Licht am Horizont
Annäherungen an die PKK
III. Der Kampf der Frauen als zentraler Punkt innerhalb der PKK

III.9. Arbeit der YAJK (Yeketiya Azadiya Jinen Kurdistan / Freier Frauenverband Kurdistans) in Europa
III.10. Internationalistischer Frauenbefreiungskampf

III.10. Internationalistischer Frauenbefreiungskampf

Welche Beziehungspunkte bestehen zwischen dem Frauenbefreiungskampf in Kurdistan und dem perspektivischen europäischen Frauenbefreiungskampf? Die kurdischen Frauen werden dreifach unterdrückt: vom Patriarchat, Kolonialismus und vom Kapitalismus/lmperialismus. Wie sich diese Unterdrückung auf sie auswirkt wurde bereits in vorherigen Kapiteln ausführlich behandelt. Die europäischen Frauen werden doppelt unterdrückt: vom Patriarchat und vom Kapitalismus/lmperialismus.

Eines der Zentren des Imperialismus ist Europa. Von hier wird der Trikont ausgebeutet bezüglich seiner Produktivkräfte, Bodenschätze und seiner militärisch strategischen Lage. Der größte Teil des Reichtums des Trikonts fließt in das europäische Zentrum und verschafft der europäischen Bevölkerung einen Reichtum, den sie nicht selbst geschaffen haben. Auch die europäischen Frauen ziehen Nutzen daraus; Kleidung, Möbel, Teppiche, Lebensmittel, Urlaub - es ist hier alles zu haben - auf dem Rücken der Unterdrückten im Trikont. Der größte Handelspartner der BRD im Trikont ist Asien. Das Kleiderkaufhaus H&M zum Beispiel, in dem viele Frauen einkaufen, verkauft billige und recht gute Kleidung, die in den Ländern Asiens hergestellt wurden. In diesen Billiglohnländern werden die Waren zum Spottpreis angefertigt und die Arbeitskräfte werden dafür äußerst gering und ohne soziale Sicherheiten entlohnt.

Aus der Ausbeutung in der BRD und den Extraprofiten aus dem Trikont wird in Deutschland zur Zeit noch ein soziales Netz finanziert. Geschickt, denn dieses soziale Netz, welches erkämpft wurde, könnte natürlich auch aus anderen Ressourcen bezahlt werden. Deutschland könnte anstelle der finanziellen Unterstützung der Türkei im Krieg gegen das kurdische Volk, damit einen Großteil des sozialen Bedarfs der verarmten Bevölkerung in der BRD übernehmen.

Der Imperialismus ist in Europa sowohl an der Ausbeutung der Menschen wie auch an der Ausbeutung der Natur interessiert. Hier wie auch im Trikont geht es um die Profitmaximierung und Sicherung von Einflußgebieten und Märkten. Im Mittleren Osten geht es dem Kolonialismus, Kapitalismus/lmperialismus um die Vernichtung des kurdischen Befreiungskampfes, der Ausbeutung der Produktivkräfte, der Bodenschätze und der bestehenden Landwirtschaft, die die Überlebensgrundlage der kurdischen Gesellschaft ist.

In der BRD wird die Unterordnung aller gesellschaftlichen Bereiche unter die Interessen des Kapitals auf eine neue Stufe gehoben. Bisher staatlich organisierte Teile der Gesellschaft werden auf ihre Profitabgabe überprüft und entweder privatisiert oder abgeschafft (Krankenhäuser, Altenheime, Post... ). Die ehemals erkämpften sozialen Leistungen, alternative Schulprojekte, Kindergartenplätze, ABM Stellen ... überall in den sozialen Bereichen wird die finanzielle Unterstützung gekürzt und soll letztendlich weitgehend abgeschafft werden.

