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Berlin – TATORT Kurdistan

Unter dem Titel 'Nie wieder Krieg' versammelten sich heute zahlreiche Unterstützer_innen der Kampagne TATORT Kurdistan am Brandenburger Tor in Berlin. Der 65. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus wurde von der Kampagne zum Anlass genommen, die Kriegsbeteiligung Deutschlands im Krieg in Kurdistan sichtbar zu machen.
Direkt am Brandenburger Tor sitzt nicht nur die deutsche Regierung, sondern auch zahlreiche Rüstungskonzerne wie z.B. der deutsche Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann KMW am Pariser Platz 6A, Produzent der Leopard Panzer, oder der US-amerikanische Konzern Lockheed Martin. Gleich um die Ecke befinden sich die deutschen oder multinationalen Rüstungskonzerne EADS, Rheinmetall, Daimler Chrysler, HDW und ThyssenKrupp- zuständig für Kampfhubschrauber, Munition, Militärfahrzeuge und andere Kriegsgüter, die in Kurdistan zum Einsatz kommen. Die Liste lässt sich beliebig fortführen.

Auf der Kundgebung wurde ein kurzer Film präsentiert, der den Einsatz dieser deutschen Rüstungsgüter im Krieg in Kurdistan zeigt.

In den Redebeiträgen wurde darüber hinaus auf die aktuelle Menschenrechtssituation eingegangen. Es kommt in der Türkei täglich zu militärischen Operationen im Landesinneren, seit Frühlingsanfang auch wieder grenzüberschreitend im Irak. Parallel zu den militärischen Aktivitäten steigt auch der Terror gegen die kurdische Zivilbevölkerung durch Polizei und Sondereinheiten. Die Spezialeinheiten, die für einen Großteil der Grausamkeiten der 1990er Jahre verantwortlich sind, sind mit ihren 5000 Mitgliedern in den kurdischen Städten und Dörfern auch aktuell wieder für extralegale Hinrichtungen und Folterungen verantwortlich. Insbesondere gegen Kinder und Jugendliche wird dabei mit unglaublicher Brutalität vorgegangen.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Bundesregierung in ihren aktuellen 'Politischen Grundsätzen zu Rüstungsexporten' schreibt: 'Die Beachtung der Menschenrechte ist für jede Exportentscheidung von hervorgehobener Bedeutung, unabhängig davon, um welches mögliche Empfängerland es sich handelt. So werden Rüstungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt, wenn "hinreichender Verdacht" besteht, dass das betreffende Rüstungsgut zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht wird.'

Für besondere Aufmerksamkeit insbesondere bei den Spaziergänger_innen sorgte ein kurzes Theaterstück zum Giftgasanschlag in Halabja (siehe Foto). 1988 wurden dort mit einem tödlichen Cocktail aus Nerven- und Senfgas auf einen Schlag 5000 Bewohner_innen der nordirakischen Stadt Halabja umgebracht. Weitere 10 000 wurden lebensgefährlich verletzt, viele starben später an den Folgen des Giftes. Aus Deutschland stammten 70 Prozent der irakischen Giftgasproduktionsanlagen, mehr als 56 deutsche Firmen waren beteiligt. Erst im Jahre 2005 wurde ein einziger Händler des Todes zu 15 Jahren Haft verurteilt wegen Beihilfe und Vorschubleistung zu Kriegsverbrechen und das von einem holländischen Gericht.

Der Krieg in Kurdistan wird international geführt. Auch z.B. die USA, Israel und Frankreich (siehe SIPRI 2000-2009) oder militärische Zusammenschlüsse wie die NATO, setzten sich mit ihren Profit- und ihren geostrategischen Interessen entgegen jeglichen Menschenrechten in der Türkei und der Region durch.

Seit Jahrzehnten wird in Kurdistan von der Kurdischen Freiheitsbewegung, die in der Bevölkerung in Nordkurdistan tief verankert ist, gegen diesen Krieg Widerstand geleistet. Es ist endlich auch wieder an uns, hier in Deutschland gegen diesen Krieg vorzugehen!

Stoppt die Waffenlieferungen in die Türkei und weltweit!

Schluss mit der Repression gegen die Kurdische Freiheitsbewegung!

AZADI!

P.S.
Am 1.9.2010 findet die Kampagne TATORT Kurdistan ihren vorläufigen Höhepunkt mit einem bundesweiten Aktionstag. Alle weiteren Termine und Veranstaltungen zum Thema findet ihr unter http://tatort-kurdistan.blog.de/


Nachfolgend zwei Redebeiträge, die auf der Kundgebung gehalten worden sind:

Rüstungsexporte in die Türkei

Am 8.5.1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht, womit der 2. Weltkrieg sein Ende fand. Deutschland wurde entwaffnet, die Rüstungsindustrie aufgelöst. Doch schon Anfang der 1950er Jahre gründete die BRD ihre ersten militärischen Einheiten und die Rüstungskonzerne nahmen ihre Produktion wieder auf.

