Rückzug der Armee ohne Gesichtsverlust

Nach einem bis dahin (1997) 13-jährigen Krieg, in dessen Verlauf ca. 50.000 Menschen starben, über 3.000 Dörfer zerstört und über 3 Millionen Menschen der kurdischen Landbevölkerung vertrieben und ihrer Lebensgrundlagen weitgehend beraubt wurden, und in dem enorme materielle und finanzielle Ressourcen vergeudet wurden, hat auch die Türkei endlich begreifen müssen, dass es so nicht ewig weiter gehen konnte. Auch den Generälen war klar geworden, dass sie mit militärischen Mitteln den Konflikt nicht beenden würden. Weder konnte die türkische Armee militärisch die PKK besiegen, noch war die PKK in der Lage, alleine durch Waffengewalt Zugeständnisse auf der Gegenseite zu bewirken. Man befand sich militärisch in einer Pattsituation.
In dieser Lage suchte das Militär eine Möglichkeit, sich aus dem Sumpf des Krieges in einer Weise zurück zu ziehen, die es ihr erlaubte, trotzdem das Gesicht zu wahren. So erklärten der damalige Generalstabschef Karadayi und General Cevik Bir unermüdlich überall in der Welt, dass die "Armee ihre Aufgabe erledigt habe und dass nun die Politik ran muss". Gemeint war, dass man den bewaffneten Widerstand der Kurden gebrochen habe und sich nun neuen "Gefahren" widmen können. Und so ist es kein Zufall, dass spätestens seit Anfang 1997 neben das Feindbild des "Separatismus" ein zweites getreten war, nämlich das der "islamischen Gefahr". Um dies zu unterstreichen, wurde Ende 1997 sogar die 'Geheime Verfassung' der Türkei geändert.


Separatismusgefahr wird relativiert, "islamische Gefahr" aufgewertet