Der deutsche Imperialismus erhofft sich damit bessere Ausgangsbedingungen im internationalen Konkurrenzkampf zu schaffen. Worum geht es in diesem internationalen Konkurrenzkampf und worum geht es dem deutschen Imperialismus perspektivisch?
Spätestens seit der „Wiedervereinigung" strebt Deutschland alte frühimperialistische „Träume" an. Schon lange vor dem Ausbruch des sogenannten 1. Weltkrieges hatte Deutschland einen Plan wie es seine Einflußphären über Europa hinaus, um ein vielfaches erweitern kann. Deutschland schwebte die Errichtung eines mitteleuropäischen Großreiches zwischen Frankreich im Westen und Rußland im Osten an. Man wollte eine Bahnlinie von 'Borkum bis Basra' bauen, um damit Güter und Waffen hin und her zu transportieren, aber auch um die angrenzenden Länder unter seine wirtschaftliche Kontrolle zu bekommen. Im Fernen Osten und im Fernen Westen waren die Weltmächte Japan und Amerika aufgetaucht und schufen sich größere Einflußzonen. Deutschland war eingeklemmt zwischen Rußland, Frankreich und England und fragte sich wie es mit diesen neuen Weltmächten konkurrieren kann. Man vermutete, daß man nur auf der Basis eines von Deutschland geführten mitteleuropäischen Staatenbundes eine gleichberechtigte Weltstellung erreichen kann. Dieses Bündnis durfte aber nur unter der Vormachtstellung Deutschlands entstehen und es war wichtig schwache europäische Staaten für diesen Plan zu gewinnen, von wegen „ihre Selbstständigkeit und ihre Interessen seien im Anschluß an Deutschland und unter dem Schutz der deutschen Waffen am besten gewahrt". (aus: Deutschland und der nächste Krieg, von Wolfgang Michal, Rowohlt-Verlag, März 1995, S. 13)

„Das verblüffende ist, daß die deutschen Interessen über die Jahre und Jahrhunderte stabil geblieben sind, politisch wie geographisch. Wieder geht es, seit der Wiedervereinigung, um eine Stabilisierung Deutschlands in Europa, dann um ein deutschbeherrschtes Europa, danach, wenn die Rivalen nach Übersee abgelenkt sind, um das Mitreden im Weltmaßstab: im Osten, im Orient, in Afrika und in Fernost." (W. Michal, S. 15)

Wolfgang Michal führt weiter aus: » Wie vor 100 Jahren wird der deutsche Anspruch auf gleichberechtigte Teilnahme eine konfuse „ Weltpolitik.. auslösen, konzeptlos, hastig, am Ende katastrophal. Selbst die Protagonisten, also diejenigen, die die neue Weltmachtrolle erstreben, sind im Kern schon erkennbar: die neuen Imperialisten, die auf die deutsche Expansion setzen -die Nationalliberalen, die künftige alldeutsche Bewegung."

Entgegen sonstiger Analysen bezeichnet W. Michal Deutschland und Frankreich als Rivalen. Er sagt: » Weder beim Freihandel noch in der Sicherheitspolitik, weder bei der Vertiefung noch bei der Erweiterung der europäischen Union ist man sich einig. Während Frankreich für eine rasche Währungsunion plädiert, um der Zinspolitik der deutschen Bundesbank zu entgehen, fordert Deutschland die Beibehaltung der harten Mark, um nicht in den Sog der maroden französischen Staatswirtschaft zu geraten. Während Frankreich angesichts steigender Billigimporte aus Osteuropa und Asien Schutzmaßnahmen für die heimische Industrie und Landwirtschaft einklagt, singt Deutschland das Hohelied des Freihandels.

Gemeinsamkeiten fehlen aber auch in der Bosnien- und Europapolitik. Während Deutschland die Aufhebung des Waffenembargos gegen die Muslime fordert, stimmt Frankreich wegen seiner dort stationierten Blauhelmtruppen und seiner Balkaninteressen dagegen; Während Deutschland die rasche Osterweiterung der europäischen Union anmahnt, besteht Frankreich auf einer raschen Vertiefung der jetzigen Gemeinschaft; und während Deutschland für die Ausdehnung der NATO plädiert, um im Bündnis den Rang einer Schutzmacht Osteuropas zu erlangen, optiert Frankreich für den Ausbau des Eurokorps zu einer europäischen Verteidigungsarmee, um die NATO von Europa fernzuhalten." (W. Michal, S.25/26)

Auch zwischen Deutschland und Großbritannien herrscht Rivalität, die aber hier jetzt nicht näher ausgeführt wird. Der Anteil der Deutschen am Bruttoinlandsprodukt in der EU beträgt 36%. » Das ist weit mehr, als Frankreich und Großbritannien zusammen erwirtschaften, ja mehr als das Zweieinhalbfache der zehn kleinen EU-Staaten zusammen." (W. Michal, S. 35). Dieses kurze Zitat ist wichtig, um nur an einem Punkt die wirtschaftliche Stärke Deutschlands in Europa zu verdeutlichen. Im Handel sieht die Situation in Europa ganz ähnlich aus. Ich könnte an diesem Punkt W. Michal noch weiter zitieren, was aber den Schwerpunkt dieses Kapitels verändern würde.

