben dem CDU/FDP/FWG-Block (die "Republikaner" sind - zum Glück - nicht Zünglein an der Waage).

Zu einer Zitterpartie wurde die Wahl für die ALL, die äußerst knapp ein Mandat verfehlte. Mit beigetragen zu diesem relativen Erfolg hat zweifellos der engagierte Wahlkampf, den die ALL vor allem in der Schlußphase führte. Auffällig auch das gute Abschneiden der ALLFrauen, ganz im Gegensatz zum Ergebnis bei der SPD. Weiterhin sind nur zwei der drei linken Gruppierungen in Konstanz im Gemeinderat vertreten - die ALL hätte hier mit Sicherheit neue Akzente gesetzt.

Durchaus überraschend das ziemlich unbefriedigende Abschneiden der FGL: Sie stagniert bei sieben Sitzen. Gut möglich, daß ein Teil ihrer ehemaligen Wählerinnen und Wähler sich dieses Mal für die ALL entschied. Für sie war die Politik der FGL-Fraktion wohl manchmal nicht radikal genug, nicht entschieden genug in Frontstellung zu der der bürgerlichen Mehrheit. Der Richtungsstreit innerhalb der FGL über den zukünftigen Kurs dürfte sich deshalb verschärfen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß alle Strömungen dieses doch recht heterogenen Bündnisses im neuen Gemeinderat vertreten sind.

Was hat sich geändert? Sechs Fraktionen (vorher fünf) dürfen nun Platz im Sitzungssaal des Rathauses nehmen, die "gemäßigten" Bürgerlichen behielten ihre Mehrheit. In den allermeisten Fragen von Gewicht wird aber nach wie vor die "heimliche" Große Koalition aus SPD und CDU fünktionieren; sie hat wohl auch die stillschweigende Unterstützung des Oberbürgermeisters. Leicht wird es die SPD in Zukunft aber nicht haben, ihre Doppelrolle als "Regierungspartei" einerseits und "Oppositionspartei" andererseits durchzuziehen. Nach Stimmen und nach Sitzen ist sie auf einem vorläufigen Tiefpunkt angelangt. Wie die neue rechtsradikale Fraktion das ihr jetzt zur Verfügung stehende Forum nützen wird, bleibt abzuwarten. Vordringliche Aufgabe für die Konstanzer Linke (innerhalb und außerhalb des Gemeinderates) ist es nun, in der kommenden Legislaturperiode dafür zu sorgen, daß die "Republikaner" wieder in die Defensive gedrängt werden.

nf