So ist Deutschland heute, 65 Jahre nach Kriegsende, an verschiedensten Orten dieser Welt wieder im Krieg. Mit deutschen Truppen in Afghanistan und in Kurdistan mit deutschen Panzern und anderem deutschen Kriegsgerät, das von den türkischen Streit- und Sicherheitskräften gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt wird. So trägt auch Deutschland Verantwortung und Schuld an den 40 000 Kriegstoten der vergangenen 30 Jahre in der Region.

Aber es ist nicht nur Deutschland. Es sind andere Länder wie die USA oder militärische Zusammenschlüsse wie die NATO, die sich genauso wie Deutschland mit ihren Profit- und ihren geostrategischen Interessen entgegen jeglichen Menschenrechten in der Türkei und in der Region durchsetzen.

Am Brandenburger Tor sitzen einige der Verantwortlichen. Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann KMW am Pariser Platz 6A z. B., der die Leopard-Panzer produziert, oder der US-amerikanische Konzern Lockheed Martin am Pariser Platz 3, aus dessen Kampfjets Bomben über kurdischen Dörfern abgeworfen und dabei vor allem Zivilist_innen getroffen, ihre Ländereien und Tierbestände zerstört werden.
Am Potsdamer Platz und in der Friedrichstraße befinden sich Büroräume der Rüstungskonzerne EADS, Rheinmetall, DaimlerChrysler, HDW und ThyssenKrupp – zuständig für Kampfhubschrauber, Munition, Militärfahrzeuge und andere Kriegsgüter. Die Liste lässt sich beliebig fortführen.

Deutschland ist laut Friedensforschungsinstitut SIPRI nach den USA und Russland weltweit der drittgrößte Waffenexporteur. Die Türkei ist dabei der größte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter.

Die Bundesregierung weist in ihrem erst kürzlich erschienenen Rüstungsexportbericht für das Jahr 2008 darüber hinaus nochmals gesondert darauf hin, dass insbesondere Kleinwaffen und leichte Waffen und die zugehörige Munition in internen und grenzüberschreitenden Konflikten die weitaus meisten Opfer verursachen.
Seit Jahren produziert die türkische Firma MKEK in Lizenz die bekannten MP5- und G3-Gewehre der deutschen Firma Heckler & Koch. Laut Rüstungsbericht wurden darüber hinaus in den Jahren 2006–2008 weitere Handfeuerwaffen oder entsprechende Teile dafür exportiert.

Die deutsche Regierung trägt dabei eine besondere Verantwortung. Sie ist diejenige, die den Export von Kriegswaffen genehmigt und ihn auch verhindern könnte. So heißt es in ihrem aktuellen Rüstungsexportbericht, dass Rüstungsexporte in NATO-Länder, wozu auch die Türkei gehört, grundsätzlich nicht zu beschränken seien.

Der Beachtung der Menschenrechte komme jedoch besondere Bedeutung zu. Weiter heißt es, dass Rüstungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt würden, wenn Verdacht bestehe, dass das betreffende Rüstungsgut zur internen Repression oder zu sonstigen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werde. Aber erst im März dieses Jahres versprach die Kanzlerin der Türkei 56 weitere Kampfpanzer aus deutscher Produktion – aber wofür eigentlich – zum Schutz von Menschenrechten?

Täglich erreichen uns Nachrichten über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Es kam in den vergangenen Jahren wieder zu Dorfverbrennungen, extralegalen Hinrichtungen und Folter. Es gibt Einschätzungen, denen zufolge sich die Situation in den kurdischen Gebieten an das Gewaltniveau der 1990er Jahre annähert.

Die Rolle Deutschlands in diesem Krieg beschränkt sich hier nicht auf Rüstungsexporte. Es hat Anteil daran, dass Tausenden in den kurdischen Gebieten jegliche Lebensgrundlage genommen wird und sie als Flüchtlinge in die türkischen Metropolen oder nach Europa fliehen. Deutschland hat Anteil an diesem Krieg, wenn es diese Flüchtlinge in die Türkei abschiebt, wo vielen von ihnen – noch dazu vorhersehbar – Haftstrafen und Folter drohen. Und darüber hinaus agiert die Regierung in enger Kooperation mit der Türkei gegen die Kurdische Freiheitsbewegung hier in Deutschland.
Dem gilt es entschlossen entgegenzutreten.

Stoppt die Waffenlieferungen in die Türkei und weltweit!
Schluss mit der Repression gegen die Kurdische Freiheitsbewegung!