Nun zur Rolle Jugoslawiens: » Noch im Juni 1991, als die Lage auf dem Balkan schon hoffnungslos scheint, versucht die Europäische Gemeinschaft mit allen Mitteln, das Urlaubs- und Transitland Jugoslawien als staatliche Einheit zu erhalten. EG-Kommissionspräsident Jacques Delors lockt die streitenden Parteien mit Soforthilfen und Krediten in Höhe von mehreren Milliarden Dollar, verspricht sogar die schnelle Assoziierung des Landes an die EG. Doch Slowenen und Kroaten sind nicht mehr zu halten. Am 25. Juni erklären sie ihre Unabhängigkeit und weigern sich, an Verhandlungen über eine gemeinsame Zukunft aller jugoslawischen Völker teilzunehmen.

Damit beginnt der jugoslawische Krieg.
Und damit beginnt erneut die orientalische Frage. Die europäischen Mächte sind sich nun plötzlich nicht mehr einig, was zu tun sei. Franzosen, Niederländer und Briten beharren auf der Einheit des Landes, ebenso die Amerikaner, ebenso UN-Generalsekretär Perez de Cuellar. Die Deutschen aber, schockiert über den serbischen Vormarsch, sprechen sich für eine schnelle Anerkennung aus - um den bedrängten Völkern ein Zeichen zu geben...

Die Deutschen setzen sich durch.

Am 15. Januar 1992 erkennt die EG Kroatien und Slowenien an; Mazedonien und Bosnien folgen. Jugoslawien ist erledigt. Und der Krieg in Bosnien beginnt. Am 24. Mai 1992 erklärt der deutsche Außenminister, was zu tun ist: » Wir müssen Serbien in die Knie zwingen. „ (W. Michal, S. 79/80)

W. Michal benutzt das bismarksche-wilhelminische Vokabular der Realpolitik des 19. Jahrhunderts: „Es wird in den meisten außenpolitischen Kommentaren verwendet, und in den Staatswissenschaften kommt es gerade wieder in Mode." (S. 18)

Bosnien ist nur die Schnittstelle, an der die eine Weltmacht der anderen den Weg abschneiden will. Die eine will zum Mittelmeer, die andere zum Persischen Golf. Die eine heißt Rußland, die andere Deutschland. Hier auf dem Balkan lebt jene Rivalität wieder auf, die von Kaiser Wilhelms »Weltpolitik" auf die Spitze getrieben wurde.

Denn Deutschland will die gleiche Einflußzone »von Borkum bis Basra.. wie damals. Es will den alten imperialen Kaisertraum vom »mitteleuropäischen" Staatenbund doch noch verwirklichen. Mit Österreich-Ungarn, Bulgarien und dem türkisch-osmanischen Großreich, das auch Syrien, Palästina und den Irak mit einschloß hatten die Mittelmächte ihr Ziel im Ersten Weltkrieg fast erreicht. Militärisch und ökonomisch absichern sollte das gewaltige Unternehmen die Bagdadbahn, eine Eisenbahnlinie von Berlin bis zum persischen Golf, finanziert und organisiert von der Deutschen Bank.
Die Bagdadbahn sollte der Welt zeigen: Was links und rechts des Schienenstrangs liegt, gehört uns! Doch der deutsche Anspruch hatte eine geographische Schwachstelle: Serbien. Wie eine Zeitbombe lag dieses kleine Land auf den Schienen und gefährdete das ganze Projekt.

Auch Rußland erstrebt eine Einflußzone - eine von Moskau bis zu den Ufern des Mittelmeers. Denn es will den alten Zarentraum von der »Befreiung Konstantinopels" doch noch verwirklichen. 1878 hatte es sein Ziel fast erreicht, wurde aber mit Bismarks Hilfe zurückgedrängt.
Wenn es je wieder in die Nähe des alten Ziels gelangen wollte, mußte es Deutschland vom Orient abschneiden. Das geeignete Mittel hierzu war Serbien.

Und so liegt das kleine Balkanland im Schnittpunkt der Interessen zweier imperialer Landmächte. Sowohl die Deutschen als auch die russischen Träume, werden hier durchkreuzt. Serbien ist - im wahrsten Sinn des Wortes - das Kreuz des Balkans. Seine Lage nicht sein übersteigerten Nationalismus, ist der Grund, warum in Bosnien so verbissen gekämpft wird, warum unter Aufbietung internationaler Bündnisse verhindert wird, daß einer der Kontrahenten sein Ziel erreicht.

Serbien darf keinen Adriahafen erhalten, sonst wäre Rußland am Ziel. Albanien verdankt diesem Umstand seine Unabhängigkeit, es wurde von den europäischen Großmächten als Sperriegel gegen Rußland geschaffen. Bulgarien, Rußlands nächster Freund auf dem Balkan, erhielt aus den gleichen Gründen keinen Zugang zum Mittelmeer. Griechenland, kulturell und auch sonst den Russen verbunden, mußte deshalb mit in die NATO. Umgekehrt sollen die Deutschen, nachdem sie schon Kroatien und Slowenien wirtschaftlich » annektierten „, nicht auch noch Bosnien beerben, darf Bulgarien nicht in die NATO abdriften, wird Mazedonien von Griechenland und Bulgarien niedergehalten und der Sandschak an Serbien gekettet sonst hätten die Deutschen bald das Sagen in jenem durchgehenden Gürtel zum Kaukasus, ja bis Tadschikistan, der nicht nur Rußland vom warmen Süden trennt, sondern Deutschland eine riesige ökonomische Einflußzone eröffnet.

Die Bonner Politik arbeitet bereits heftig daran, von Briten und Franzosen argwöhnisch beäugt. Im Mittelpunkt der deutschen Strategie steht - wie zu Kaisers Zeiten - die Waffenbrüderschaft mit der Türkei, deren überdauerndes Symbol die gemeinsame Befestigung und Verteidigung der Meerengen ist.
Zwar zählt die Aufrüstung der Türkei mit Waffen zu den NATO Aufgaben der Bundesrepublik - seit 1964 lieferte sie Kriegsmaterial im
Wert von sechs Milliarden Mark -, doch seit der Auflösung der
Nationalen Volksarmee der DDR, der NVA, wird das Land mit deut-schen Waffen geradezu vollgestopft. Allein aufgrund des Exports in die Türkei rückte die Bundesrepublik 1993 vom fünft - zum zweitgrößten
Waffenhändler der Welt auf. Eine ganze Armee wurde seitdem an die Türkei verschenkt . .. „ (S. 81, 82, 83)

» Man kann deshalb mit Fug und Recht behaupten, in Ostanatolien und am Bosporus steht eine zweite deutsche Armee, ein deutschen Bollwerk gegen die Russen ... Daß mit diesen Waffen nebenbei auch Kurden niedergemetzelt werden, stört die deutsche Regierung nicht. Nach den Worten des CDU-Außenpolitikers Karl Lamers ist es den Kurden egal ob sie mit einem deutschen oder russischen Panzern getötet werden" . Die strenge deutsche Haltung in Menschenrechtsfragen führt zwar regelmäßig zu Lieferstopps nach ebenso regelmäßigen Massakern beim kurdischen Neujahrsfest - doch zwei Monate später, Ende Mai, wird regelmäßig weitergeliefert. Und wenn die Bundeswehr trotz politischen Verbots auf Lieferungen nicht verzichtet, wie 1992, müssen nicht die Generäle abdanken, sondern der Verteidigungsminister. Seitdem verspricht die Türkei hoch und heilig, deutsche Waffen nur im Rahmen des NATO-Vertrages zu verwenden. Da dieser seit seiner Änderung 1991 auch die Bekämpfung von Terroristen einschließt, steht fest, daß sich die Türken auch wirklich an die deutschen Auflagen halten.

Waffen der Bundeswehr dienen aber nicht nur zur Bekämpfung der Kurden in Ostanatolien, sie erreichen über den Umweg Istanbul auch
den Kossow und die bosnischen Muslime. Denn die Türkei hat wieder pantürkische Ambitionen und betrachtet das alte Gebiet des Osmanischen Reichs und die neu entstandenen Turkrepubliken Mittelasiens als natürliche Einflußzonen.