Krieg und Menschenrechtsverletzungen in Kurdistan

Während deutsche Politiker, wie zuletzt Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle bei ihren Türkeibesuchen, Ministerpräsident Erdogan für seine angeblichen demokratischen Reformen loben, ist die Situation in Kurdistan geprägt von Krieg und Menschenrechtsverletzungen.

Kurdistan ist nicht nur ein "Spannungsgebiet", so dass Deutschland der Türkei laut Gesetz keine Waffen liefern dürfte. Es ist wie jedesmal im Frühjahr zur Zeit wieder Kriegsgebiet. Obwohl die kurdische Guerilla vor einem Jahr einen einseitigen Waffenstillstand ausgerufen hat, startet die türkische Armee wieder massive Angriffe.
Sowohl an der irakisch-iranischen Grenze als auch im Landesinneren, wie etwa in Dersim, sterben jede Woche unbemerkt von der europäischen Öffentlichkeit türkische Soldaten und kurdische Guerillakämpfer bei Gefechten. Von der Guerilla kontrollierte Gebiete im Nordirak werden pausenlos mit schwerer Artillerie beschossen und aus der Luft mit Kampfhubschraubern und Kampfflugzeugen bombardiert. Leittragend ist vor allem die kurdische Zivilbevölkerung in der Region, indem die spärliche Infrastruktur zerstört und Landwirtschaft unmöglich gemacht wird.

In einem nicht abreißenden Strom bringt die türkische Regierung weiter Soldaten und Kriegsgerät an die iranisch-irakische Grenze vor allem im Raum Semdinli, Hakkari und Çukurca. Mit einer Ausweitung der Gefechte ist zu rechnen. Immer größere Gebiete in Kurdistan werden zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Für die lokale Bevölkerung bedeutet das damit einhergehende Verbot der Viehhaltung den Ruin.

Parallel zu den militärischen Aktivitäten steigt auch der Terror gegen die kurdische Zivilbevölkerung durch Polizei und Sondereinheiten. Von 650.000 in der ganzen Türkei beschäftigten Polizisten, sind 400.000 in Kurdistan stationiert. Die Spezialeinheiten, die für einen Großteil der Grausamkeiten der 90er Jahre verantwortlich sind, sind mit 5000 Mitgliedern in die kurdischen Städte und Dörfer präsent. Vor allem diese Spezialeinheiten sind auch aktuell wieder für extralegale Hinrichtungen und Folterungen verantwortlich und gehen mit unglaublicher Brutalität auch gegen Jugendliche und Kinder vor:

So wurde im März 2008 einem 15jährigen Jungen in Hakkari vor laufenden Kameras bewusst der Arm gebrochen. Anschließend wurde er verhaftet und blieb tagelang ohne medizinischen Beistand. Im April 2009 wurde der 14-jährige Seyfi Turan durch Gewehrkolbenschläge schwer verletzt.

Wie in den 90ger Jahren nehmen auch extralegale Hinrichtungen wieder zu. Bereits im Oktober 2004 wurde in Mardin der 12-jährige Uğur Kaymaz und sein Vater ermordet. Die Polizei schoss in den kleinen Körper von Kaymaz 13 Kugeln. Danach wurde das Kind zum Terroristen erklärt.
In Sirnak wurde im April dieses Jahres der ehemalige Vorsitzende der DTP-Jugendbewegung-Şırnak, Şenoba Kerem Gün, von Soldaten aus dem Hinterhalt erschossen.

Das sind weinige erschreckende Beispiele von Vielen.

Kinder und Jugendliche, die sich an Demonstrationen beteiligen, werden mit Repression überzogen. Insgesamt wurden in der Türkei seit 2006 mehr als 400 Kinder wegen Teilnahme an Demonstrationen oder vermeintlichen Steinwürfen auf Demonstrationen zu Haftstrafen zwischen 4-12 Jahren Haft verurteilt. Die Verurteilung erfolgt durch nur für Erwachsene vorgesehene Schwurgerichte für schwere Straftaten entgegen der UNO Kinderrechtsresolution. Ca. 5000 ähnliche Strafverfahren gegen Kinder und Jugendliche sind noch anhängig.

Seit einem Jahr erfolgt auch eine nie da gewesene Verhaftungswelle gegen demokratische kurdische PolitkerInnen und MenschenrechtsaktivistInnen. Mehr als 3000 Menschen wurden festgenommen. Davon sind heute immer noch 1500 zum Teil ohne Anklage inhaftiert.

Wir fordern:
• Sofortiger Stopp der militärischen Operationen seitens der türkischen Armee
• Schluss mit dem Terror gegen die kurdische Zivilbevölkerung
• Freilassung aller inhaftierten kurdischen kurdischen PolitkerInnen und MenschenrechtsaktivistInnen

und vor allem:
• sofortige Freilassung aller inhaftierten Kinder und Jugendlichen