In beiden Richtungen arbeiten Deutsche und Türken Hand in Hand. Gemeinsam drängen sie auf einen NATO-Einsatz in Bosnien, gemeinsam sind sie für eine Aufhebung des Waffenembargos gegen die Muslime, gemeinsam infiltrieren sie die Kaukasusrepubliken und Mittelasien, und gemeinsam pflegen sie die Beziehungen zum Irak..." (S.83/84)

„ Der Friedensprozeß in Nahost hat nämlich die schönsten Visionen geboren. Auf einer internationalen Wirtschaftskonferenz in Casablanca Ende Oktober 1994 wurde ein Investitionsprogramm ausgelobt, an dem Milliarden zu verdienen sind. Zwischen Türken und Deutschen wurde der Traum von einem „euromediterranen Wirtschaftsraum" bewegt, und ins Gespräch kam - neben Pipelines, Ringautobahnen und Mittelmeertunneln - auch der Bau einer Bahnlinie von Istanbul nach Kairo.

Da leuchten die Augen deutscher Banker, die nun überlegen müssen, wie sie die französischen und britischen Konkurrenten aus der deutsch-türkischen Einflußzone heraushalten können. Denn „die neue Bagdadbahn" wollen sie ganz sicher alleine bauen.

So nimmt die Orientpolitik zwischen Borkum und Basra in vielen Details erneut jene Konturen an, die Wilhelm II. vor hundert Jahren zum Vollbild ausmalte. Und, daß die Balkanpolitik von heute die österreichischen Interessen von damals gleich mit übernimmt, läßt ahnen, daß eine mitteleuropäische Annäherung der beiden EU-Staaten nach Naumannschem Muster ins Haus steht. Damit wäre die Grundkonstellation für den späteren Krieg perfekt. Denn die Ausgrenzung Rußlands, die Abkehr von England und Frankreich, die Orientierungssuche der alten k. u. k Länder (königlich und kaiserlichen 'österreich-ungarischen' Länder - Anmerkung der Verfasserin) und die neue Waffenbrüderschaft mit der Türkei führen eine expansive deutsche Außenpolitik automatisch nach Südost. Und dort herrschten schon damals die besten Bedingungen für den Krieg „  (S.85/86)

Schon 1895/96 benutzte die Türkei die deutschen Waffen zur Vernichtung der eigenen Minderheiten, den Armeniern. Damals fielen 200.000 Armenierinnen und Armenier den Massakern zum Opfer. »Die deutsche Regierung sah darüber hinweg. Einen symbolischen Lieferstopp bei Waffen gab es nicht. Denn so Unterstaatssekretär Zimmermann anläßlich neuer Massaker im Kriegsjahr 1915: 'Höher als die Armenier, so sehr wir vom rein menschlichen Standpunkt aus ihr Los beklagen, steht uns ... die Deckung der Südostflanke." (S. 87.)

Damals (wie heute gegenüber den Kurdinnen und Kurden) wurden die Armenierinnen auf barbarischste Art ermordet. Vielen wurden die Köpfe abgeschlagen und diese auf Holzpfähle gespießt, um sie als Siegestrophäen zu präsentieren. Erst jüngst gingen barbarische Fotos durch die europäische, allerdings nicht durch die deutsche, Presse, auf der ein türkischer Soldat  in Siegespose an jeder Hand einen abgeschlagenen Kopf eines kurdischen Kämpfers hält.

US-Präsident Clinton kündigte nach dem „Golf-Krieg" eine „neue Weltordnung" an. Die USA, die NATO treiben den Krieg gegenüber dem kurdischen Volk mit voran, natürlich aus ihren eigenen imperialistischen Interessen. Die USA beobachtet die Kriegspolitik der BRD, unterstützt auch diese, und wird wahrscheinlich mit all ihrer militärischen und ihrer wirtschaftlichen Macht intervenieren, wenn ihre Interessen gefährdet werden; oder wenn sich ihnen ein günstiger historischer Zeitpunkt ergibt, wie zum Beispiel während des sogenannten 2. Weltkrieges, wo sich Amerika mit England und Frankreich gegen die nationalsozialistische Armee verbündete. Die Allierten bombadierten am 13. und 14. Februar 1945 Dresden, um den sowjetischen Truppen den Weg ins ganze deutsche Reich zu versperren. Am 8. Mai 1945 Kriegsende. Die Allierten werden als die „Befreier" vom westlichen imperialistischen Bündnis gefeiert. Die Sowjetmacht, die noch einen Teil Berlins befreien konnte, wird von nun an aufs schärfste bekämpft. Amerika, als stärkste Macht, besetzt Deutschland und nach der Gründung der BRD 1949 und den darauffolgenden letzten kommunistischen Säuberungen, werden still und leise die alten faschistischen Vertreterinnen in für das Kapital wichtige Institutionen rehabilitiert. Nur die bekanntesten barbarischsten Kriegsbeteiligten werden verurteilt.

Die Kriegspolitik der BRD, speziell das deutsche Kapital macht natürlich keinen Halt vor der eigenen Bevölkerung. Was aber immer noch deutlich ist, ist, daß die BRD ein ruhiges Hinterland braucht, um seine weltweiten imperialistischen Interessen durchzusetzen. Ihre Medien sind nach wie vor ihr wichtigstes psychologisches Kriegsmittel. Sie sind zwar nicht immer gleichgeschaltet, aber wenn sich das Kapital in seinen Interessen bedroht fühlt, setzt es die Medien gezielt ein, wie zum Beispiel in der Hetze und den damit verbundenen politischen Lügen gegenüber dem kurdischen Befreiungskampf. Der deutsche Imperialismus hat die Spaltung, Isolierung so vorangetrieben, daß hier von vornherein eine Entsolidarisierung entstanden war.

Das Problem der Spaltung und Entsolidarisierung ist ein altes Problem in unserer Gesellschaft. In diesem Land, aber auch in Europa insgesamt, zählt die Ware. Der Mensch ist zur Ware geworden. Die Beziehungen untereinander sind Warenbeziehungen. Nach wie vor existiert die Haltung: Hast du was, bist du was. Hast du nichts, bist du nichts. Um was dreht es sich dabei? Natürlich um das Geld, um Besitz. Wie gut sich jemand verkaufen kann, um so besser ist sein 'Status'. Wenn man sich nicht gut verkaufen kann/will, dann ist das eines jeden persönliches Schicksal. Diejenigen taugen eben nicht so viel, sie sind schwach und haben es zu Nichts gebracht. Das ist die herrschende bürgerlich/kapitalistisch/imperialistische Ideologie, die zur psychischen Zerstörung der menschlichen Identität führt.

Wer den herrschenden Normen nicht mehr entspricht wird marginalisiert: Krüppel, Flüchtlinge und Immigrantinnen, Lesben und Schwule, verarmte Arbeitslose, Drogensüchtige, Obdachlose... oder kaserniert wie zum Beispiel alte Menschen und Flüchtlinge. Flüchtlinge werden gezwungen, in kasernenähnlichen Unterkünften zu leben. Die Zahl Gefängnisinsassen, insbesondere der Männer, steigt. In die Psychatrien werden vor allem Frauen abgeschoben und abgeschottet. Diejenigen Menschen, die für das Kapital nicht mehr zu verwerten sind, werden vernichtet. Als ein Beispiel: die Pränataldiagnostik. Im Fremdwörterbuch übersetzt:  „Untersuchung zur Erfassung von vorwiegend genetisch bedingten Mißbildungen und Stoffwechselerkrankungen bei dem noch ungeborenen Kind. „ In der Praxis sieht es dann so aus, daß bei frühzeitiger Feststellung schwerer Behinderung der Mutter zur Abtreibung geraten wird. Die meisten werdenden Mütter lassen sich auf diese Frühuntersuchungen ein und beteiligen sich damit, subjektiv meist ungewollt, an der sozialdarwinistischen Bevölkerungspolitik.
Wir können in dieser Arbeit keine Gesellschaftsanalyse der europäischen Metropolen leisten, doch möchten wir noch einmal betonen, daß bei allen existierenden Erscheinungsformen der Unterdrückung, die Frau derjenige Teil ist, der die Unterdrückung am meisten zu spüren bekommt. Der Befreiungskampf der kurdischen Frauen und Männer rückt die Befreiung der Frau in das gesellschaftliche Interesse. Ja, die Befreiung der Unterdrücktesten aller Unterdrückten steht im Zentrum des menschlichen Interesses. So stellt sich die Frage: Was haben wir noch zu verlieren?